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Und wenn es die Chance deines Lebens ist

Und wenn es die Chance deines Lebens ist

Titel: Und wenn es die Chance deines Lebens ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
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Frédéric es? Als Pétronille Frédérics Schritte hörte, legte sie den Deckel wieder auf die Schachtel und eilte so schnell zu der Couch zurück, dass sie beinahe mit dem Fuß umgeknickt wäre.
    Frédéric trat aus seinem kleinen Arbeitszimmer und schloss die Tür hinter sich.
    »Jetzt bin ich für Sie da«, sagte er mit einem gezwungenen Lächeln.
    Pétronille musterte Frédéric, der sich in den Sessel auf der anderen Seite des Couchtisches setzte. Er wirkte müdeund hatte dunkle Ringe unter den Augen. Dennoch war er ein gut aussehender Mann. Das weiße Hemd spannte sich über Frédérics muskulösem Oberkörper, und die aufgekrempelten Ärmel entblößten seine Arme, die sogar jetzt im Dezember gebräunt waren. Pétronille schoss der Gedanke durch den Kopf, dass sie ihre Hand wegen des verdammten Couchtisches zwischen ihnen nicht auf die seine legen konnte. Sie amtete tief ein.
    »Ich habe an diesem Wochenende gearbeitet und ...«, begann sie.
    »Pétronille«, unterbrach Frédéric sie. »Ich habe heute Morgen mit John Witherspoon gesprochen.«
    Oje, Witherspoon! Den hatte sie ganz vergessen.
    »Oh, es tut mir leid wegen des Termins, aber ich habe andere Informationen ...«
    »Es fällt mir nicht leicht, Ihnen das zu sagen, was ich Ihnen jetzt sagen muss«, unterbrach Frédéric sie erneut. »Und Sie können mir glauben, dass ich es nur schweren Herzens tue ... Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihren Arbeitsvertrag nicht verlängern kann.«
    Pétronille erstarrte. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie brachte kein Wort heraus. Frédéric erklärte ihr mit viel Taktgefühl, dass sie über zahlreiche Qualitäten verfüge. Ihm seien ihre Kreativität und Eigeninitiative sehr wohl aufgefallen, aber dieser Job verlange eben vor allem Disziplin und Zuverlässigkeit. Er senkte den Blick und fügte hinzu, die wirtschaftlichen Umstände erlaubten ihm nicht, sie zu Fortbildungskursen zu schicken, damit sie ihren Aufgaben besser gerecht wurde. Kurzum, die Entscheidung stand unwiderruflich fest.
    »Ich weiß, dass ich eine Kündigungsfrist von einem Monat einhalten muss, was nicht mehr möglich ist, da Ihr Vertrag in zehn Tagen ausläuft. Daher schlage ich vor, Sie für diese zehn Tage bei vollem Gehalt von der Arbeit freizustellen. Ich habe die Papiere schon vorbereitet, und wenn Sie einverstanden sind, müssen Sie nur noch unterschreiben.«
    Er verstummte kurz.
    »Ein Zeugnis für Ihren nächsten Arbeitgeber habe ich auch schon geschrieben. Ich bin sicher, dass Sie keine Probleme haben werden, eine neue Stelle zu finden.«
    Pétronille schluckte. Nur unter großer Mühe vermochte sie die Tränen zurückzuhalten. »Ja, einverstanden«, sagte sie mit trockenem Mund.
    Sie unterschrieben beide die Entlassungspapiere. Frédéric bot an, ihr ein Taxi nach Hause zu bezahlen. Sie vereinbarten, dass sie dem Taxifahrer alle Unterlagen mitgeben würde, die sich noch in ihrer Wohnung befanden. Damit wäre sofort alles erledigt, und sie hätte schon heute Abend frei. Allerdings war sie nun auch arbeitslos, schoss es Pétronille durch den Kopf.
    Sie stand auf. Frédéric drückte ihr herzlich die Hand und bedankte sich für ihre Arbeit. Pétronille ging mit den Papieren und dem Zeugnis in der Hand auf die Tür zu. Als sie auf der Schwelle stand, sprach Frédéric sie noch einmal an.
    »Eine Frage hätte ich noch«, sagte er zögernd. »Über diesen Fabrice Nile haben Sie nichts herausgefunden, nicht wahr?«
    Pétronille schaute ihn an und erkannte plötzlich jene Verletzlichkeit, die sie immer bei ihm vermutet hatte.
    »Nein«, erwiderte sie daher nur.
    Frédéric starrte zu Boden und nickte.
    »Okay. Ihnen alles Gute, Pétronille.«
    Doch Pétronille, die Augen voller Tränen, war schon die Treppe hinuntergelaufen.

Frédéric war wieder allein. Zum ersten Mal in seiner Karriere hatte er jemanden entlassen müssen. Den ganzen Tag hatte er mit der Entscheidung gerungen, denn er schätzte Pétronille sehr. Ihm blieb jedoch keine andere Wahl, da er ihr Gehalt nächsten Monat nicht mehr bezahlen konnte. Und da er niemandem gegenüber eingestehen wollte, dass er in finanziellen Schwierigkeiten steckte, lieferte ihr Versäumnis, John nicht über die Verschiebung des Termins informiert zu haben, einen guten Vorwand. Frédéric hoffte, dass Pétronille es sich nicht allzu sehr zu Herzen nahm. Um sein Gewissen zu beruhigen, stellte er ihr ein erstklassiges Zeugnis aus.
    Es war ihm einigermaßen gelungen, John zu beschwichtigen,

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