Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Undercover

Undercover

Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
versichere Ihnen, dass Scotland Yard ganz begeistert ist und sich extrem engagiert. Ich würde keinen Druck machen, wenn es sich nicht so ergeben hätte.«
    »Ich kann trotzdem kaum glauben …«
    »Hören Sie, Howard! Die Ermittlung läuft. Es ist längst so weit. Die außergewöhnlichste Strafrechtskoalition aller Zeiten. Großbritannien und Amerika kämpfen gemeinsam, um ein furchtbares Unrecht wiedergutzumachen, das gegen eine hilflose blinde Frau verübt wurde - ein Niemand in einer nichtssagenden Stadt namens Watertown.«
    »Also wirklich, die ganze Sache ist lächerlich.« Doch der Gouverneur kann sein Interesse nicht verhehlen.
    »Wenn mein Plan erfolgreich ist - und das wird er sein -, ernten Sie die Meriten dafür. Die Öffentlichkeit erfährt, dass Sie für Gerechtigkeit eintreten und ein großes Herz haben. Außerdem sichert es Ihnen internationale Beachtung. Sie werden der Mann des Jahres in Time.«
    Eher friert die Hölle zu, als dass Lamont ihm diesen Triumph gönnt. Und wenn jemand zum Mann des Jahres gewählt wird, dann sie.
    »So verlockend die Vorstellung auch sein mag, dass dieses blinde britische Mädchen vom Boston Strangler ermordet wurde«, sagt der Gouverneur, »kann ich nicht sehen, wie Sie das beweisen wollen.«
    »Es kann nicht widerlegt werden. Das sichert uns den Erfolg.«
    »Hoffentlich haben Sie recht«, warnt Mather. »Wenn es zu einer peinlichen Nummer wird, werden Sie allein dafür geradestehen. Nicht ich.«
    »Deshalb dürfen wir damit jetzt auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gehen«, wiederholt Lamont.
    Er wird es direkt an die Presse weitergeben.
    »Wir gehen erst an die Öffentlichkeit, wenn wir erfolgreich sind«, sagt sie.
    Er wird keine Minute warten.
    »Was, wie gesagt, der Fall sein wird«, fügt sie hinzu.
    Natürlich versteht er die versteckte Botschaft. Lamont liest Mathers Gedanken in seinen glänzenden Knopfaugen. Dieser feige, oberflächliche Tölpel! Er wird dafür sorgen, dass die Medien über das Thema herfallen, weil er in seinem beschränkten Hirn hofft, dass Lamont sich nicht davon erholen wird, wenn diese Initiative, ihr letzter Strohhalm, erfolglos ist. Hat sie Erfolg, wird er anschließend vor die Kameras treten und die Lorbeeren ernten. Das wird allerdings nur dazu führen (und genau das übersieht er), dass er sich als unehrlicher, zynischer Politiker entlarvt. Schließlich wird am Ende Lamont als einziger Sieger aus alldem hervorgehen, darauf kann er sich verlassen.
    »Sie haben recht«, sagt der Gouverneur. »Halten wir es fürs Erste geheim, warten wir, bis Tatsachen geschaffen wurden.«
     
    Revere Beach Parkway. Auf dem Weg nach Chelsea fahren Win und Stump an Richie’s Slush vorbei. Das Dach ist gestreift wie ein Zuckerstab.
    »Nicht zu verwechseln mit Chelsea in London«, sagt Stump.
    »Ist das wieder so eine literarische Anspielung von Ihnen?«, fragt Win.
    »Nein, nur ein schöner, hipper Stadtteil von London.«
    »War ich noch nie.«
    Chelsea in Massachusetts liegt zwei Meilen vor Boston und gehört zu den ärmsten Gemeinden des Bundesstaats. Es hat eine der höchsten Raten illegaler Einwanderer und die höchste Verbrechensquote. Vielsprachig, multikulturell, dichtbesiedelt und heruntergekommen. Die Menschen schlagen sich so durch, und ihre Streitigkeiten enden oft im Knast oder sogar mit dem Tod. Eine Plage sind die Jugendbanden. Sie rauben, vergewaltigen und töten einfach so zum Spaß.
    »Ein Beispiel dafür, was passiert, wenn Menschen nicht mehr miteinander reden können«, sagt Stump. »Ich habe irgendwo gelesen, dass hier neununddreißig Sprachen gesprochen werden. Die Menschen können nicht miteinander kommunizieren, mindestens ein Drittel sind Analphabeten. Sie verstehen irgendetwas falsch, und ehe man sich’s versieht, wird der Nächste zusammengeschlagen, erstochen, erschossen, überfahren. Sprechen Sie Spanisch?«
    »Nur ein paar Brocken«, sagt Win.
    Die Umgebung wird immer verfallener, ein Block heruntergekommener Häuser nach dem anderen, Gitter vor den Fenstern, viele Geschäfte, die Schecks einlösen, viele Autowaschanlagen. Immer tiefer fährt Stump in das düstere, deprimierende Herz der Stadt, während ihr das am Rückspiegel baumelnde Navi befiehlt, hier oder da abzubiegen. Sie gelangen in ein Industriegebiet, das zur Blütezeit der Gangs der ideale Lagerplatz für Leichen war, eine verwahrloste, schaurige Quadratmeile rostender Hütten, Lagerhäuser, Müllkippen. Manche Firmen gehen sogar rechtmäßig ihren Geschäften

Weitere Kostenlose Bücher