...und wenn Du auch die Wahrheit sprichst
ich gekommen. Damit du mal einen Abend ausspannst. Ich lade dich zum Essen ein. Keine Widerrede!«
Michaela schaute unglücklich drein. Nun war das aufklärende Gespräch wohl nicht länger aufzuschieben.
Sie saß mit Tanja im Hotelrestaurant. Tanja stand die Freude über ihr Wiedersehen im Gesicht geschrieben, während Michaela sich bange fragte, wie lange die noch anhalten würde.
Die Kellnerin brachte die Karte. »Bitte sehr, Frau Dietz.«
Michaela nickte. Ohne in die Karte zu sehen sagte sie: »Vielen Dank. Ich nehme die Meeresforelle.« An Tanja gewandt: »Die empfehle ich dir auch. Schmeckt sehr gut.«
»Also gut, dann bitte auch für mich«, sagte Tanja.
»Eine Flasche Weißwein«, bestellte Michaela noch. »Hausmarke bitte.«
Die Kellnerin notierte und entfernte sich.
Michaela suchte nach einer passenden Einleitung für ihr Geständnis.
Wie es der Zufall wollte, gab Tanja ihr das richtige Stichwort. »Wie verlief der Abend, nachdem ich weg war?« fragte sie. »Hattest du Stress mit Vanessa?«
»Die Stimmung war mehr als gespannt. Jana und die anderen beiden konnten gar nicht schnell genug wegkommen«, begann Michaela mit dem unverfänglichen Teil.
»Und Vanessa?«
Michaela zögerte. Wie sollte sie es ausdrücken? »Vanessa und ich . . . wir sind am Schlusspunkt unserer Beziehung.«
»Oh.« Tanjas Überraschung war echt. »So plötzlich?«
»Ja.« Michaela schaute sie an. »Sagst du gar nicht, dass es dir leid tut?« Das war normalerweise der angemessene Kommentar in so einer Situation.
Tanja erwiderte Michaelas Blick offen. »Nein. Es wäre zwar höflich, aber nicht ehrlich.«
Michaela schüttelte den Kopf. Das war Tanja. Sie sagte nicht, was sie nicht meinte. Um so schwerer fiel es Michaela weiterzusprechen. Bis hierhin war ja alles relativ einfach. Aber jetzt musste sie Tanja ihre eigene Unehrlichkeit gestehen. Tanja würde dafür kein Verständnis haben.
In Erwartung der nahenden Katastrophe holte Michaela tief Luft. »Tanja, ich muss dir etwas sagen.«
»Ich dir auch!« platzte Tanja heraus.
Michaela atmete aus. »Okay. Du zuerst.« Eine Galgenfrist.
Tanja sah Michaela bedeutungsvoll an. Dann verkündete sie: »Ich möchte hier im Hotel arbeiten.«
Michaelas entgeisterter Blick brachte Tanja zum Lachen. »Da bist du sprachlos, was?«
Mit Mühe gelang Michaela ein »Allerdings«. In ihrem Kopf schwirrten jede Menge Fragen verworren durcheinander: Tanja hier im Hotel? Aber das bedeutete ja . . . wann hatte sie ihre Meinung geändert? Noch vor einer Woche, an diesem katastrophalen Abend, hatte sie verkündet, die Firma ihres Vaters sei nicht der richtige Platz für sie. Und nun . . . plötzlich das?
»Aber um eins will ich dich bitten«, sagte Tanja mit ernster Stimme. »Mein Vater soll davon nichts wissen. Und ich will auch nicht als Tochter des Chefs hier arbeiten, sondern als Tanja sonstwer.«
Das Ganze wurde immer verwirrender für Michaela. »Nicht? Aber warum . . . wie . . .« Sie brach ab.
Die Kellnerin kam zum Tisch, servierte den Wein. »Sehr zum Wohl.«
Michaela nahm einen Schluck, versuchte sich auf den Geschmack zu konzentrieren, um sich an irgend etwas festzuhalten und ihre Gedanken zu sammeln. »Okay. Frage eins: Wann hast du deine Meinung geändert? Frage zwei: Warum soll dein Vater nichts davon wissen?«
»Antwort eins: Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich in deiner Nähe sein kann. Hier zu arbeiten ist die perfekte Lösung. Antwort zwei: Wenn mein Vater davon erfährt, wird er mich auf irgendeine Assistentenstelle setzen wollen. Ich will aber erst einmal vorsichtig beginnen. Von mir aus als Zimmermädchen. Ich will wissen, wie es ist, für Kanter zu arbeiten, nicht als Kanter.«
»Falls du dir ein aufregendes Inkognito-Erlebnis vorstellst, wirst du enttäuscht werden«, warnte Michaela. »Die Jobs im täglichen Service sind harte Arbeit.«
» Sollte ich doch einmal an die Stelle meines Vaters treten, kann es nicht schaden, diese Erfahrung gemacht zu haben. Oder?«
Das konnte Michaela nicht leugnen. Und sie konnte sich die Frage nicht verkneifen: »Eins verstehe ich nicht. Tust du es nun, um in meiner Nähe zu sein, oder weil du nun doch in die Firma einsteigen willst?«
Tanja schmunzelte. »Ich will es mal so sagen: Ich bin gespannt auf das, was kommt. Aber wenn du nicht wärst, wäre ich wohl kaum hier.«
Das hatte Michaela gehofft – und befürchtet. Sollte sie Tanja jetzt ihr Geheimnis beichten? Was zur Folge hätte, dass Tanja auf
Weitere Kostenlose Bücher