Undead 03 - Happy Hour in der Unterwelt
dabei sein kann. Ich glaube, er ist immer noch ganz schön sauer auf 120
mich. Das kann ich ihm natürlich nicht übel nehmen. Oder dir«, fügte ich hastig hinzu. »Irgendwie scheint es mir nicht zu gelingen, mich mit euch zu versöhnen. Mit euch beiden.
Es ist komisch, es nervt mich, dass er so kühl und distanziert ist. Und es nervt mich, dass es mich nervt. Ich weiß nicht, wie ich mich entschuldigen soll, und ich kann nicht so tun, als sei nichts passiert. Ich glaube . . . ich glaube, ich sollte mich einfach auf andere Dinge konzentrieren. Oh, meine Mutter hat mich übermorgen zum Abendessen eingeladen und sie würde sich freuen, wenn du auch kämst. Wenn du willst.«
Stille.
Ich stellte das Babyfon ab und ging ins Bett.
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Zwei Minuten nach fünf schwebte die Teufelsbrut – Laura Goodman, ein College Girl aus Dinkytown – bei Dunn Brothers herein. Sie winkte mir zu, hielt an, um kurz mit dem Mann hinter der Bar zu sprechen (der bei ihrem Anblick sabberte wie ein Hund, wie ich nicht umhinkonnte zu bemerken . . . ), und kam dann an meinen Tisch.
»Es tut mir leid, dass ich zu spät bin.« Sie rang nach Luft und schüttelte mir die Hand. »Wirklich, wirklich leid. Haben Sie lange gewartet? Es tut mir leid.«
»Kein Problem, Laura. Meiner Uhr nach sind Sie pünktlich.«
Sie wirkte so ernsthaft zerknirscht, dass ich mich verpflichtet fühlte, sie zu beruhigen. »Setzen Sie sich doch.«
»Danke. Mein Kakao kommt gleich.«
»Die harten Sachen sind nichts für Sie, was?«, fragte ich und zeigte auf meinen Espressomitextravielschokoladenpul-verundextravielschaum.
»Oh, ich versuche kein Koffein nach dem Mittagessen zu mir zu nehmen«, antwortete sie. »Ich muss morgens früh aufstehen.«
»Also arbeiten Sie auch?«
»Auch? Ach ja, richtig.« Sie lächelte mich an. Kein Grinsen, kein Feixen, sie hob noch nicht mal eine Augenbraue. Es war einfach ein nettes Lächeln. »Sie sind mir gestern fast den ganzen Abend gefolgt.«
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»Nun . . . ja, das stimmt«, gab ich zu. »Ich nehme an, es ist müßig, das abstreiten zu wollen.«
»Mein Vater sagt, dass Lügner irgendwann ihre eigenen Lügen glauben müssen. Also ist es vermutlich gut, dass Sie die Wahrheit sagen.«
»Ja . . . Ihr Vater. Äh . . . hören Sie, deswegen . . . «
Sie lehnte sich vor, nahm meine Hand in ihre und ließ sie dann wieder los. »Donnerwetter, Ihre Hand ist aber kalt! Sie sollten noch etwas Warmes trinken.«
»Tut mir leid. Ich habe einen schwachen Kreislauf.«
»Nein, mir tut es leid. Ich hoffe, ich habe Sie nicht verletzt.
Ich hätte nicht so damit herausplatzen sollen.«
»Machen Sie sich darüber keine Sorgen, Laura.« Sie war zu nett, um wahr zu sein! Die für Minnesota typische Freundlich-keit war eine Sache, aber sie war eine Klasse für sich. »Hören Sie«
Sie lehnte sich vor und ihr perfektes, wunderschönes Gesicht hellte sich auf. »Es geht um meine Familie, nicht wahr? Meine leibliche Familie.« Sie machte eine Pause und fuhr dann fort. »Pardon, dass ich Sie unterbrochen habe.«
Ich blinzelte überrascht. »Woher wissen Sie das?«
»Nun.« Der Barmann brachte ihr eine weiße Kaffeetasse, so groß wie mein Kopf, bis zum Rand mit Sahne gefüllt und mit Schokoladensirup verziert. Sie lächelte zu ihm hoch und legte die Hände um den größten Kakao der Welt. »Gestern Abend, als Sie gegangen waren, habe ich über Sie nachgedacht. Und Sie sind groß, so wie ich, sogar noch einige Zentimeter größer.
In meinem ganzen Leben habe ich noch keine Frau getroffen, die größer war als ich. Und Sie sind blond und wir haben 123
beide hellblaue Augen . . . und Sie sind so geheimnisvoll und trotzdem nett . . . das hat mich nachdenklich gemacht.«
»Also wissen Sie, dass Sie . . . adoptiert sind?«
»Ja, natürlich. Mama und Dad haben mir alles darüber erzählt, wie sie aus allen Babys der Welt ausgerechnet mich ausgesucht haben.« Die glückliche Erinnerung ließ sie wieder lächeln. »Gott hat mich ihnen gebracht.«
»Richtig.« Gott. Aha. »Nun, ich habe erst kürzlich . . . diese Woche . . . von Ihnen erfahren und habe ein bisschen Detektiv gespielt.« Zusammen mit ein paar Vampiren. Und einem gewissen dunklen Buch, das in Menschenhaut gebunden ist.
Nein, kein Chemiebuch. »So habe ich Sie gefunden und . . .
ich weiß auch nicht.« Tatsächlich wusste ich nicht, worauf ich hinauswollte. »Ich wollte dich einfach treffen und dann vielleicht . . . «
»Du bist meine Schwester,
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