...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
den Kibbuz als ideale Erholung von den täglichen Bröseln, als einzig möglichen Ort, einenlangweiligen Cousin zweiten Grades oder jemand ähnlichen zu treffen, am Busen der Natur zu ruhen, kuhwarme Milch zu trinken, sich im frischen grünen Gras zu wälzen und für dieses ganze Glück nicht einen lumpigen Groschen zu zahlen.
Die gekaufte Braut
Mein langweiliger Cousin Schimon konnte sich vor Freude über meine Ankunft nicht fassen, denn er war gerade an diesem Tag in ein neues Zimmer übersiedelt, sein kleiner Junge lag mit den Masern im Bett, seine Frau spielte Hebamme bei einer widerstrebenden Kuh, und er selbst mußte dringend in den Speisesaal, wo eine Vollversammlung über den Fall eines Kibbuzmitgliedes beraten sollte. Dieses Mitglied hörte auf den Namen »Ricki der Verrückte« und verlangte aus der Kibbuzkasse schon seit Wochen eine Summe von 4400 Pfund.
»Wozu braucht ein Kibbuznik Geld?« fragte ich meinen Cousin, während ich hinter ihm zum Speisesaal rannte. Schimon, der Schatzmeister des Kibbuz war, antwortete:
»Er will eine Frau kaufen.«
Vor einiger Zeit war nämlich Ricki der Verrückte mit der Funktion eines »Einkäufers« betraut worden, hatte in einer von Jemeniten bewohnten Nachbarsiedlung zu tun gehabt und sich dort Hals über Kopf in ein jemenitisches Mädchen namens Chefzibah verliebt. Daß Rickis Familienname Kraus war und Chefzibas Familienname Habifel, störte ihn nicht.
Papa Habifel erteilte sofort seine Zustimmung. Mehr als das, wegen der Jugendlichkeit des Bräutigams verlangte er für seine Tochter nur 4400 Pfund in bar.
Herrn Habifels Forderung verblüffte Ricki, aber der alte Mann erklärte ihm mit patriarchalischer Geduld, daß er als Vater Anspruch darauf hätte, die in seine Tochter investierten Spesen zurückzubekommen. Ricki der Verrückte mußte einsehen, daß es sich hier um eine uralte, unabänderliche jüdische Sitte handle.
Was tut ein normaler Stadtbewohner unter solchen Umständen? Er nimmt ein Darlehen bei einer Bank auf, verkauft den Familienschmuck seiner Großmutter, veruntreut Firmengelder oder macht Überstunden. Ein Kibbuz-nik hat aber keine Großmutter mit Familienschmuck, keine Bank und keine Firmenkasse. Er hat nichts zu verkaufen, außer seinem reinen Gewissen, und dafür bekäme er höchstens fünfzig bis sechzig Pfund. Er kann also nur von der Kibbuzverwaltung das Geld zum Kauf einer Gattin verlangen.
Die Kibbuzverwaltung lehnte den Wunsch Rickis des Verrückten nach kurzer Debatte ab, und zwar aus drei Gründen: 1. Man kauft keine Frau für bares Geld. 2. Wir leben nicht mehr in der Steinzeit. 3. Hat man so etwas je gehört?
Das Sekretariat bot jedoch an, mit dem alten Herrn Habifel zu verhandeln. Und so begaben sich der Kibbuzsekretär und die Vorsitzende des Sozialausschusses in die jemenitische Nachbarsiedlung. Nach zwei Tagen kamen sie zurück und berichteten der Vollversammlung, daß schließlich und endlich, bei nüchterner Betrachtung der jemenitischen Lebensformen, daß also, kurz und gut und im Grunde, gegen die Forderung von Herrn Habifel nichts einzuwenden sei. 4400 Pfund sei aber ein exorbitant hoher Preis, den man unmöglich zahlen könne. Für 400 Pfund bekäme man ja schon eine Kuh oder eine Dieselpumpe.
Ricki der Verrückte schlug Krach, daß die Wände zitterten. Er verwahrte sich dagegen, daß man seine Chefzibah mit einer Kuh vergliche, noch dazu geringer einschätze, verlangte auf der Stelle des Geld, sonst würde er sofort aus dem Kibbuz austreten.
In der darauf folgenden Vollversammlung herrschte gespannte Stimmung. In den ersten Reihen saßen die Funktionäre, dahinter die übrigen männlichen Kibbuzmitglieder. Die weiblichen saßen an den Wänden und strickten warme Pullover. Die Kinder standen an den Fenstern und gingen trotz wiederholter Strafandrohungen nicht schlafen.
»Genossen«, begann der Kibbuzsekretär. »Wir stehen vor einem völlig neuen Problem. Wir alle kennen und lieben unseren Ricki. Er ist ein alter Kibbuznik und ein guter Arbeiter. Deshalb schlage ich vor, daß wir die Hälfte des Brautpreises bezahlen und ihm für die andere Hälfte einen in zwanzig Jahren rückzahlbaren Kredit geben.«
»Ich brauche keine Gefälligkeiten von euch«, schrie Ricki der Verrückte aufgebracht. »Heiraten ist eine biologische Notwendigkeit. Ihr könnt mich also, wenn ihr wollt, krank schreiben lassen und die 4400 Pfund für meine Heilung bewilligen.«
Der Vorsitzende wollte wissen, von welchem Budget man eigentlich
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