Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
Vom Netzwerk:
was dann geschehen ist.«
    Carien zog die Jeansjacke enger um sich. Sie zitterte immer noch, und als sie Van Leeuwens Blick standzuhalten versuchte, wurden ihre Augen wieder rot und feucht. Leise sagte sie: »Sie haben recht,Mijnheer. Ich habe zugehört – ich habe sie belauscht. Als dieser Mann unser Geschäft betrat, habe ich sofort gespürt, dass er Unheil bedeutet. Es war die Art, wie Amir auf ihn reagiert hat, wie er plötzlich blass wurde und was in seinen Augen stand, die Angst und die Resignation ... Verstehen Sie, seit er aus dem Gefängnis raus war, hatte er nichts mehr getan, sich nichts zuschulden kommen lassen, nichts! Kein Heroin, kein anderer Stoff, keine Drogen, nur harte Arbeit.«
    Sie schüttelte heftig den Kopf, mit fest geschlossenen Augen, wie ein Kind, das ganz sichergehen will, dass man ihm glaubt. »Dieser Mann«, sie öffnete die Augen wieder und blickte auf die Espressomaschine, die leise zischend die zweite Tasse zubereitete, »dieser Mann sah mich an und sagte , verzieh dich, Kleine! , und zu Amir sagte er, na, Amir, immer noch clean?, und Amir, der platzte sofort heraus, ich habe nichts mehr angerührt, Mijnheer, ich bin jetzt sauber, sehen Sie, ich verdiene mein Geld anständig, und seine Stimme war ganz hell vor Sorge. Ich habe so getan, als wollte ich vor dem Laden eine Zigarette rauchen, aber ich machte nur die Tür auf und zu und versteckte mich hinter einem der Regale. Da hörte ich, wie der Mann sagte, ist ja gut, Amir, ich bin dein Freund, weißt du nicht mehr, hab keine Angst. Jetzt hör mal genau zu, ihr Inder kennt euch doch alle untereinander ...
    Der Mann mit der Baseballkappe und der dunklen Sonnenbrille, deren Gläser die Punktstrahler an der Decke widerspiegelten, stand sehr dicht vor Amir, als wollte er seine Angst riechen. Hast du mal von einem Radschiv Sharma gehört? , fragte er. Sharma & Sons, Palace of 1000 Flavors hier in Noord? Kommen aus Delhi, genau wie du.
    Aber ich komme aus Mumbei, nicht aus Delhi , sagte Amir so eilig, als könnte dieser Umstand seine Rettung sein. Entschuldigen Sie, Mijnheer, aber ich muss wieder an die Arbeit, und ich kenne keinen Radschiv Sharma, ich kenne niemand, ich habe Tag und Nacht zu tun, das Geschäft, es geht schlecht, sehr schlecht ...
    Der Mann nickte zufrieden. Na also, das trifft sich ja bestens, ich wollte dir sowieso vorschlagen, mal was anderes zu machen. Bei den Sharmas gehen die Geschäfte nämlich gut, zu gut. Ist übrigens gar nicht weit von hier, der Laden, kannst du zu Fuß hingehen, sogar bei Regen ... Also ich sage dir, was du tust, klar!? Du gehst zu diesen Sharmas und sagst, du bist neu hier und du brauchst Arbeit. Er soll dir helfen. Wie du das machst, ist mir egal. Sag ihm meinetwegen, du kommst auch aus Delhi oder Kalkutta und du bist ein Sikh wie er, ich organisier dir sogar den Armreif, wenn’s sein muss. Du gewinnst sein Vertrauen und arbeitest für ihn, und wenn er wieder mal was ins Land schmuggelt, egal was, dann gibst du mir Bescheid. Auch wenn du jetzt clean bist, wirst du ja wohl nicht vergessen haben, wie das Zeug aussieht, und die nächste Razzia kostet Sharma dann den Kopf.
    Nein , Amir hob abwehrend beide Hände. Bitte, das möchte ich nicht – ich will lieber hier bleiben, ich werde bald Vater, ja, ich habe Angst –
    Vor drei Jahren hattest du keine Angst, und jetzt hast du plötzlich Angst? , fiel der Mann ihm ins Wort. Vor drei Jahren warst du süchtig, und jetzt bist du clean, ja? Hast du vergessen, was gut für dich ist? Wie gut es ist, keine Angst zu haben? Muss ich dir erst einen Schuss setzen, damit du kapierst, was gut für dich ist? Lass du mich nicht im Stich, dann lass ich dich auch nicht im Stich. Aber wenn du nicht tust, was ich dir sage, kannst du in einer Woche wieder im Ganges baden, weil du dann nämlich rückfällig geworden bist, und du weißt, wie die Ausländerbehörde in so einem Fall verfährt –«
    »Hat er wirklich gesagt: Muss ich dir erst einen Schuss setzen?« , fragte der Commissaris.
    Carien nickte so nachdrücklich, wie sie vorher den Kopf ge-schüttelt hatte. »Ja, das hat er, Mijnheer, und wenn Sie sein Gesicht gesehen hätten ... Als er dann weg war, habe ich Amir angefleht, es nicht zu tun. Ich hatte solche Angst. Aber er sagte, ich habe keine Wahl. Wenn ich nicht tue, was der Mann verlangt, muss ich weg von Amsterdam. Wer sorgt dann für dich? Dabei haben seine Lippen gezittert, und deswegen wusste ich, dass er genauso viel Angst hatte wie ich.«
    »Und er

Weitere Kostenlose Bücher