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...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst

Titel: ...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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dauerte Michaelas Aufenthalt in Hamburg nun bereits. Eine Woche, in der sie weder von Vanessa noch von Tanja etwas gehört hatte.
    Ersteres war ihr sehr recht, letzteres erfüllte sie mit Unruhe. Anscheinend hatte Tanja in den falschen Hals bekommen, warum sie sie an dem bewussten letzten Abend weggeschickt hatte. Woher hätte Tanja aber auch wissen sollen, dass Michaela lediglich einen Wutausbruch Vanessas hatte vermeiden wollen, der unausweichlich gewesen wäre, wenn Michaela sich vor den anderen gegen sie gestellt hätte?
    Aber noch mehr wollte Michaela Tanja einen langen Abend Spießrutenlaufen ersparen. Vanessa hätte nicht aufgehört zu provozieren. Und gerade weil Tanja gut pariert hatte, hatte eine Eskalation gedroht, an deren Ende Vanessa sich in ihrer Wortwahl ganz sicher vergriffen und unter die Gürtellinie gezielt hätte. Vanessas Attacken hatten schon Frauen ganz anderen Formats Tränen in die Augen getrieben.
    Michaela befürchtete, Tanja glaubte nun, sie wäre sauer. Ebenso befürchtete sie, Tanja war im Gegenzug sauer auf sie, über ihr illoyales Verhalten.
    Michaela saß in der Küche der kleinen Wohnung, die sie gemietet hatte, rührte in ihrem Kakao. Sie zog Resümee. Und das fiel bitter aus. Noch vor wenigen Wochen hatte sie einen guten Job gehabt, eine funktionierende Beziehung und die Hoffnung auf eine Karriere.
    Die Beziehung konnte sie bereits in den Wind schreiben, und es war nur eine Frage der Zeit, bis Job und Karriere folgten. Denn sie dachte nicht daran, Vanessas Erpressung nachzugeben. Michaelas Entschluss stand fest. Sie würde Tanja endlich reinen Wein einschenken. Die Folgen konnte sie sich leicht ausrechnen: Tanja würde ihrem Vater bitterste Vorwürfe machen, sich noch abwehrender seinem Wunsch gegenüber verhalten als je zuvor. Kanter wiederum würde Michaela für das Scheitern des Planes verantwortlich machen und ihr sein Wohlwollen entziehen. Mit dem Job als Hotelmanagerin war es Essig. Sie würde hier in Hamburg versauern, wenn er ihr nicht gar kündigte.
    Aber all das würde sie irgendwie ertragen. Das, was Michaela an dem Beichtgedanken wirklich angst machte, war, dass Tanja sie anschließend hassen würde. Ihre Gefühle für Tanja, oft verworren, aber unbestritten voller Zuneigung, hatte Michaela bisher unterdrückt, weil sie mit Vanessa zusammen war. Ihr wäre nie der Gedanke gekommen, sich von Vanessa zu trennen. Deren kalte, verletzende Worte hallten immer noch in Michaelas Gedächtnis wider.
    Ach komm, Michaela! Du brauchtest das, um endlich zu kapieren. Die Spatzen pfiffen es ja schon von den Dächern, dass Vanessa fertig mit dir war. Du wolltest es nur nicht hören!
    Jetzt gab es jedenfalls keinen Grund mehr für Michaela, ihre Gefühle für Tanja zu leugnen. Was nicht hieß, sie beabsichtigte, Tanja diese Gefühle zu offenbaren. Das war ganz ausgeschlossen, solange sie Tanja nicht alles gestanden hatte. Nach dem Geständnis jedoch hätte sich dann alles erledigt, denn Tanjas Interesse an ihr würde mit Sicherheit erloschen sein.
    Das war der Grund, warum Michaela Tanja nicht anrief. Wenn sie das tat, musste sie ihr die Wahrheit sagen. Sobald sie das aber tat, wäre alles vorbei. Also schob Michaela es auf, von einen Tag auf den nächsten. Immer in der Hoffnung, es würde ein Wunder passieren, welches ihr das Geständnis ersparen würde. Aber es geschah kein Wunder.
    Was geschah, war, dass Tanja plötzlich vor ihr stand, einfach so, ohne Vorankündigung. An der Rezeption, wo Michaela gerade mit dem Empfangschef die Anzahl der angekommenen Gäste mit den Vorbestellungen abglich.
    »Haben Sie vielleicht noch ein Zimmer frei?« fragte Tanja grinsend.
    »Du?« staunte Michaela. Sie gab dem Empfangschef ein Zeichen. Der zog sich diskret zurück.
    »Gelungene Überraschung?«
    »Das kann man wohl sagen.« In Michaelas Stimme lag deutliche Zurückhaltung. Besser sie gewöhnte sich schon mal an eine größere Distanz zwischen ihnen.
    »Deine Freude hält sich in Grenzen«, bemerkte Tanja sofort.
    »Natürlich freue ich mich. Ich . . . wollte dich schon die ganze Woche anrufen.« Das war schließlich nicht gelogen. Nur dass sie, jedesmal wenn sie den Telefonhörer aufgenommen hatte, ihn nach einigen Augenblicken des Nachdenkens wieder abgelegt hatte. Was hätte sie sagen sollen? Wie beginnen?
    Tanja lächelte. »Was hat dich abgehalten?«
    »Die Arbeit«, log Michaela. »Es war soviel zu tun. Ich hatte kaum eine Minute freie Zeit.«
    »Das dachte ich mir schon. Deshalb bin

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