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Undercover

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Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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vorfahren hört. Dann klingelt ihr Handy.
    »Ich bin’s.« Wins unwiderstehlicher Bariton. »Machen Sie auch Führungen? Ich stehe direkt vor Ihrem Angeber-Truck.«
    Stump zieht die Latexhandschuhe aus und öffnet die Hecktür. Win steigt die Stufen hinauf und schaut blinzelnd in das helle Licht, als sie ihn hereinlässt. Stump schließt die schweren Türen, wirft die benutzten Handschuhe in hohem Bogen in den Müll und zieht ein neues Paar aus der Packung.
    »Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«, fragt sie.
    »Bei Ihnen gab’s heute einen Banküberfall, schon vergessen?« Win rückt nahe an die Arbeitsfläche heran, wo Stump sich zu schaffen macht. »Mal überlegen. Sie waren nicht im Laden. Also habe ich die Einsatzleitstelle angerufen und gefragt, wo ich Sie finden kann.«
    »Sie sind unverschämt und dreist. Das finde ich nicht lustig.« Stump zieht die Latexhandschuhe über.
    »Was haben Sie da?«
    Wenn es eines gibt, was Stump nicht ausstehen kann, dann ist es ein Mann, der so perfekt ist, dass er Werbung für Calvin-Klein-Unterhosen machen könnte, und als wäre das nicht schon ärgerlich genug, bildet sich dieser Kerl auch noch ein, mit seinem Charme jeden um den Finger wickeln zu können. Tja, diese zähe alte Krähe aber nicht. Außerdem tut sie ihm nur einen Gefallen, wenn sie ihn wegjagt.
    »Gar nichts habe ich«, sagt sie gereizt. »Es ist, als würde er Handschuhe tragen, nur dass ich genau weiß, dass das nicht stimmt.«
    »Wirklich nicht? Ganz sicher?« Win kommt näher.
    Sie kann ihn riechen. Den Hauch eines würzigen, männlichen Aftershave. Wahrscheinlich teuer, so wie alles an ihm.
    »Das wird Sie jetzt bestimmt schockieren«, sagt Stump. »Aber ich erkenne Handschuhe, wenn ich sie vor mir habe.« Sie spult das Videoband der Überwachungskamera zurück und sagt: »Sehen Sie selbst!«
    Die gläserne Tür der Bank öffnet sich. Ein Weißer - könnte auch ein Latino sein -, er verhält sich normal, völlig entspannt, trägt eine weite blaue Jogginghose, Sonnenbrille, dunkles Haar, eine tief in die Stirn gezogene Baseballkappe der Red Sox. Er weiß, wo die Kameras sind, und ist klug genug, sein Gesicht zur Seite zu wenden. Keine weiteren Kunden anwesend. Drei Schalter, einer besetzt, eine junge Frau. Der Bankräuber kommt lächelnd näher, schiebt ihr den Zettel zu. Sie starrt auf die Nachricht, berührt sie nicht, Panik im Gesicht. Nestelt an der Geldschublade, steckt das Geld in eine Sicherheitstasche. Er läuft nach draußen.
    »Noch mal die Hände.« Win beugt sich zu Stump hinüber.
    Sie spult den Film zurück und hält ihn an, damit Win einen Blick auf die Hände des Bankräubers werfen kann, als er den Zettel unter dem Schalterfenster hindurchschiebt. Stump spürt Wins Nähe, es ist, als würde er die Luft erwärmen.
    »Keine Handschuhe«, stimmt er zu. »Bei den anderen Überfällen auch nicht?«
    »Bisher nicht.«
    »Das ist sonderbar.«
    Der Zettel vom heutigen Fall liegt auf sauberem Fleischerpapier auf der Arbeitsfläche. Win betrachtet ihn lange, als würde er eine ganze Buchseite lesen, nicht nur die schlichten neun Wörter, die der Bankräuber auf jedes Blatt schreibt:
    GELD IN TASCHE PACKEN. SOFORT! ICH HABE EINE PISTOLE.
    Stump erklärt: »Sauber mit Bleistift auf ein zehn mal fünfzehn Zentimeter großes Blatt weißes Papier geschrieben, aus einem Notizblock gerissen. Genau wie in den anderen drei Fällen.«
    »Watertown, Somerville, jetzt Belmont«, sagt Win. »Gehören alle zu FRONT, anders als Cambridge, das Ihrem Privatclub noch nicht beigetreten ist, und …«
    »Und was glauben Sie, woran das liegt?«, unterbricht Stump ihn. »Lamonts Hauptquartier ist in Cambridge, und Harvard ist praktisch ihr Privatclub. Harvard wiederum besitzt fast ganz Cambridge. Ob das wohl etwas damit zu tun hat, dass Cambridge nicht bei FRONT mitmacht und uns auch nie beitreten wird?«
    »Ich wollte noch hinzufügen, dass der Bankräuber auch noch nicht in Boston zugeschlagen hat«, sagt Win. »Was mir durch den Kopf geht, ist Folgendes: Watertown, Somerville und Belmont grenzen an Cambridge. Und Boston ist auch ganz in der Nähe. In Cambridge gibt es jede Menge Banken, von Boston ganz zu schweigen, und trotzdem meidet der Bankräuber diese Orte. Reiner Zufall?«
    »Vielleicht sind die als Nächstes dran?« Stump hat keine Ahnung, worauf Win eigentlich hinauswill. »Wenn es so ist, wird meine Wenigkeit wohl kaum damit zu tun bekommen, denn die Cops aus Cambridge und Boston führen ihre eigene

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