Undercover
Jalousie fiel die Sonne . Das an- und abschwellende Rauschen des Pazifiks drang gedämpft herein.
„Tim hatte hier eine Kanzlei und in Brisbane das Büro Artconcept“, fing er auf einmal an.
„Ja ... nebenbei handelte er ein bisschen mit Kunst.“
„ Und was hatte Darren Martin mit dem Büro Ihres Mannes zu tun?“
Sie hob die Augenbrauen. „Darren? Keine Ahnung. Hatte er denn etwas damit zu tun?“
„Die Schießerei in Brisbane fand direkt vor dem Eingang zum Büro von Artconcept statt. Das kann doch kein Zufall sein, oder?“
Sie sah ihn fragend an.
„Hatte Tim mit Drogen zu tun?“ , wollte Shane wissen.
I hr Blick ging durch ihn hindurch.
„Amphetamine. Ecstasy.“ Sie schwieg.
„Carol? Denken Sie nach! Ihr Mann ist ermordet worden. Dafür gibt es einen Grund.“
„Es war ein Einbrecher“, sagte sie tonlos.
„Ein Einbrecher, auf den Tim auf dem Sofa sitzend wartet?“ Er war laut geworden. Warum war sie so apathisch?„Carol!”
Auf einmal trank sie mit großen Schlucken ihr Glas aus und stellte es mit einer fahrigen Bewegung auf den Tisch.
„Ich muss gehen“ . Doch sie stand nicht auf, starrte irgendwohin ins Leere. Er war wütend , dass sie sich nicht auf seine Seite schlug, wütend, dass sie ihn zu benutzen versuchte.
„Carol, was soll ich jetzt meinen Kollegen wegen Ihres Alibis sagen?“
Sie sah ihn an, als erinnere sie sich eben erst wieder seiner Anwesenheit.
„Ich weiß es nicht.“ Ihr Ton war gleichgültig. „Sagen Sie, was Sie wollen.“ Sie erhob sich. Er wollte sie zur Tür bringen, doch bevor er sich auf eine Krücke stützen konnte, war sie schon gegangen. Verärgert knallte er sein Glas auf den Tisch. Zuerst wollte sie seine Hilfe, dann war ihr plötzlich alles egal !
Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. Das Meer rauschte, Autos fuhren an, Türen schlugen zu, von den Restaurants drangen Stimmen, Gelächter und Geschirrklappern herauf, Schritte über ihm hallten, eins, zwei, drei, vier und noch mehr Schritte... Schritte von vier Polizisten auf dem Weg zum Taxistand, Gelächter, in der Ferne Autogeräusche, Jack, Hawking , Evans und er – und vor Tim Wilcox Büro: Darren Martin und der Mörder. Er riss die Augen auf. Diese Bilder wollte er nicht sehen.
Ächzend vor Schmerzen und Wut griff er zum Handy auf dem Couchtisch und rief Ann an. Ann meldete sich nicht, doch er ließ es weiter läuten bis eine Frauenstimme den Namen des Krankenhauses nannte. Er fragte nach Ann Kelly und wurde mit der Station verbunden. Während er wartete und das Freizeichen niemals zu enden schien, listete er blitzschnell alle Gründe auf, weshalb Ann am Abend nicht im Krankenhaus war. Erstens: Sie war kurz nach Hause gegangen. Zweitens: Das Baby war gestorben....
„Kinder-Intensiv-Station?“, sagte eine Stimme.
Er nannte seinen Namen und seinen Wunsch, Ann Kelly zu sprechen.
„Mrs. Kelly ist nicht mehr da.“
„Warum? Was ist mit dem Baby, Jack, Jack Kelly?“
„Ich darf Ihnen keine...“
„Ich weiß schon, aber ist sie zu Hause? Was ist mit ihrem Kind?“
„Es tut mir l eid, Sir, aber ich darf Ihnen keine...“
„Hören Sie, letztes Mal haben Sie mir auch eine Auskunft gegeben! Ich bin ein Freund, ich will lediglich wissen, ob ihr Kind noch lebt und es Ann gut geht!“
„Sir, es tut mir Leid, aber wir dürfen keine Informationen an Nicht-Familienangehörige ...“
„Ach, lecken Sie mich am Arsch!“
Hastig tippte er Anns Nummer zu Hause ein. Er kannte sie auswendig, da er sie oft an Wochenenden oder frühmorgens und spät in der Nacht gewählt hatte, wenn er Jack erreichen musste, weil sie zu einem Tatort gerufen worden waren. Endlich meldete sich Ann.
„Shane, ich wage kaum, aufzuatmen, die Ärzte sa gen auch, es sei noch zu früh, aber ihm geht es viel besser!“
„Jack hatte einen verdammten Dickschädel, Ann, ich bin sicher, sein Sohn hat den geerbt. Er will bei dir bleiben, bestimmt!“
Er hörte ihr Schluchzen am Telefon. „Shane?“
„Ja?“
„Ich...“ Sie holte Luft. „Ich hab’ immer gedacht, mit dir kann man nicht reden, du bist so...“
„Ach, Ann“, sagte er und schluckte , wusste nicht, wie lang er es noch durchhalten würde .
„Danke, dass du angerufen hast.“
Er legte auf, hinkte in die Küche und goss sich ein weiteres Glas Whisky ein, kehrte zurück ins Wohnzimmer und wollte sich gerade wieder auf die Couch fallen lassen als sein Blick auf den Sessel fiel, in dem bis vor kurzem Carol gesessen hatte. Carol hatte ihre
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