...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
die 200 Pfund nehmen wollte?
»Von unserem Erziehungsbudget abzweigen«, schlug ein friedfertiger Kibbuznik vor, aber der Protest war einhellig.
»Was fällt dir überhaupt ein? Sollen unsere Kinder darunter leiden, daß Ricki verrückt ist?«
»Und was ist mit meinen Kindern?« brüllte Ricki. »Haben sie kein Recht, geboren zu werden?!«
»Wir müssen eine Lösung finden.« Der Sekretär bat um
Ruhe. »Mißversteh mich nicht, Ricki, vielleicht könnten wir das Geld aus dem Viehbestandsbudget freimachen. Wir haben nämlich, unterbrich mich nicht, Ricki, wir wollten nämlich gerade eine Kuh kaufen.«
»Mörder!« klang es im Chor der entfesselten Mütter.
»Du spielst mit dem Leben unserer Kinder! Milch für unsere Kleinen! Milch! Milch! Milch!«
Die Diskussion eskalierte. Ricki der Verrückte bat ums Schlußwort. Bis morgen Mittag, so sagte er mit zitternder Stimme, hätte das Geld zur Stelle zu sein, auch wenn man zu diesem Zweck einige Kibbuzmädchen verkaufen müßte. Wenn nicht, würde es dem ganzen Kibbuz noch sehr, sehr leid tun.
In die Stille meldete sich abermals Schimon, mein langweiliger Cousin oder so. Wie wäre es mit einem »Heiratsfonds«, in den künftig jeder Junggeselle zwischen fünfundzwanzig und fünfzig Pfund pro Braut einzuzahlen hätte, je nach Gewicht und anderen besonderen Merkmalen?
Erlöst schloß der Vorsitzende die Versammlung.
»Genossen«, sagte er, »das ist ein sehr vernünftiger Vorschlag. Ich möchte nur noch unseren Junggesellen raten, ihre Bräute möglichst unter den Kibbuzmädchen zu wählen. Oder wenn es schon unbedingt eine Braut von auswärts sein muß, dann wenigstens keine überbezahlte Schlampe.«
Hüte dich vor Gründervätern
Als Ministerpräsident Ben Gurion seinerzeit demissionierte und sich in den Kibbuz Sde Boker zurückzog, brachte er die ganze Organisation ins Wanken, weil er jede Bevorzugung ablehnte. Er wollte entsprechend der kollektiven Ideologie des Kibbuz genauso behandelt werden wie alle anderen Mitglieder. Infolgedessen mußten alle anderen Mitglieder eine salzlose, proteinarme Diät zu sich nehmen. Etwas später wurden für alle Kibbuzmitglieder zwangsweise Griechischkurse eingeführt, weil unser Expremier, der bekanntlich ein großer Platoverehrer ist, die Lehren dieses klassischen Denkers nicht allein in sich aufnehmen durfte.
»Der Kollektivismus ist eine gewaltige Idee, die nur den einen Nachteil hat, daß sie sich verwirklichen läßt«, bemerkte einmal ein geistreicher Zeitgenosse, und wie recht hatte ich doch.
Armut kommt teuer
»Herr Habifel?«
»Der bin ich. Treten Sie ein, und nehmen Sie Platz. Ja, dort in der Ecke. Auf der zerbrochenen Kiste.«
»Vielen Dank.«
»Wenn Ihnen die Kinder im Weg sind, kann ich sie erwürgen.«
»Das wird nicht nötig sein.«
»Gut, dann sperre ich sie ins Badezimmer. Marsch hinein. So. Schreiben Sie für eine Tageszeitung oder für eine Zeitschrift?«
»Für eine Tageszeitung.«
»Wochenendbeilage?«
»Ja, Herr Habifel. Ich habe Ihr Inserat in unserem Blatt gelesen: >Slum-Fam. m. 13 Kind. zur Verfüg. d. Massen-medien.< Haben Sie jetzt Zeit für mich?«
»Eine Stunde fünfzehn Minuten. Heute vormittag hatte ich ein Rundfunkinterview, und nach Ihnen kommt ein Fernsehteam, aber jetzt können wir sprechen.«
»Danke, Herr Habifel. Meine erste Frage ...«
»Nicht so schnell, nicht so schnell. Was zahlen Sie?«
»Wie bitte?«
»Ich will wissen, wie hoch mein Honorar ist. Oder glauben Sie, daß ich zum Vergnügen in dieser Bruchbude sitze und daß ich mit meiner Familie von der staatlichen Unterstützung leben kann? Von 1930 Pfund im Monat?«
»Das hatte ich nicht bedacht.«
»Aber ich. Die katastrophale Situation der orientalischen Einwanderer hat heute einen ziemlich hohen Marktwert. Daran müssen doch auch diejenigen partizipieren, denen man diese Situation verdankt. Nehmen wir an, Sie schreiben eine schöne Geschichte mit viel ArmeleuteGeruch und Mangel an Hygiene und so. Das erregt Aufsehen, das ist gut für den Verkauf Ihrer Zeitung und gut für Ihr Honorar. Außerdem verschafft es Ihnen den Ruf eines gesellschaftskritischen Journalisten. Ich helfe Ihnen dabei. Sie bekommen von mir eine herzerweichende Schilderung meines Jammers, meiner Enttäuschung, meiner Bitterkeit, meiner .«
»Wieviel verlangen Sie?«
»Mein üblicher Tarif ist 300 Pfund die Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer. Mit Photos 30 Prozent mehr. Bar. Keine Schecks. Keine Quittung.«
»300 Pfund für eine
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