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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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hat den Namen des Mannes nie genannt?«, fragte der Commissaris. Er nahm die zweite Tasse aus der Espressomaschine und trank einen Schluck, ohne Milch und Zucker dazuzugeben.
    »Nein.« Carien seufzte. Es klang erleichtert; sie hatte das Gewicht der letzten Tage abgeladen. »Er dachte wohl, es wäre gefährlich für mich, wenn ich ihn kennen würde.«
    »Er ging also zu den Sharmas und fragte nach Arbeit, die er auch bekam, weil er sich als Sikh ausgab. Was geschah dann?«
    »Was dann geschah? Amir ging morgens weg und kam abends wieder, und wenn ich ihn fragte, was er in der Zeit dazwischen machte, antwortete er nicht. Er blieb immer länger weg, und irgendwann kam er gar nicht mehr wieder. Er sagte, er hätte Angst, dass jemand ihm folgen und von mir erfahren könnte. Er rief an, aber er sagte nicht, wo er war. Einmal weckte er mich mitten in der Nacht, um mir zu sagen, dass er mich liebt. Das Licht in seinen Augen war unnatürlich, so strahlend und gleichzeitig auch unheimlich. Er saß in seinen ganzen Klamotten auf unserer Bettkante, aber er kam nicht zu mir, er ging wieder, und bevor er die Tür zumachte, sah er mich noch einmal an, mit einem Blick, bei dem mir das Herz stehen bleiben wollte.«
    Van Leeuwen sagte: »Bei unserer ersten Unterhaltung haben Sie erzählt, Amir wäre eines Tages verschwunden und Sie hätten nie wieder etwas von ihm gehört, bis ich Ihnen die Nachricht von seinem Tod überbrachte.«
    »So war es ja auch, bis auf einen einzigen Anruf ganz zuletzt«, antwortete Carien. »Das Telefon klingelte nachts, sehr spät nachts, und er war dran und sagte, er hätte alle unsere Probleme gelöst. Er hätte jetzt etwas, das er verkaufen könnte, und das würde viel Geld bringen, richtig viel Geld. Aber seine Stimme klang nicht so, wissen Sie. Sie klang, als wären die Probleme nur noch größer geworden, als wollten sie ihn erdrücken, ganz verzweifelt und atemlos und weit weg, und da wusste ich, er hat wieder eine Dummheit begangen.« Der Commissaris leerte die Tasse mit zwei weiteren Schlucken. Sie enthielt keinen Kaffeesatz, aber den brauchte er auch nicht, um daraus zu lesen, was für eine Dummheit Amir begangen hatte. Es stand auf einmal alles so klar und deutlich vor ihm wie eine Kinderzeichnung. »Von wo aus er angerufen hat, wissen Sie wohl nicht?«
    »Nein. Er hat nichts gesagt, und ich konnte ihn auch nicht fragen,ich kam ja gar nicht zu Wort, und dann war die Verbindung auf einmal unterbrochen.« Carien sah zur Tür hinüber, vor der das Sonnenlicht den Steinboden rot färbte. Auf dem Gang näherten sich Schritte. »Er war weg, und er kam nie wieder. Aber das Schlimmste war ... Das Schlimmste war, dass ich wusste, er hatte ... er hatte sich wieder einen Schuss gesetzt. Daher kam dieser Glanz in seinen Augen. Er war wieder drauf. Ich weiß, wie Leute sich verändern, wenn sie high sind. Amir war immer ein Außenseiter, ein Einzelgänger. Er war da, aber nie ganz, und er gehörte nirgendwo dazu. Er sonderte sich ab, allein mit seinem Traum. Er wollte die Welt erobern, nur dass die Welt sich nicht erobern ließ, nicht von ihm. Es gab eine Zeit, da hatte er gelernt, damit zu leben. Damit, dass er besiegt war. Aber bei diesem Anruf redete er so, als würde die Welt sich jede Minute vor ihm im Staub wälzen, als hätte er sie und ihren ganzen Glanz zu seinen Füßen und brauchte sich bloß zu bücken, um sie aufzuheben. Das macht der Stoff mit einem Mann, wissen Sie.«
    Van Leeuwen griff in die rechte Hosentasche, in der er sein Kleingeld mit sich herumtrug, und legte alles, was er dort fand, neben die Kaffeemaschine – drei Euro, siebenundfünfzig Cent und einen Knopf. Den Knopf steckte er wieder ein. »Und Sie sind ganz sicher, dass Sie diesen großen Mann mit dem Senfschnurrbart danach nie wieder gesehen haben, Mevrouw? Er kam nicht noch einmal in die Videothek, um nach Amir zu fragen? Um sich zu erkundigen, warum er sich nicht meldet oder so?«
    Die Schritte auf dem Steinfußboden des Gangs wurden schneller. Carien blinzelte; sie schien innerlich tief Luft zu holen. Dann sagte sie kleinlaut: »Doch, einmal kam er noch, kurz nachdem Amir mich angerufen hatte, um mir zu sagen, dass er untergetaucht ist. Es muss der Abend gewesen sein ... die Nacht, meine ich ..., in der ... in der es passiert ist. Er stand ganz plötzlich im Laden und fragte, ob ich wüsste, wo Amir steckt. Er hatte wieder die Baseballkappe auf und die Sonnenbrille, aber er wirkte nervös und wütend, und als ich sagte, ich

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