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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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Speisekarte.«
    »Ist er allein ?«
    »Nein. Ein Mädchen ist bei ihm. Und noch ein Junge, der dauernd vorausläuft und dann wieder zurückfällt, wie ein Hund.« »Bleibt ihm auf den Fersen«, sagte Van Leeuwen.
    »Jetzt geht er zu einem Döner am Nieuwmarkt«, sagte der Hoofdagent der Streife. »Sind ein paar Touristen vor ihm, aber ewig wird’s nicht dauern, bis er drankommt.«
    »Nichts dauert ewig, Neun-Acht. Ende.«
    Als sie endlich am Nieuwmarkt eintrafen, war der Regen stärker geworden und wehte in dichten Schleiern durch die Straßen. Der Himmel drückte wie ein graues Kissen auf den Turm der Oude Kerk. Rings um den kleinen Platz vor der alten Kirche lockten Amüsier lokale, Sexshops, Oben-ohne-Bars und Spielhallen. An einer Fassade schlugen die Neonflügel einer Windmühle ihr rotes Rad. Flammten auf und erloschen gleich darauf wieder, flammten auf und er loschen, magentarot.
    Im Parterre alter Bürgerhäuser warteten halb bekleidete Frauen hinter großen Fenstern auf Kunden. Neonsilben in Violett, Orange und Pink über den Eingängen tauchten die nassen Baumkronen längs der Gracht in ihren Widerschein. Die uniformierten Anreißer hatten sich zwischen die grell bemalten Plakatständer unter den Vordächern zurückgezogen. Touristen in gelben Capes flanierten durch den Regen, von einem der roten Fenster zum nächsten.
    Das Wasser der Gracht sah aus wie dampfendes Blei. Unberührt von dem Regen, tauchte ein Schwan neben den sacht schaukelnden Hausbooten nach seinem Abendessen. Gallo schaltete Sirene und Blaulicht aus, fuhr jetzt im Schritttempo den Voorburgwal entlang. Der Streifenwagen der Uniformierten parkte auf dem kleinen Platz vor der Oude Kerk.
    »Da vorne ist ein Döner«, sagte Gallo. Er hielt unter einer Platane und stieß die Tür auf. Der Regen, der in den Wagen staubte, war kühl, aber nicht kalt. Der Imbiss war hell erleuchtet. Der Verkäufer säbelte Fleischstreifen von einem großen Drehspieß.
    »Warte noch«, sagte Van Leeuwen. Er konnte Deniz erkennen und das Mädchen, das die Streife erwähnt hatte. »Da sind Deniz und Tic«, sagte er. »Den anderen Jungen kenne ich nicht.«
    »Das ist kein Junge«, sagte Gallo. Er hielt die Tür fest, ohne auszusteigen. »Das ist auch ein Mädchen, wahrscheinlich diese Robbie, seine Freundin.«
    Aus den Lautsprechern über den Eingängen der Amüsierlokale hinter ihnen schallte Musik – eine Polkaziehharmonika, Salsatrommeln, eine Jazztrompete. Eine japanische Reisegruppe stieg aus einem zwischen den parkenden Autos eingekeilten Bus. Die Japaner spannten kleine weiße Schirme auf, um ihre Kameras vor dem Regen zu schützen, bevor sie laut schnatternd auf einen Stripclub mit Livesex-Show zueilten. Aus den Hauseingängen riefen ihnen Prostituierte in Lackstiefeln obszöne Angebote zu. Eine Sekunde lang hielt ein Blitz alle Bewegungen an. Donner krachte über den treibenden Wolken und brach sich an den Häusern. Sodom und Gomorrha, dachte Van Leeuwen; die Ansichtskartenversion, komplett mit Drogenwracks, Transvestiten in Netzstrümpfen und gebrauchten Kondomen im Rinnstein.
    Er griff zum Mikro und sagte: »Neun-Acht, hier Fünf-Sieben. Wir übernehmen jetzt. Ende.«
    »Verstanden, Fünf-Sieben. Ende.«
    Ein Motorradfahrer rollte fast lautlos vorbei. Fußgängerpulks schoben sich zwischen dem Döner und der Straße über das Pflaster und blockierten immer wieder die Sicht. Mehrere Radler mitRegencapes steuerten ihre Räder klingelnd durch das Gedränge. Van Leeuwen öffnete seine Tür. »Also gut. Seid ihr so weit ?«
    »Sind wir«, sagte Julika.
    Alle vier stiegen aus und gingen über die Straße auf den Döner zu. Sie spürten den Regen nicht. Sie sahen die Fußgänger nicht mehr, und auch die Radler nicht oder den Motorradfahrer. Sie hatten nur Augen für Deniz und Tic und das zweite Mädchen, die an der Theke des Döners lehnten und redeten, eingehüllt in den Dunst von heißem Fett und angebranntem Fleisch. Jetzt drehte Tic sich um und sah genau zu ihnen her. Der Regen lief ihr in schimmernden Bächen über das Gesicht.
    »Und ihr, was soll’s sein ?«, fragte der Verkäufer sie, gerade als Van Leeuwen hinter Deniz trat. Der Commissaris legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. »Einmal Deniz Aylan – zum Mitnehmen !«, antwortete er.
    Hoofdinspecteur Gallo drückte die Aufnahmetaste des Tonbandgeräts und sagte: »3. Mai, 20:27. Uhr Befragung der Zeugen Deniz Aylan und Robbie Maartens. Anwesend sind Commissaris Bruno van Leeuwen und

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