Undercover Lover
weg?“
Kaylin nickte und nahm einen tiefen Atemzug.
„Alles.“
Tara riss die Augen auf, blickte auf den Claddagh-Ring, den Kaylin ihr zur Erinnerung an Eric geschenkt hatte. Ihr Großvater hatte ihn einst getragen und vor seinem Tod an Eric gegeben. Kaylin lachte kalt auf.
„Dass er den nicht auch noch verhökert hat, wundert mich.“
Sie betrachtete das Gegenstück an ihrem Mittelfinger, den einstigen Ehering ihrer Großmutter. Zwei Hände, die ein gekröntes Herz hielten. Das Herz, Symbol für die Liebe, bestand aus einem lupenreinen Smaragd. Die Hände standen für Vertrauen und die Krone für Treue und Loyalität. Diese Ringe waren sehr alt, sehr wertvoll und wurden gemäß der irischen Tradition von Generation zu Generation weitergegeben. Kaylin sah ihrer Freundin an, dass sie einlenken wollte.
„Ich weiß, über Tote spricht man nicht schlecht.“
Sie warf die Hände in die Luft und seufzte.
„Was mach ich jetzt? Wir sind praktisch pleite. Eric hat alles verkauft, was wir besessen haben. Ich kann froh sein, dass er noch nicht auf die Idee gekommen ist, die Bar zu veräußern. Tara, ich kann mir nicht einmal die Löhne für Mel, Lenny und Jenny leisten. Geschweige denn, dass ich dich bezahlen kann. Aber was mich richtig trifft, ist, dass er verdammt noch mal nichts gesagt hat! Wir hätten doch eine Lösung finden können. Wir hätten ihm helfen können.“
Kaylins Blick wanderte durch die Gaststube.
„Wir haben erst vor zwei Jahren den Nachtclub dazugebaut. Den stottern wir noch immer ab. Wenn ich die Raten nicht an die Bank bezahle, dann …“
Tara nickte, drehte den Ring an ihrem Daumen.
„Die sind wertvoll, hast du gesagt.“
Sie hob ihren Blick und sah Kaylin direkt an, zog den Claddagh-Ring von ihrem Finger und legte ihn vor ihre Freundin auf den Tisch.
„Dein Großvater wollte, dass die Bar in der Familie bleibt. Wenn das die Erinnerungen kostet, scheiß drauf. Das hier ist unser Zuhause. Ich würde sogar umsonst hier arbeiten, und das geht den anderen genauso. Mach dir um die Löhne keine Gedanken, wir kommen schon klar.“
Tara stand auf, küsste die Schläfe ihrer Freundin und ließ den Ring zurück, bevor sie in die Küche zurückkehrte. Sie hatte es nicht direkt ausgesprochen, aber die einzige Möglichkeit, die Bar zu behalten und an Geld zu kommen, lag auf dem Tisch. Kaylin fuhr ein Stich ins Herz. Sie legte ihren Claddagh-Ring nie ab und fühlte sich nackt, als sie ihn nun von ihrem Finger zog und neben den des Großvaters legte. Wut mischte sich mit Hilflosigkeit. Es war die einzige Möglichkeit.
Kapitel 5
Pizza und Rotwein auf dem Flachdach von Kaylins Apartmenthaus waren genau das, was er an diesem lauen Sommerabend brauchte. Nevin biss herzhaft in eine Pizzaecke und lehnte sich zurück. Von hier aus konnte man bei klarem Wetter bis zum Meer sehen, doch dafür war es jetzt schon zu dunkel. Die Lichter von Miami breiteten sich unter ihnen aus, und aus einem der offenen Fenster des Gebäudes drang Violinenmusik zu ihnen empor. Kaylin grinste und lehnte sich ebenfalls auf der Zweisitzerbank zurück, die schon hier oben gestanden hatte, als sie eingezogen war, wie sie ihm einmal erzählt hatte.
„Wenn es nicht so kitschig wäre, würde ich behaupten, das ist romantisch.“
Er lachte leise und trank einen Schluck aus der Flasche.
„Besser als ein Drei-Sterne-Menü im Ritz.“
Kaylin zog sich ein Stück Pizza aus der Schachtel, die auf Nevins Beinen lag, und betrachtete das Pizzastück eingehend.
„Dafür hasst dich Tara von Herzen.“
„Ah, die kleine Küchenschabe ist eine verflucht gute Köchin, das muss ich ihr lassen, aber sie wird mich nicht davon abbringen, Alfredos Pizza zu essen. Diese Diskussion verliert sie immer wieder.“
„Dass du mich immer wieder zu Fastfood verführst, findet sie noch schlimmer.“
„Pizza ist kein Fastfood, sondern Soulfood für Weiße.“
Er stahl ihr lachend die Pizzaecke aus der Hand und biss hinein.
„Wenn du sie nicht magst, kann ich sie auch allein aufessen.“
Sie kicherte, rangelte mit ihm um das letzte Stück und siegte. Er ließ sie gewinnen. Sie aß für seinen Geschmack sowieso viel zu wenig bei ihrem stressigen Alltag, und seit Erics Ermordung sorgte er sich noch mehr um ihre Gesundheit als sonst schon.
Kaylin lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
„Wir sollten darüber reden.“
„Gibt es wirklich etwas zu bereden?“
Nevin legte den Arm um sie und zog sie zu sich. Seine Lippen schmiegten sich an ihre
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