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...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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bis 29 zählen und bei 30 den Ministerpräsidenten unverzüglich loslassen sollte.
    Dank dieser sorgfältigen Planung lief die Zeremonie glatt ab. Der Ministerpräsident traf mit seinem Gefolge kurz nach elf in Sichin ein, stieg an der markierten Stelle aus seinem Wagen und wurde auf dem Weg zum Verwaltungsgebäude programmgemäß von einem ihm Unbekannten geküßt und umarmt, wobei ihm auffiel, daß der Unbekannte die Umarmung mit den Worten: »Achtundzwanzig - neunundzwanzig - aus!« beendete. Der Ministerpräsident lächelte herzlich, wenn auch ein wenig verlegen, und setzte seinen Weg fort.
    Nur ein einziger nahm an der allgemeinen Freude nicht teil. Munik Rokotowsky stand ganz allein im Hintergrund und konnte die Tränen nicht zurückhalten. Vor fünfzig Jahren hatten sie zusammen in derselben Zitrusplantage gearbeitet. Das war sein Kuß.

Elternerziehung
    Die waschechten Israelis, jene im Land geborenen Generationen, haben mit ihren verweichlichten Vorfahren nichts weiter gemein, als daß sie von ihnen unvorsichtigerweise gezeugt wurden. Wenn israelische Eltern prahlen, dann sagen sie: »Unsere Tochter ist schon vierzehn Jahre alt, aber sie hat uns noch nie geohrfeigt!«
    Ja, wir hängen an unseren Kindern, den »Sabres«, mit blinder Bewunderung, idealisieren sie, stellen sie auf ein Podest und blicken in seliger Verzückung zu ihnen auf. Eigentlich brauchen sie aber gar kein Podest, weil die Kinder ohnehin einen Kopf größer sind. Gewiß, die lieben Sabres sind manchmal ein wenig unhöflich, ja sogar roh und brutal, kurz gesagt, unerträglich, aber was soll’s. Siesind seit zweitausend Jahren die ersten Kinder mit hebräischer Muttersprache, und dafür kann man schon mal eine Ohrfeige in Kauf nehmen.

Nicht ohne meine Erdnuß!
    Der Angeklagte steht aufrecht vor dem Richter und kratzt sich an der Nase. Ein strammer junger Mann, sein lockiges Haar keß in der Stirn. Der Richter blättert in der Anklageschrift.
    »Mussa Zwanziger«, eröffnet er die Verhandlung, »nach Paragraph 2 Absatz 4 des Gesetzes zur Vermeidung öffentlichen Ärgernisses sind Sie der Zerrüttung öffentlicher Nerven im Kino angeklagt. Bekennen Sie sich schuldig?«
    »Bullshit«, antwortet Mussa Zwanziger. »Sonst noch was?«
    Der Staatsanwalt ruft die Zeugen auf. Ein ältlicher Mitbürger, dem der Kinoalptraum noch deutlich anzusehen ist, gibt mit zitternder Stimme zu Protokoll:
    »Ich wollte mir einen der preisgekrönten Kultfilme von Ingmar Bergmann ansehen. Der Angeklagte saß neben mir. Mitten in der entscheidenden Szene, als die Liebenden eingedenk höherer menschlicher Werte gemeinsam beschließen, ihr Leben zu opfern, um das ihrer Kinder zu retten, und sie sich in einem letzten innigen Kuß vereinen, in diesem erhabenen Augenblick brüllte Mussa in das ergriffene Publikum: >Besorgs ihr, Schlappschwanz!««
    Kollektiver Schock im Gerichtssaal.
    »Stimmt das, Angeklagter?«
    »Bullshit! Ich hatte ’ne Eintrittskarte wie alle anderen auch, oder?«
    »Euer Ehren«, schaltet sich nun die Verteidigung ein.
    »Ich bitte, meinem Klienten zu gestatten, einige Erdnüsse zu knabbern, sonst kann er sich nicht konzentrieren.«
    Man reicht dem Angeklagten eine Tüte, und er scheint sich ein wenig zu fassen. Der Platzanweiser wird in den Zeugenstand gerufen.
    »Nachdem der Angeklagte >Besorgs ihr, Schlapp-schwanz< gebrüllt hatte, tastete ich mich zu seiner Reihe vor und forderte ihn auf, sich gefälligst zu benehmen. Er entgegnete, er lasse sich von mir, einem, wie er sich ausdrückte, rotärschigen Affen, nicht vorschreiben, was er von einem derart beschissenen Film hielte, und brüllte weiter. Da wurde mir schlagartig klar, daß ich es mit einem eklatanten Fall eines öffentlichen Ärgernisses zu tun hatte, und rief die Polizei.«
    »Ja und«, sagte der Richter, »was geschah dann?«
    »Gar nichts. Der Polizist kam nicht. Wenn er im Dienst sei, sagte er, könne er keine Probleme lösen, und schließlich hätte er dem Angeklagten ja ganz allein gegenübergestanden.«
    Die Verteidigung ruft einen aus den Medien bekannten Psychiater als Sachverständigen auf. Er führt aus:
    »Herr Mussa Zwanziger ist der typische Repräsentant einer kultivierten Generation, ein robuster Junge tropischen Temperaments, dessen natürliche Reaktionen als impulsive Äußerung auf die Aussage besagten filmischen Werkes zu werten sind. Diese unsere Jugend zeichnet sich durch chauvinistisch geprägte Offenheit aus, derzufolge der Angeklagte seine natürliche Reaktion

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