Undercover
ich noch nie gemacht. Und dieses Szenario ist erniedrigend.«
»Den eigenen Ausschnitt auf der Damentoilette prüfen vielleicht nicht?«
»Sie haben gerade etwas anderes gesagt. Sie haben gesagt, es wäre attraktiv. Es wäre bestechend und würde den Leuten in Erinnerung rufen, dass ich eine begehrenswerte Frau bin und kein kaltblütiger Tyrann.«
»Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für Sturheit«, warnt der Gouverneur. »Sie haben keine drei Jahre mehr, bis die Wahlkampfmaschinerie wieder anläuft. Es hat eigentlich schon längst begonnen.«
»Weshalb ich wiederholt darum gebeten habe, mit Ihnen über die Angelegenheit zu sprechen.« Lamont ergreift ihre Chance. »Über eine Initiative, die Sie bestimmt interessieren wird.«
Sie öffnet ihre Aktentasche und holt eine Zusammenfassung des Janie-Brolin-Falls heraus. Reicht sie dem Gouverneur.
Er überfliegt sie und sagt mit einem Kopfschütteln: »Mir ist egal, ob Win - wie heißt er noch gleich - den Fall löst.
Wir reden hier von Titelblättern für ein, vielleicht zwei Tage. Wenn gewählt wird, ist das alles längst vorbei, falls sich überhaupt noch jemand daran erinnert.«
»Es geht nicht um einen einzelnen Fall, sondern um etwas viel Größeres. Ich muss darauf hinweisen, dass das noch nicht an die Öffentlichkeit gelangen darf. Auf gar keinen Fall. Ich ziehe Sie ins Vertrauen, Howard.«
Er faltet die Hände auf dem Schreibtisch. »Ich wüsste nicht, warum ich es öffentlich machen sollte, wenn es mich nicht interessiert. Ich bin eher daran interessiert, Ihnen bei Ihrer Selbstzerstörung zu helfen.«
Eine sehr doppeldeutige Aussage.
»Deshalb habe ich mir die Zeit genommen, Ihnen Ratschläge zu erteilen«, fährt er fort. »Um dem einen Riegel vorzuschieben.«
In Wahrheit möchte er ihr gern einen Riegel vorschieben. Er hat sie schon immer verachtet und sie bei der letzten Wahl nur aus einem sehr einfachen Grund unterstützt. Die Republikaner mussten so viele Sitze wie möglich erobern, vor allem den Gouverneursposten, und das war nur zu bewerkstelligen, indem die demokratische Partei in letzter Minute durch Lamonts Ausstieg geschwächt wurde. Ihr Rückzug aus »persönlichen Gründen« war reines Theater. Tatsächlich traf Lamont mit Mather eine Verabredung, die einzuhalten er keinerlei Absicht hat, wie ihr inzwischen klar ist. Nie wird sie es zur republikanischen Senatorin oder Kongressabgeordneten bringen, vor allem aber nie seinem Kabinett angehören, sollte er irgendwann sein Ziel erreichen, das Präsidentenamt. Lamont ist auf seine Winkelzüge hereingefallen, weil sie seinerzeit nicht klar denken konnte.
»Ich möchte, dass Sie mir zuhören«, sagt der Gouverneur. »Das ist ein dummes, kindisches Unterfangen. Noch mehr schlechte Presse können Sie nicht gebrauchen. Sie haben schon genug für ein ganzes Leben.«
»Sie kennen den Fall doch gar nicht. Dann hätten Sie eine andere Meinung.«
»Nun, dann beginnen Sie mit Ihrem Eröffnungsplädoyer. Ändern Sie meine Meinung!«
»Es geht hier nicht um einen fünfundvierzig Jahre alten ungelösten Mord«, sagt sie. »Es geht darum, uns mit Großbritannien zu verbünden, um eine der berüchtigtsten Verbrechensserien aller Zeiten aufzuklären: die Morde des Boston Strangler.«
Der Gouverneur verzieht das Gesicht. »Was hat denn Großbritannien mit einer Blinden zu tun, die in Watertown vergewaltigt und ermordet wurde? Was hat Großbritannien bitte schön mit dem Boston Strangler zu tun?«
»Janie Brolin war britische Staatsbürgerin.«
»Wen interessiert das? Sie war schließlich nicht die Mutter von Bin Laden!«
»Sie wurde höchstwahrscheinlich vom Boston Strangler ermordet. Scotland Yard ist an dem Fall interessiert. Sehr interessiert. Ich habe mit dem Polizeichef gesprochen. Ausführlich.«
»Na, das ist ja kaum zu glauben. Warum sollte er ans Telefon gehen, wenn irgendeine Staatsanwältin aus Massachusetts anruft?«
»Vielleicht weil er hinter seiner Arbeit steht, weil er selbstsicher ist«, gibt Lamont zurück. »Und weil er im Hinterkopf hat, dass es sehr zum Vorteil Großbritanniens und der Vereinigten Staaten ist, jetzt eine neue Partnerschaft aufzubauen, da es einen neuen Premierminister gibt und hoffentlich bald auch einen neuen Präsidenten, der nicht…«
Ihr fällt ein, dass sie jetzt Republikanerin ist und auf ihre Wortwahl achten sollte.
»Partnerschaft bezüglich des Vorgehens im Irak, gegen Terroristen, das ja«, erwidert Mather. »Aber beim Boston Strangler?«
»Ich
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