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...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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an den Kopf.«
    Getzl war sichtlich verwirrt. Eine Zeitlang folgte er sogar freiwillig meinen Anweisungen. Ich ließ ihn den Kotflügel halten und die Kette. Davon bekommt man noch schmutzigere Hände als von der Veruntreuung öffentlicher Gelder.
    »Das wird Ihnen noch leid tun«, keuchte Getzl. »Ich werde mich bei der Polizei beschweren. Kennen Sie den Inspektor Goldblatt?«
    »Natürlich. Er ist mein Bruder.«
    Getzl drehte sich wortlos um und winkte den vorüberfahrenden Autos. Das könnte ihm so passen. Mich mit meinem kaputten Motorrad in der Dunkelheit zurückzulassen und bequem nach Tel Aviv zu fahren. Zum Glück hielt kein einziger Wagen an.
    Oder doch - der Chrysler jetzt - tatsächlich!
    Mit einem Satz war ich am Schlag, riß ihn auf und sprang in den Wagen hinein.
    »Hilfe, ein Überfall«, rief ich dem Fahrer zu. »Der Mann dort wollte mich überfallen. Geben Sie Vollgas!«
    Der Chrysler gab Vollgas. Getzl blieb allein zurück. Es war ein wunderschöner Anblick, wie er wie vom Donner gerührt dastand. Vielleicht steht er morgen noch dort, wenn ich das Motorrad abholen lasse. Meinetwegen können sie dann auch ihn abschleppen.

Weitentfernte Verwandte
    Ein armer Schlucker wandte sich an Baron Rothschild und belehrte ihn: »Alle Juden sind Brüder«. Rothschilds Antwort wird von der Geschichte nicht überliefert, aberbei seinem Begräbnis warf sich der arme Schlucker weinend über den Sarg.
    »Waren Sie mit dem Verstorbenen verwandt?« fragte man ihn.
    »Nein«, schluchzte der Mann, »deshalb weine ich ja.«

Der Schmelztiegel
    Als mein Motorrad älter geworden war, fuhr ich einmal schwungvoll zu einer Tel Aviver Tankstelle und rief dem Tankwart zu:
    »Fünf Liter Sprit und 200 Gramm Öl.«
    Der Mann strahlte, dann fiel er mir um den Hals.
    »Sie kommen auch aus Ungarn? Sagen Sie nichts, ich habe das gleich an ihrem furchtbaren Akzent erkannt. Mitbürger! Freund! Landsmann, wie geht es Ihnen?«
    Ich war gerührt. Es ist nun einmal nichts Alltägliches, wenn zwei einander völlig unbekannte Juden weit weg von ihrem heimatlichen Budapest zusammentreffen und sich hemmungslos in ihrer stets auf der falschen Silbe betonten Muttersprache unterhalten können. Ja, das ist Israel, der Schmelztiegel.
    Dann erzählte mir mein neuer Blutsbruder, daß sein Betrieb seit vierzig Jahren fest in ungarischer Hand sei. Der Boß wäre zwar ein abscheulicher Litauer, das fiele aber nicht weiter auf, da er bereits mit ungarischem Akzent spräche.
    Nach einigen Minuten nostalgischen Schwelgens unterbrach sich mein Landsmann.
    »Hören Sie, lieber Freund, ich will Sie nicht beleidigen oder gar, Gott behüte, kränken, aber Ihr Motorrad ist ziemlich verschmutzt. Man sollte es gründlich säubern. Zwar gibt es bei uns Freitagnachmittags prinzipiell keine Motorradwäsche, aber bei einem ungarischen Kunden mache ich natürlich eine Ausnahme.«
    »Danke, aber ich habe es leider sehr eilig.«
    »Es handelt sich nur um fünf Minuten, keine Sekunde mehr. Wer soll schon wem helfen, wenn nicht ein jüdischer Ungar einem ungarischen Juden?«
    Ohne weitere Vorwarnung klatschte mein Landsmann in die Hände, worauf ein transsylvanischer Bär aus einer Höhle hervorkam, um mein am ganzen Leibe zitterndes Motorrad in die Werkstatt zu entführen. Dort setzte sich der Bär eine Röntgenbrille auf, ergriff eine Spritzpistole und schaltete sie ein. Ihr Strahl war stark genug, um Löcher in den Asphalt zu bohren. Der Bruderbär lächelte mir ermutigend zu und lenkte den Strahl auf mein Motorrad. Dieses fiel sofort um und blieb wie ein angeschlagener Boxer verkrampft auf der Seite liegen.
    »Keine Sorge, mein Freund«, tröstete mich der Bär in einem eher rustikalen Ungarisch, »so kann der Strahl besser durchspülen, um den ganzen Schmutz zu vernichten. Wissen Sie, wenn Sie zum Beispiel ein Pole wären oder, Gott behüte, gar ein Rumäne, nie im Leben hätte ich am Freitag nachmittag diese Schwerstarbeit begonnen. Weil Sie aber meine Sprache sprechen, überwinde ich mich. Wir müssen zusammenhalten, um uns gegen den starken balkanischen Druck zu wehren, verstehen Sie?«
    Mein Motorradsitz begann sich mittlerweile unter dem starken Druck des transsylvanischen Reinigungsstrahls zu wellen, und die Drähte des Scheinwerfers rissen wie strapazierte Nerven.
    »Hören Sie auf«, schrie ich.
    »Nur nicht nervös werden«, erklang eine ungarische Stimme hinter mir. Wem sie gehörte, konnte ich nicht feststellen, da sich inzwischen das gesamte magyarische

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