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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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herum aufgebaut. Verschiedene Identitäten, keine feste Adresse, offenbar hat er sogar die eine oder andere Scheinfirma gegründet. Seine Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen. Nur mit aktuellen Fotos sieht es schlecht aus, im Computer gibt es jedenfalls keins. Eine offizielle Anfrage bei der Personalabteilung der Douane wollte ich nicht starten, dafür bin ich bei den Streitkräften fündig geworden. Er war auch auf dem Balkan, zur selben Zeit wie ich. Aber bei einer anderen Einheit.«
    Er präsentierte eine postkartengroße Schwarz-Weiß-Aufnahme,die auf magische Weise in seiner Hand erschienen war. Darauf blickte Henk Dekker – um einige Jahre jünger – mit zusammengekniffenen Augen misstrauisch in die Kamera; kein Schnurrbart, nur das Gesicht, das nicht enden wollte über dem Kragen einer Fallschirmjägeruniform.
    »Lass das Foto vervielfältigen«, sagte der Commissaris. »Ich will, dass ihr jeden Mann und jede Frau aufspürt, die gestern Nacht auf derselben Fähre wie Carien Dijkstra waren. Nehmt euch so viele Leute, wie ihr braucht. Sie sollen den Zeugen dieses Foto zeigen und fragen, ob sie sich an den Mann darauf erinnern können. Ob sie ihn wiedererkennen.«
    »Glauben Sie wirklich, Hoofdinspecteur Dekker könnte etwas mit Carien Dijkstras Ermordung zu tun haben?«, fragte Julika.
    »Er ist ein Mensch«, sagte der Commissaris.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Van Leeuwen zitierte: »Ich habe weder Angst vor Hexen noch vor Poltergeistern, Gespenstern, Prahlern, Riesen, Taugenichtsen, Bösewichten et cetera – ich fürchte keine Kreatur außer einer: den Menschen . Das hat Goya geschrieben, der spanische Maler, vor mehr als zweihundert Jahren.« Er stand auf und trat ans Fenster. Der Fischreiher war nirgendwo mehr zu sehen. »Wisst ihr, manchmal sind wir es, die Unschuldige umbringen, durch unsere Ermittlungen. Ohne mich könnte Carien vielleicht noch leben. Wenn ich sie nicht allein gelassen hätte, gestern nach der Einäscherung ... wenn ich jemanden abgestellt hätte, der sie rund um die Uhr bewacht ... wenn dem Mörder durch mich nicht klar geworden wäre, dass sie eine Gefahr für ihn darstellt ...«
    Mit einem Ruck drehte er sich um, blass vor Zorn. »Holt mir Mevrouw Halawi her, sofort!«
    »Mira?!«, fragte Julika.
    »Es wird Zeit, die Samthandschuhe auszuziehen«, sagte der Commissaris. »Mirabal Halawi ist das schwächste Glied in der Verteidigungslinie der Sharmas; sie gehört nicht zur Familie. Eine Frau zwischen zwei Kulturen – und vielleicht zwischen zwei Männern. Ich will, dass sie mit Blaulicht und Sirene hierher gebracht wird. Wirsetzen sie in einen freien Verhörraum und lassen sie da ein Weilchen schmoren. Ich bin es leid, mir im Palast der 1000 Gewürze Märchen aus Tausendundeiner Nacht anzuhören.«

20
    Der Commissaris sagte: »Wir reden jetzt über den Mord an Amir Singh. Wir reden so lange darüber, bis Sie mir die Wahrheit sagen. Ich weiß, dass Sie den Täter kennen. Nein, Sie halten den Mund, bis ich Ihnen eine Frage stelle. Sie sagen nichts!«
    In dem kleinen Zimmer mit den grün gestrichenen Wänden gab es nur einen Tisch mit einer Platte aus Nussbaumholz, zwei Stühle zu beiden Seiten des Tisches, eine Schreibtischlampe, ein Tonbandgerät, eine Videokamera und einen großen Beobachtungsspiegel. Der Commissaris ordnete mehrere Bleistifte und Kugelschreiber der Größe nach auf dem Tisch neben dem Tonbandgerät. Er schaltete das Gerät ein und wieder aus, als er sah, dass es funktionierte. Er nahm die Bleistifte und Kugelschreiber und legte sie auf die andere Seite des Tonbandgeräts, wo er sie diesmal nach der Farbe ordnete.
    Mirabal Halawi saß ihm gegenüber auf dem zweiten Holzstuhl, und zwischen ihnen war nur der Tisch. Sie sagte nichts, aber ihre Augen folgten jeder seiner Bewegungen. Sie beschwerte sich auch nicht. Sie saß einfach nur da, ganz ruhig.
    Van Leeuwen stand auf, ging zur Tür und öffnete sie, um einen Blick auf den Gang zu werfen. Der Gang war leer. Der Commissaris schloss die Tür wieder, ließ die Jalousie am Fenster herunter und knipste die Schreibtischlampe an. Der Raum schien noch kleiner zu werden. Van Leeuwen setzte sich wieder auf den ungepolsterten Holzstuhl, mit dem Rücken zum Fenster. Er zog eine Schublade unter der Tischplatte auf und sah hinein. Die Schublade enthielt ein Paar Handschellen, einen Schreibblock, Kassetten für das Tonband und einen Anspitzer. Der Commissaris nahm den Anspitzer und begann, die Bleistifte zu spitzen.
    »Das

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