Undercover Lover
Tara
Kaylin betrat zögernd die Bar und alles schien wie immer. Die Angestellten bereiteten alles vor, plauderten und scherzten miteinander. Tara warf gleich drei Schmerztabletten in das sprudelnde Glas Wasser vor sich und rieb sich stöhnend die Schläfen.
„Ich werde nie wieder einen Tropfen trinken.“
Lenny, der gerade die letzten Spuren der Feier beseitigte, lachte auf.
„Das sagst du jedes Mal.“
„Aber diesmal meine ich es.“
Als Kaylin sich bemerkbar machte, verstummten abrupt die Gespräche und das Lachen erstickte. Die Angestellten sahen ihre Chefin verwundert an, als wäre sie völlig fehl am Platz.
„Was ist? Bin ich grün im Gesicht? Hab ich ein Stück Klopapier im Rock hängen?“
Der Scherz wirkte nicht, statt Gelächter sah sie in Augen voller Bedauern und Mitleid.
„Oh, kommt schon, Leute, tut mir das jetzt nicht an. Es ist schwer genug, damit fertig zu werden. Wenn ihr mich wie ein rohes Ei behandelt, dann fühle ich mich wirklich schlecht.“
Mel kam auf sie zu, umarmte sie.
„Sorry, dass ich gestern nicht dabei sein konnte.“
„Du warst krank.“
„Trotzdem fühl ich mich schlecht.“
Kaylin hob beide Hände.
„OKAY! Alle mal herhören. Eric ist tot, und er wird uns unsagbar fehlen. Aber die Welt bleibt deswegen nicht einfach stehen, auch wenn es sich so anfühlt. Er hätte gewollt, dass wir weitermachen und uns darauf konzentrieren, dass alles so läuft wie immer. Ich brauche das jetzt. Ich brauche diese Normalität, sonst verliere ich den Boden unter den Füßen. Ich hab es satt, all fünf Minuten in Tränen auszubrechen, nur weil ich etwas sehe, was mich an ihn erinnert. Ich möchte eure fröhlichen, lachenden Gesichter wiedersehen.“
Sie hielt inne und starrte auf die gegenüberliegende Wand hinter der Theke. Erics Urne stand dort, neben einem Foto von ihm. Ein tiefer Atemzug half ihr dabei, gegen die aufsteigenden Tränen anzukämpfen. Lenny blieb hinter ihr stehen, knetete sanft ihre Schultern und lächelte auf seine typisch schottische Art.
„Ich dachte, da wäre ein guter Platz. Wenn es dir nicht gefällt …“
Weiter kam er nicht. Sie fiel ihm um den Hals und drückte ihn dankbar an sich. Gerührt von so viel impulsiver Heftigkeit, schluckte er. Kaylin trat einen Schritt zurück, straffte ihre Schultern und wischte sich mit den Handballen über die Wangen.
„Okay, das war es, was ich euch sagen wollte. Es wäre schön, wenn ihr einfach dabei helft. Es wäre in seinem Sinne.“
Hinter der Tür des Büros polterte es leise. Kaylin hatte es nicht mehr betreten, seit die beiden Polizisten ihr die Nachricht von Erics Tod überbracht hatten. Tara schob den Kopf unter der Durchreiche der Küche durch.
„Die beiden Bullen sind wieder aufgekreuzt und durchsuchen das Büro. Ich glaube, du solltest lieber nicht da rein gehen.“
Sie tat es dennoch und öffnete die Tür. Fassungslos über das Chaos, das Waters und Williams in Erics Büro verbreitet hatten, ballte sie die Fäuste. Eric hatte Unordnung gehasst, und das hier wirkte wie mutwillige Zerstörung. Kaylin stand kurz davor, laut loszuschreien. Waters sah von einem Aktenstapel hoch und kam direkt auf sie zu.
„Ms Delany, verzeihen Sie diese Unordnung, aber ich hätte da noch ein paar Fragen an Sie.“
Tara stand in der Tür und prallte zurück, als Kaylins wütender Blick sie traf.
„Wie konntet ihr das zulassen?“
„Sie haben einen Durchsuchungsbefehl. Sorry, Sweets, wir haben nicht damit gerechnet, dass du heute überhaupt herkommen würdest.“
„Das ist meine verdammte Bar, und das hier ist Erics Reich.“
„Ms Delany, ich sagte schon, es tut mir aufrichtig leid, aber wir tun alles in unserer Macht stehende, um den Mörder ihres Bruders zu finden.“
„Warum durchsuchen Sie dann das Büro?“
„Wir werden uns nicht länger als nötig hier aufhalten. Würden Sie sich bitte setzen?“
Während Williams weiter die Akten durchforstete, was Kaylin noch immer nervös machte, setzte Waters sich ihr gegenüber in den Sessel, der Eric gehört hatte. Sie funkelte ihn wütend an, doch er überging ihren bösen Blick.
„Ms Delany, wir haben etwas gefunden.“
Sie horchte sofort auf, in der Hoffnung endlich zu erfahren, wer der Mörder sein könnte.
„Haben Sie an ihrem Bruder in der letzten Zeit Veränderungen festgestellt?“
„Wie meinen Sie das?“
„Wirkte er nervös, gehetzt oder unkonzentriert?“
Sie schüttelte den Kopf, versuchte gedanklich, irgendeinen Sinn in der
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