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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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diese Heidenangst eingejagt hat. Aus Versehen, als er eigentlich seine Mutter besuchen wollte.« Er spürte den Splitter in seiner Hosentasche nicht, aber er wusste, dass er da war. »Eine falsche Tür ist schnell geöffnet, aber danach kriegt man sie oft nie wieder zu.« Er legte das Geld für die Rechnung auf den Tisch und stand auf. »Danke, dass ihr mich auf den neuesten Stand gebracht habt.«
    Inspecteur Vreeling fragte: »Haben Sie einen Panasonic ?« »Einen Panasonic ?«, fragte Van Leeuwen.
    »Fernseher«, sagte Vreeling. » Panasonic ist eine Marke.«
    »Ich weiß, dass Panasonic eine Marke ist«, sagte Van Leeuwen. »Aber ich weiß nicht, welche Marke mein Fernseher hat. Warum ?«
    »Weil Sie jetzt doch viel Zeit zum Fernsehen haben«, meinte Vreeling, »da empfiehlt es sich, auf Qualität zu setzen. Es gibt eine Statistik, der zufolge die meisten Fernseher, die noch laufen, von Panasonic sind.«
    »Die wann noch laufen ?«
    »Nachdem ihre Besitzer gestorben sind. Haben Sie sich noch nie gefragt, von was für einer Firma der Fernseher war, wenn Sie in der Zeitung gelesen haben, dass er noch lief, als die Leiche des Besitzers in der Wohnung gefunden wurde ? Der Besitzer war beim Fernsehen gestorben, und drei Monate später wurde er gefunden, und der Apparat lief noch. Ich finde, das spricht für eine Marke. Laut Statistik waren die meisten von Panasonic .«
    »Ich werde nicht beim Fernsehen sterben«, sagte Van Leeuwen, schon in der Tür. »Mein Fernseher wird beim Fernsehen sterben, und ich werde auf seinem Grab tanzen.«
    Er ging, bevor jemand ihn fragen konnte, wie es in Italien gewesen war. Er hatte Ellen versprochen, um sieben Uhr wieder zu Hause zu sein. Aber als er um die Ecke zur Egelantiersgracht bog, wusste er plötzlich, dass er nicht dorthin wollte. Er wollte in die Elandsgracht, ins Präsidium, in sein Büro, an seinen Schreibtisch. Er wollte kreuz und quer durch die Stadt fahren, um sich zu vergewissern, dass man ihn brauchte. Er wollte zu dem Haus gehen, in dem Deniz Aylan untergekrochen war, in dem er ihn nicht hatte beschützen können.
    Er wollte Doktor Pieters befragen, um herauszufinden, warum er sich für seinen Fall interessierte.
    Der Commissaris saß auf der Holzbank vor Doktor Josef Pieters’ Büro im dritten Stock der Medizinischen Fakultät der Universitätsklinik. Es war vier Uhr nachmittags, und er wartete seit einer Dreiviertelstunde. Wenn er ein Vulkan gewesen wäre, hätte sich schon ein deutlicher Anstieg der Temperatur in seinem Inneren abgezeichnet. Er war kurz davor, den ersten Ascheregen auszustoßen, als die Tür von Pieters’ Büro geöffnet wurde und der Professor persönlich auf der Schwelle erschien. »Ich hoffe, Sie mussten nicht allzu lange warten«, sagte Pieters.
    »Der Graf von Monte Christo hätte es überhaupt nicht als Warten empfunden«, sagte Van Leeuwen. Er stand auf und legte seine ganze Kraft in den Händedruck, mit dem er den Arzt begrüßte, doch Pieters schien seine kleine Rache nicht zu bemerken. Er sagte nur: »Ich freue mich, Sie endlich kennen zu lernen !«
    Der Arzt sah älter aus als auf dem Cover des Wissenschaftsmagazins in Doktor Terlindens Büro, aber seine grünen Augen strahlten genauso hell, und sein Lächeln war noch immer jugendlich und ansteckend. Statt eines weißen Kittels trug er ein olivfarbenes Hemd mit Schulterklappen, ausgewaschene Chinos und dunkelbraune Turnschuhe ohne Strümpfe. Er führte den Commissaris in sein Büro, das zwischen Stapeln von Fachzeitschriften, Büchern,Zeitungen und gehefteten Fotokopien nur noch Platz für einen Schreibtisch und einen Stuhl sowie einen zerschlissenen Ledersessel bot. Das kleine Fenster war von wildem Wein zugewuchert. Eine Lampe mit einem grünen Glasschirm sorgte eher für Schatten als für Licht.
    Pieters setzte sich auf die Schreibtischkante und deutete einladend auf den Sessel. »Darf ich Ihnen etwas anbieten ?«
    »Danke, nein.« Van Leeuwen versank in dem Sessel und merkte sofort, dass es ein Fehler gewesen war, entgegen seiner Gewohnheit nicht stehen zu bleiben. Er blickte zu Pieters auf, der zu lächeln schien, aber so genau ließ sich das im Halbdunkel des Raums nicht sagen.
    »Wie kann ich Ihnen helfen ?«, fragte der Professor.
    »Sie können mir einige Fragen beantworten«, sagte der Commissaris.
    »Geht es um Ihre Frau ?«
    »Nein, nicht um meine Frau.« Van Leeuwen verlagerte das Gewicht und schlug ein Bein über das andere. »Es hat mich überrascht, zu hören, dass Sie

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