Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
Vom Netzwerk:
Tagen?«
    »Ja.«
    »Warum haben Sie es nicht auf dem Hof geparkt?«
    »Auf dem Hof behindert es die Speditionsfahrzeuge«, sagte Sharma. »Sie sehen ja selbst, wie viel Platz die großen Laster zum Rangieren brauchen. Unser Wohnwagen passt gerade noch her, aber bald werden wir ihn auch woanders abstellen müssen. Vielleicht verkaufen wir ihn sogar und ziehen auf ein Hausboot, das würde Mira Freude machen.«
    »Wohnen Sie alle in dem Trailer?«, fragte Gallo.
    »Nein, nur Mira und ich. Shak und Pamit haben ihre Kammern unten im Lager.«
    »Könnte es sein, dass Amir den Wagen gestohlen hat?«, fragte Brigadier Tambur.
    Shaks Augen leuchteten auf. »Ja, das kann sein! Das haben wir uns auch schon gefragt ...«
    »Ich möchte die Fahrzeugpapiere sehen«, erklärte Gallo. »Die für den Lieferwagen und die für den Mercedes. Oder wurden die auch gestohlen?«
    »Warum wollen Sie die Papiere sehen?« Zum ersten Mal hob Radschiv Sharma die Stimme. »Glauben Sie uns nicht? Ich muss Ihnen die Papiere nicht zeigen. Ich muss nicht einmal Ihre Fragen beantworten. Ich kenne meine Rechte.«
    »Kennen Sie auch meine Rechte?«, fragte Gallo. »Ich kann Sie jederzeit ins Hoofdbureau bestellen, wenn Ihnen das lieber ist.«
    Seafood , dachte der Commissaris. Aus dem Jaulen des Hundes wurde ein Winseln, genau wie gestern Nachmittag, und Van Leeuwen fragte sich, ob es derselbe Hund war. Er sah Brigadier Tambur an. »Hören Sie den Hund?«
    »Hier sind doch überall Hunde«, sagte Julika. »Und Möwen.«
    Van Leeuwen wusste, dass sie einen Punkt der Befragung erreicht hatten, an dem die Sharmas plötzlich auf der Hut waren. Bei jeder Befragung gelangte man an diesen Punkt, an dem die Zeugen das Gefühl hatten, zu Verdächtigen zu werden, und sich verschlossen. Falls sich wirkliche Verdachtsmomente gegen sie ergeben hatten, musste man an diesem Punkt die Tonart wechseln, den Druck verstärken. Wenn man aber nicht genug in der Hand hatte, war es besser, die Befragung abzubrechen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen, sonst hatte man plötzlich seafood , Austern, die man aufbrechen musste, weil sie sich nicht mehr freiwillig öffneten.
    »Ich geh mal nach dem Hund sehen«, sagte der Commissaris. Er verließ die Halle und ging über den Hof, auf dem die Arbeiter in der prallen Sonne die letzten Kisten und Säcke von der Ladefläche des Scania hoben, und dann verließ er auch den Hof und ging die Straße entlang, dorthin, wo er den Hund bellen hörte. Es war noch heißer geworden. Über der Straße und dem Kanal standen Möwen in der Luft, ein ganzer Schwarm aus Weiß und Grau, der plötzlich auseinanderstob und sich in waghalsigen Flugmanövern wieder zusammenfand.
    Am Straßenrand parkten staubige Lastwagenhänger ohne Zugmaschinen. Dazwischen lagen die Zufahrtstore von Großhandelslagernund Baumärkten, und als Van Leeuwen lange genug in Richtung Johan van Hasseltkanaal gegangen war, kam er an einen Maschendrahtzaun, hinter dem sich die verlassene Baustelle mit der Planierraupe inmitten von Alteisen, Stahlröhren und Betonringen befand.
    Der Schrottplatz, derselbe Zaun.
    Überrascht dachte der Commissaris, dass man vermutlich nur auf das Dach der Planierraupe zu klettern brauchte, und dann sah man auf der einen Seite des Platzes schon das Haus mit Carien Dijkstras Videothek und auf der anderen den Palast der 1000 Gewürze. Die beiden Leben von Amir Singh. Und wären da nicht die Bäume des Vliegenbos gewesen, hätte man auf einer dritten Seite sogar das Hausboot sehen können, in dessen Kielraum er gestorben war.
    Van Leeuwen entdeckte ein Loch im Zaun, und als er bei dem Loch war, bemerkte er auf der anderen Seite des Zauns eine Horde schäbig gekleideter farbiger Kinder, die zwischen dem Bauschutt hinter einem dürren Husky herliefen wie kleine flinke Jäger. Sie schrien und ruderten mit den Armen. Alle paar Schritte blieben sie stehen, um Steine oder kleine Eisenteile aufzuheben und nach dem Hund zu schleudern. Der Hund rannte nicht sehr schnell, als wäre er am Ende seiner Kräfte. Sein winselndes Bellen war jetzt kaum noch zu hören. Die Kinder warfen scharfe, lange Schatten im späten Nachmittagslicht.
    Der Commissaris sah, wie der Husky von einem Stein getroffen wurde, hinfiel und liegen blieb. Der Wind wehte das Triumphgeschrei der Kinder zu ihm herüber. Immer mehr Steine und Eisenstücke prasselten rings um den Hund nieder. Er fletschte die Zähne und grub die Schnauze in die trockene Erde; seine Vorderläufe

Weitere Kostenlose Bücher