Undead 03 - Happy Hour in der Unterwelt
ich mich wie ein Arschloch benommen hatte, dass sie eigentlich auch ein Arschloch sein sollte? Und würdest du bitte nicht die Weltherrschaft übernehmen, das wäre nett?
»Wir sind gerade ein bisschen zerstritten«, kam ich lahm zum Schluss.
»Wenn ich fragen darf, Betsy . . . Ich hoffe, du fühlst dich nicht beleidigt . . . «
»Frag ruhig. Ich bin schließlich in dein Leben geplatzt.«
»Haben sich deine Eltern wegen mir getrennt?«
»Oh, nein, ganz und gar nicht«, versicherte ich ihr. Dann gab ich zu: »Nun, vielleicht. Ein bisschen. Aber es war nicht dein Fehler. Du warst ja nur ein Fötus. Aber ich denke, als meine Mutter den Beweis hatte, dass mein Vater sie betrog, ist alles irgendwie den Bach runtergegangen.«
»Oh.« Sie blickte auf ihren Schoß. »Ich weiß nicht, wie ich mich dabei fühlen soll. Es tut mir leid, dass mein leiblicher Vater untreu war, aber wäre er es nicht gewesen . . . «
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»Mach dir keine Gedanken«, riet ich ihr, ganz wie eine große Schwester. »Glaub mir, du wirst noch zu oft im Leben Anlass für ein schlechtes Gewissen haben, als dass du dich verantwortlich für etwas fühlen solltest, das nicht deine Schuld war.«
Sie sah von ihren Händen auf und lächelte wieder. »Ich finde wirklich . . . Oh, mein Gott, wer ist das?«
Ich sah auf. Eric Sinclair hatte das Café betreten, aber nicht um Kaffee zu bestellen, davon ging ich aus. Jetzt erst bemerkte ich, dass, während Laura und ich geplaudert hatten, die Sonne untergegangen war.
»Das ist mein . . . « Ich sah, wie schön Laura war, wie sie Sinclair mit großen Augen bestaunte und wie uninteressiert Sinclair sich seit Kurzem an mir zeigte, und sagte es: »Mein Freund.« Obwohl das nicht korrekt war. Das Buch der Toten sagte, dass er mein Gemahl war, mein Ehemann, mein König. Ich hatte immer genau das Gegenteil gefühlt, nämlich dass er mir nichts bedeutete – nur ein Vampir unter vielen in einer Stadt voller verdammter Blutsauger.
»Er ist dein Freund?«
»Jawohl, das ist mein Schatz. Wir gehen fest miteinander.«
Ich grub mir mit meinem Geplappere selber eine dicke, fette Grube. Aber ganz egal wie nett Laura war, ich wollte nicht, dass des Teufels Tochter dachte, der König der Vampire wäre zu haben. Und vice versa.
»Elizabeth.« Plötzlich tauchte Sinclair wie aus dem Nichts neben unserem kleinen Tisch am Fenster auf. Ich zuckte erschrocken zusammen und hätte fast meinen Kaffee gegen die Fensterscheibe geschüttet. Er hielt einen großen Styroporbe-128
cher mit einem Strohhalm im Deckel, der nach Erdbeeren roch. Der Mann war verrückt nach Smoothies.
»Hi, Sin. . . Eric. Eric, das ist meine Schwester Laura. Laura, das ist . . . «
Er zog eine Augenbraue hoch.
»Eric«, brachte ich endlich heraus. Die Pause war doch nicht etwa peinlich gewesen, oder?
»Angenehm«, sagte er.
»Hallöle«, sagte sie und starrte ihn wie geblendet an. Sie schüttelte seine Hand und schnappte wieder nach Luft. »Junge, du hast ja auch eiskalte Hände! Ihr passt wirklich prima zusammen.«
»So ist es!«, sagte ich. »Deswegen passen wir perfekt zusammen: Beide haben wir kalte Extremitäten. Laura und ich haben uns eine Menge zu erzählen, Eric.«
»Setz dich doch zu uns. Geht ihr schon lange miteinander?«
Sinclair zog eine Augenbraue hoch. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Wir hatten schon so einiges miteinander angestellt, aber nichts davon würde man wohl als »miteinander gehen«
bezeichnen können. »Sechs Monate«, sagte er und setzte sich.
Und nach einer Pause fuhr er fort: »Du riechst nach Keksen.«
»Sie benutzt Vanilleextrakt anstatt Parfum«, erklärte ich.
»Das ist besser für unsere Freunde, die Tiere.«
»Oh, ja, unsere Freunde, die Tiere.« Er schien meine Worte kaum zur Kenntnis zu nehmen. »Sieh mal an, Laura Goodman.
Was für ein entzückender Name für eine entzückende junge Dame.«
»Eric ist alt«, warf ich ein. »Wirklich uralt.«
»Äh . . . echt?«, fragte Laura. »Du siehst nicht älter aus als Mitte dreißig.«
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»Unzählige chirurgische Eingriffe. Er ist süchtig nach Schönheits-OPs«, und als beide mich merkwürdig ansahen, fügte ich trotzig hinzu: »Ich versuche gerade, einen Therapieplatz für ihn zu bekommen.«
»Eben gerade habe ich zu Betsy gesagt, dass meine Eltern sie gerne kennenlernen würden, und du musst unbedingt mitkommen.«
»Mit Vergnügen, Laura.«
»Ja«, sagte ich und betrachtete die beiden, wie sie sich über ihre Kaffeebecher hinweg anstarrten. »Das
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