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...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Stunde?!«
    »Davon muß ich ja noch meinen Manager bezahlen. Das ist er aber wert. Im Jemenitenviertel finden Sie vielleicht schon für 150 Pfund Verzweiflung, aber wie sieht die aus?
    Höchstens elf Kinder, alle gut genährt, und eine Wohlfahrtsrente von 2680 Pfund monatlich. Bei mir haben Sie eine neunzehnköpfige Familie auf 55 Quadratmetern Wohnraum. Mit drei Großmüttern.«
    »Wo ist Ihre Frau?«
    »Wird oben auf dem Dach fotografiert. Hängt gerade die Wäsche auf an unserer Fernsehantenne. Schwanger ist sie auch.«
    »Da müßten Sie ja eine Zulage zur staatlichen Unterstützung beziehen.«
    »Ich habe auf beides verzichtet. Meine Position auf dem Elendsmarkt könnte darunter leiden. Interviews sind einträglicher. Demnächst ziehen wir in eine noch kleinere, baufällige Hütte um. Wahrscheinlich nehme ich auch eine Ziege mit hinein. Wo bleibt Ihr Fotograf?«
    »Er kommt gleich.«
    »Was die Aufmachung betrifft: Ich möchte eine Doppelseite, Headline durchlaufend.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Habifel. Wir werden alle Ihre Forderungen in gehöriger Weise berücksichtigen.«
    »Gut. Fangen Sie an.«
    »Meine erste Frage: Fühlen Sie sich in Israel schlecht behandelt, Herr Habifel?«
    »Warum sollte ich? Ich bin meinen Landsleuten aufrichtig dankbar. Sie haben ein goldenes Herz. Gewiß, sie machen keine besonderen Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut, und niemand kümmert sich um die Slums. Andererseits nimmt die Öffentlichkeit lebhaften Anteil und ist immer tief betroffen, wenn unser Elend im Fernsehen gezeigt wird. Man muß nur hören, wie sich dann alle diese Professoren und Soziologen aufregen. Ihre Reden sind ein wirklicher Genuß. Und der Bedarf der Massenmedien an Elendsgeschichten steigt ständig, so daß der Lebensstandard von uns Unterprivilegierten steigt und steigt. Man kann ruhig sagen, Israel ist das erste Land der Welt, das seine sozialen Probleme durch Interviews löst.«

Erfolg ist ansteckend
    Soweit ich in den letzten fünfzig Jahren gehört habe, existiert nirgends auf der Welt ein Volk, das aus neunzig verschiedenen, aus allen Ecken der Erde zusammengekratzten Nationalitäten besteht, mit Ausnahme der Vereinigten Staaten von Amerika, die ohnehin eine mißlungene Kopie Israels sind.

A Star Is Born
    »In Amerika«, sprach meine Tante Trude, als wir eines Abends durch Brooklyn schlenderten, »in Amerika kann ein Israeli ohne Publicity keine Karriere machen.«
    »Ich weiß«, antwortete ich kleinlaut. »Aber wie soll ich das anfangen?«
    »Du mußt im Fernsehen auftreten. Das wäre das beste. Oder etwas Ähnliches. Glücklicherweise habe ich ausgezeichnete persönliche Verbindungen sowohl zum Rundfunk wie zum Fernsehen. Im Rundfunk wird es leichter sein, weil ich im Fernsehen niemanden kenne.«
    Der Rest war ein Kinderspiel. Meine Tante trifft bei ihrem Friseur gelegentlich Frau Perl Traubman, die seit vierzig Jahren in einem jiddischen Radiosender New Yorks die beliebte »Fanny-Swing-Show« leitet. Ja mehr als das, Frau Traubman ist Fanny Swing und hat sowohl in Brooklyn wie in der Bronx viele Fans, besonders unter den jüdischen Hausfrauen.
    Schon wenige Tage später kam Tante Trude vom Friseur nach Hause, ihr Gesicht unter den frisch gelegten Dauerwellen strahlte.
    »Perl Traubman erwartet dich morgen um 7 Uhr 30 in Studio 203. Ich habe ihr gesagt, daß du Beat-Lyrik schreibst und Oberst bei den israelischen Fallschirmjägern bist, und sie war sehr beeindruckt. Du bist auf dem besten Weg zu einer amerikanischen Karriere.«

    *

    Frau Traubman-Swing ist eine freundliche Dame von Anfang Sechzig und sieht auch nicht viel älter aus, wenn man sich ihre knallblond gefärbten Haare und ihre grellrot geschminkten Lippen wegdenkt. Ich mußte im Studio 203 eine halbe Stunde auf sie warten, dann begrüßte sie mich mit der Frage: »In welcher Synagoge singen Sie, Herr Friedmann?«
    Ich stellte mich als der lyrische Oberst von Tante Trudes Friseursalon vor.
    »Richtig, richtig.« Frau Traubman blätterte gedankenvoll in den vor ihr liegenden Papieren. »Kantor Friedmann kommt ja erst nächste Woche. Schön, wir können anfangen.«
    Ein rotes Lämpchen flammte auf, ein mürrischer Glatzkopf schlurfte herein, rief dreimal »Fanny« ins Mikrofon, setzte sich zu uns, und es ging los. Frau Traubmans Stimme nahm das schwelgerische Timbre einer verliebten Nachtigall an.
    »Guten Morgen, Freunde. Sie hören Ihre Freundin Fanny Swing aus New York. Draußen regnet es, aber wenigstens ist es

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