Undercover
war, sein eigenes Leben zu leben.
„Das ist ein neuer Anfang, Garbo“, sagte er zu seinem Hund, der auf der Couch an seinen Füßen lag. Er spürte noch immer ihre Hand auf seinem Arm.
17
Die Schönheit des Mannes, der vor seiner Tür stand, war nicht zu leugnen: Schwarzes, gelocktes, und vom Regen nasses Haar, hell-bronzefarbener, gleichmäßiger Teint, kohlrabenschwarze, sanfte Augen, geschwungene Lippen, mu skulöser Körperbau – und nicht älter als zweiundzwanzig.
„Mister O’Connor? Manuel Alcoforado von Nice & Cool .“
Shane schüttelte ihm die kräftige Hand, war aber von dem schlaffen Druck überrascht. „Alcof orado – das ist Portugiesisch.“
„ Ich bin Brasilianer“, sagte er mit Stolz in der samtenen Stimme, „i ch studiere hier - Chemie . Ich will Lehrer werden.“
Shane nickte anerkennend und ließ seinen Besucher eintreten. Manuel blickte auf Shanes Bein.
„Unfall“, sagte Shane, um weiteren Fragen zuvorzukommen.
Er wies auf die Couch, und Manuel nahm bescheiden am Rand Platz .
„Möchten Sie etwas trinken?“
„Nein danke. “ Manuel lächelte höflich . Seine Stimme hatte etwas Unsicheres, Naives, was seltsamerweise seiner Schönheit keinen Abbruch tat, sondern eher dazu verleiten konnte, ihn beschützen zu wollen – was viele Frauen sicher liebend gerne täten, dachte Shane.
„Tja, dass meine Frau jetzt nicht da ist – na ja, unsere To chter will heiraten, und Freund e empfahlen uns Nice & Cool – und Darren Martin.“
Das Lächeln erstarb .
„Sie kannten ihn wahrscheinlich? “
Manuel blickte auf den Tisch und schwieg. E r trug ein s chwarzes, gebügeltes T-Shirt und schwarze Hosen. An den Füßen trug er schwarze Flip-Flops. Auch seine Füße waren schön, ging es Shane durch den Kopf.
„Vor einer Weile ist ein Geschäftsp artner von mir umgebracht worden“, sagte Shane ohne Einleitung . Jäh blickte Manuel auf, erwiderte aber nichts, „und ich mache mir Tag und Nacht Gedanken, warum.“
Manuel schluckte, befeuchtete die Lippen, schluckte wieder. Seine Augen flackerten. Er war ganz offensichtlich über Darrens Tod schockiert. Doch etwas schien ihm Angst zu machen.
„Und warum wurde Ihr Partner...“, brachte er dann doch heraus.
Shane hob die Schultern und ließ sie wieder fallen.
„Ich bin noch nicht dahinter gekommen. Vielleicht war er einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort?“ Das war noch nicht mal gelogen.
Der Brasilianer presste die Lippen aufeinander und nickte langsam.
„Vielleicht war Ihr Kollege auch zur falschen Zeit am falschen...“ Shane brach ab, wollte das Gespräch nicht zu sehr forcieren.
„Ja, vielleicht “, sagte Manuel endlich. Doch das war alles.
„Es ist in Brisbane passiert, nicht wahr?“
„Ja.“
Shane wartete noch ein paar Sekunden ab, doch Manuel blieb stumm, presste die Lippen aufeinander und wippte mit dem Fuß. Bevor Manuel fragen würde, ob man über die geplante Hochzeit reden könne, wollte Shane noch mehr von ihm erfahren.
„Mein Partner wurde erschossen. Wissen Sie, dass ich über mich selbst erschrocken bin, weil ich mir Gedanken mache, ob er vielleicht in Geschäfte verstrickt war, von denen ich nichts wusste?“
Shane holte Luft, er brauchte nicht mehr Theater zu spielen. Er hatte sich tatsächlich in einem Moment dabei ertappt, wie er an Jacks Integrität zweifelte. Manuel hörte ihm zu, wartete, doch Shane sprach nicht weiter. Manuel zu ckte die muskulösen Schultern, die aus seinem T-Shirt zu platzen drohten, und spielte nervös an seinen wohlgeformten Fingern.
„Kennen Sie das auch?“, fragte Shane weiter.
„Was?“ Manuel wirkte irritiert. Hörte er überhaupt richtig zu?
„Den Zweifel“, sagte Shane. „Man glaubt, einen Menschen zu kennen und muss dann feststellen, dass er eine völlig unbekannte Seite hatte.“
„Ja.“ Manuel senkte den Blick als schäme er sich für seine Antwort. Er müsste schon ein außergewöhnlich guter Schauspieler sein, wenn er seine Gefühle nur vortäuschte. Shane ließ ein paar Sekunden verstreichen, bis er sagte:
„Ich habe manchmal Tag und Nacht mit mei nem Partner zusammengearbeitet. In einem Cateringservice muss man auch ein gutes Team sein, was? Sonst geht alles schief. Ich meine, man wirft Gläser um, oder kleckert den Gästen Soße auf ihre Kleider.“ Shane lächelte und erreichte, dass Manuel auch lächelte. Zum Teufel, der Junge war schwer zu knacken.
„Und Sie, waren Sie auch ein gutes Team?“, fragte er weiter.
„Ja, ja.“
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