Und weg bist du (German Edition)
zu heulen und Evie brüllte.
Ich sprang auf und rannte mit einem Aufschluchzen durch das Haus. Als ich die hintere Veranda erreichte, zog ich mir Stiefel und Mantel an und hastete durch den Garten. Meine Füße versanken im Schnee. Ohne dass mich die Polizisten bemerkten, die sich alle vorn aufhielten, schlüpfte ich durch den Zaun auf die Straße und blickte nur kurz zurück auf das Licht, das durch die Fenster der anderen Räume drang. Dann hob ich den Blick zum Himmel, der jetzt, nachdem der Schnee nicht mehr fiel, pechschwarz war. Nur einige Sterne hoben sich leuchtend wie kleine Glasscherben davon ab, verschwammen jedoch bald vor meinen tränennassen Augen. Verzweifelt lief ich los.
Noah und ich saßen nebeneinander auf dem Picknicktisch und blickten auf den Fluss hinaus. Die Wasseroberfläche kräuselte sich. Der Himmel hatte sich zugezogen und der Wind war aufgefrischt. Die Boote waren an Land zurückgekehrt und die Burgerverkäuferin hatte ebenfalls zusammengepackt. Ich fröstelte.
»Dixon hat mir vor der Galerie noch gesagt, dass er mir keinen Vorwurf macht«, murmelte ich leise. »Er ist in eine nette Familie gekommen und dann hat ihn seine neue Mutter adoptiert.«
»Ist dir kalt?« Noah rückte näher an mich heran und legte den Arm um meine Schultern.
»An diesen Abend zu denken tut so weh. Ich wünschte, du hättest mich nicht danach gefragt.«
»Wir alle waren vollkommen verängstigt und hatten mehr Angst vor dem Unbekannten als davor, mit der schlechten Situation weiterzuleben. Nachdem du fort warst und ich mich ein wenig beruhigt hatte, habe ich mich wegen meiner Reaktion dir gegenüber unglaublich schlecht gefühlt. Und ich habe mich oft gefragt, was wohl aus dir geworden ist. Ehrlich gesagt habe ich mir Sorgen um dich gemacht und dauernd an Jack und dich gedacht. Erst als der Kontakt mit deinem Bruder wiederbelebt war, fand ich heraus, wohin ihr in jener Nacht geflohen seid.«
Jack hatte unsere Sachen geschnappt und Seale House kurz nach mir verlassen. Er war meinen Spuren im Schnee gefolgt, und nachdem er mich gefunden hatte, verbrachten wir den Rest jener langen Nacht gemeinsam. Früh am nächsten Morgen nahmen wir einen Bus nach Syrakus, wo die Cousine unserer Mutter lebte. Dort war allerdings auch Melody, die ihre Beziehung zu Erv einen Monat zuvor beendet hatte.
»Unsere Mutter ist mit uns dann nach Bennington, Vermont, gegangen, wo sie einen Job als Kellnerin annahm. Sie hat uns neue Kleidung gekauft und uns dort in der Schule eingeschrieben. Doch nach ungefähr einem Jahr hat sie wieder angefangen, uns durch die Gegend zu schleifen, bevor sie sich für immer aus dem Staub gemacht hat.«
»Immerhin seid ihr dann bei den Habertons gelandet.«
Ich nickte. »Und während dieser Jahre, die auf Watertown folgten, habe ich versucht alles zu vergessen. Aber jetzt will ich es wissen. Wie ist es nach dieser schrecklichen Nacht für dich weitergegangen?«
»Erst einmal bin ich in Seale House geblieben.«
»Wie das? Du warst doch minderjährig. Ich meine, wer war bei dir, nachdem Hazel ins Gefängnis gekommen ist?«
»Sie war nicht im Gefängnis. Letztendlich wurde keine Anklage wegen Drogenmissbrauchs gegen sie erhoben. Die Hausdurchsuchung war irgendwie unrechtmäßig. Und der Gerichtsmediziner hat Edgars Tod als Unfall eingestuft. Natürlich durften danach keine Pflegekinder mehr bei ihr wohnen. Deshalb hat sie Seale House verkaufen müssen. Ein Käufer war schnell gefunden und wir haben gutes Geld bekommen. Weil sie mir gegenüber wohl doch ein schlechtes Gewissen hatte, durfte ich mir einen neuen Computer kaufen, mit Zubehör und allen Programmen, die ich haben wollte. Sogar für den Internetzugang hat sie bezahlt.«
Das überraschte mich, was Noah mir wohl ansah. »Ich weiß, es ist kaum zu glauben, aber in gewisser Hinsicht hat es mich gerettet. Ich saß nur noch vor dem Computer und versuchte so wenig wie möglich an all die Kinder zu denken, die Teil meines Lebens gewesen waren. Vor allem fehlten mir natürlich du und Jack. Einige Zeit später hatte Hazel einen Schlaganfall. Das war der Moment, in dem sich Don Iverson für mich eingesetzt hat. Ich habe dir ja erzählt, dass ich dank ihm als Minderjähriger allein leben durfte. Hazel kam in das Pflegeheim.«
»Das tut mir alles sehr leid, Noah. Ich habe dir und den anderen gegenüber noch immer ein schrecklich schlechtes Gewissen.«
»Das war nicht deine Schuld, sondern Hazels. Das solltest du inzwischen
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