Undercover
konservative, familiäre Werte verkörpern. Sie durchsetzen, dafür kämpfen. Gegen Abtreibung, gegen die Homo-Ehe, gegen Erderwärmung, gegen Stammzellenforschung … nun ja …« Er klopft leicht seine Fingerspitzen gegeneinander. »Ich habe nicht darüber zu urteilen, und mir ist es egal, was andere mit ihrem Privatleben anstellen.«
»Niemandem ist es egal, was andere privat so tun.«
»Ich bin sicherlich nicht naiv, wenn es um traumatische Erfahrungen geht. Sie wissen ja bestimmt, dass ich in Vietnam gedient habe.«
Lamont hat nicht damit gerechnet, dass er diese Richtung einschlagen würde. Sie geht in Abwehrstellung.
»Nach dem, was Sie durchgemacht haben, liegt es auf der Hand, dass Sie anschließend das Gefühl hatten, etwas beweisen zu müssen«, fährt der Gouverneur fort. »Aggressivität, Verbitterung, Zielstrebigkeit, vielleicht ein wenig aus dem Gleichgewicht geraten. Angst vor zu großer Nähe.«
»Mir war nicht klar, Howard, dass Vietnam diese Folgen bei Ihnen hatte. Es macht mich traurig, zu wissen, dass Sie Angst vor zu großer Nähe haben. Wie geht es übrigens Nora? Ich kann mich immer noch nicht daran gewöhnen, dass sie nun die First Lady ist.« Diese plumpe alte Hausfrau mit dem IQ einer Muschel.
»Ich wurde in Vietnam nicht sexuell missbraucht«, sagt der Gouverneur sachlich. »Aber ich kannte Kriegsgefangene, denen das passierte.« Er blickt zur Seite, wie Gouverneur Phips auf dem Gemälde. »Man hat Mitleid mit Ihnen, Monique. Nur ein Unmensch ließe sich nicht von diesem schrecklichen Ereignis im letzten Jahr rühren.«
»Ereignis?« Zorn flackert in ihr auf. »Was da passiert ist, nennen Sie ein Ereignis?«
»Aber in Wahrheit«, fährt Mather freundlich fort, »sind den Leuten unsere Probleme, unser Unglück, unsere Tragödien scheißegal. Sie hassen Schwäche. Das liegt in der Natur des Menschen. Das ist ein animalischer Instinkt. Wir mögen auch keine Frauen, die zu sehr wie Männer sind. Stärke und Mut in gewissem Maß sind in Ordnung, solange sie auf eine, sagen wir mal, weibliche Weise Niederschlag finden. Ich will damit sagen, dass dieses Video auf YouTube eigentlich ein Geschenk des Himmels ist. Sich vor dem Spiegel schminken. Sich auf eine Weise hübsch machen, die Männer anziehend finden und Frauen nachvollziehen können. Genau das Image, das Sie jetzt brauchen, um dem stärker werdenden Sog unglücklicher Spekulationen zu entrinnen, der Zwischenfall könne Sie als potenzielle Leitfigur beschädigt haben. Sicher, anfangs weckten Sie viel öffentliche Sympathie und Bewunderung, aber jetzt bewegt sich die Meinung schnell in die entgegengesetzte Richtung. Sie wirken einfach zu distanziert, hart, berechnend.«
»Das wusste ich nicht.«
»Die Gefahren des Internets liegen auf der Hand«, fährt der Gouverneur fort. »Jeder kann buchstäblich alles sein - Journalist, Autor, Nachrichtensprecher, Filmproduzent. Der Vorteil ist ebenso deutlich. Menschen wie wir haben dieselben Möglichkeiten. Wir können den Spieß einfach umdrehen. Diese selbsternannten … Wenn ich das Wort sagen würde, das mir auf der Zunge liegt, wäre ich so vulgär wie Richard Nixon. Vielleicht überlegen Sie mal, selbst ein Video zu machen und es anonym reinzustellen. Dann lassen Sie alle eine Weile spekulieren, und schließlich übernimmt irgendein Computerfreak die Verantwortung dafür.«
Genau so macht es Mather nämlich. Das hat Lamont schon vor längerer Zeit herausbekommen.
»Was für ein Video?«, fragt sie.
»Keine Ahnung. Gehen Sie mit einem gutaussehenden Witwer, der noch kleine Kinder hat, zur Kirche. Sprechen Sie gefühlvoll vor der Gemeinde, erzählen Sie von Ihrem Sinneswandel - irgendein Erlebnis, das Sie vom Saulus zum Paulus machte -, dass Sie jetzt leidenschaftlich für das Leben kämpfen und einen Verfassungszusatz befürworten, der die Homo-Ehe verbietet. Sprechen Sie vom Elend der Menschen und Tiere, die vom Hurrikan >Katrina< vertrieben wurden. Dann vergessen die Leute, dass Sie Waisenkinder unterstützen, die keine Amerikaner sind.
So was wird so gut wie nie bei YouTube reingestellt. Es muss ein unbeobachteter Moment sein, irgendetwas Peinliches, Umstrittenes, Heldenhaftes oder Witziges. Wie diese Bulldogge auf dem Skateboard … Egal«, fährt der Gouverneur ungeduldig fort. »Stolpern Sie, wenn Sie von der Kanzel steigen. Vielleicht eilt ein Helfer oder besser noch der Pastor selbst herbei und fasst Ihnen versehentlich an die Brust.«
»Ich gehe nicht in die Kirche. Hab
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