Undercover
kommen?”
„Wann?“
Pause. Dann kam zurück: „Jetzt, sofort.“
35
Er drehte das Radio lauter. Wilcox! Erschossen von einem Einbrecher! Vor ihm sprang die Ampel auf Grün. Er bog zur Sunshine Plaza ein, kurvte über mehrere Parkplätze und hielt am Hintereingang des Golden Donut-Shops. Er drehte das Radio ab. Es war noch früh, die meisten Läden öffneten gerade erst. Benommen stieg er aus. War es wirklich ein Einbrecher gewesen? Einfach Zufall ?
Er machte den Kofferraum auf, hob den Karton heraus, ein Kilo schwer. Nein, ein bisschen schwerer, wegen der Tüten mit den Donut-Backmischungen, obendrauf. Der Karton sah genauso aus, wie die, die Ethan, ein lässiger, junger Typ, dem die Mädchen in Scharen hinterherliefen, gerade in den Shop geschleppt hatte. Ethan kam jetzt heraus und grinste als er ihn sah.
„Hi.“ Ethan nahm ihm den Karton ab. Sein weizen blondes Haar fiel modisch fransig in seine Stirn. Er war adrett weiß gekleidet. Links über seiner Brust prangte das eingewebte Emblem von Golden Donut. Alle Angestellten waren blond. So schrieb es die Firmenphilosphie vor. Inoffiziell. Denn niemand durfte wegen seiner Religion oder seines Geschlechts – und bestimmt nicht wegen seiner Haarfarbe benachteiligt werden. Das hatte ihm Ethan mal erzählt, und das ging ihm jedes Mal durch den Kopf, wenn er einen von Golden Donut sah.
„Ein Kilo. Schmetterlinge“, sagte er.
Ethan nickte, verschwand mit dem Karton im Laden, aus dem der Duft von frisch Gebackenem strömte - kün stlich verstärkt – und kehrte mit einer weißen Schachtel von Golden Donut zurück.
„Genau Hunderttausend.“ Ethan gab ihm lächelnd die Schachtel. „Und drei Donuts mit Vanillecreme.“
Ethan grinste über sein schmales, gut geschnittenes und gebräuntes Gesicht. Das Telefon klingelte drinnen und Ethan verabschiedete sich mit einer lässigen Handbewegung.
Er ging zum Wagen, stellte die Schachtel neben sich und fuhr los.
Die Lust auf di e Donuts, die er sonst hatte , blieb heute aus.
36
Chrissy stand in der Küche als er aus der Garage, wo er den Spaten zurückgestellt hatte, hereinkam und sah ihn mit großen leeren Augen an, die ihm Angst machten. Dunkle Ringe ließen ihre Augen noch hungriger ausse hen als sonst. Sie trug ein alt es, weißes T-Shirt von ihm. Da waren Flecken drauf, stellte er fest. Kaffeeflecken, die beim Waschen nicht rausgegangen waren. Ich sollte es einweichen, vielleicht half das... Er betrachtete Chrissy. Ihr kupferfarbenes Haar sah stumpf und ung epflegt aus. Ihre Haut glänzte fettig . Für einen Augenblick flackerte das Bild, das er von ihr im Garten ihres Hauses gesehen hatte, auf, doch als er es näher betrachten wollte, verblasste es, wie die Spiegelung in einer Scheibe verschwindet, wenn ein Sonnenstrahl darauf trifft. Jetzt sah er nur noch die Frau, die gester n mit seinem Revolver in der Hand P eng !, P eng ! gerufen und verächtlich ge lacht hatte.
Er war nicht imstande, ihr einen guten Morgen zu wünschen. Ja, er konnte noch nicht einmal lächeln, obwohl ihm das sonst leicht fiel. Sein Hals schnürte sich zu, und wenn er nicht fürchten müsste, dass sie einen unüberlegten Schritt tun könnte, hätte er sich jetzt einfach umgedreht und wäre aus dem Haus gegangen. Er öffnete den Kühlschrank.
„Erinnerst du dich an gestern Nacht?“, fragte er, als er ihr nicht mehr in die Augen blicken musste.
„He, das ist ja `ne Begrüßung, hast du keinen Kaffee?“ Ihre Stimme klang gereizt. Er nahm die Plastikflasche Milch aus dem Kühlschrank und drehte sich zu ihr um. Sie hatte sich im Schneidersitz auf einen Stuhl am Tisch gesetzt. Ihre Füße waren lang und schmal. Wortlos schaltete er den Wasserkocher an und füllte Kaffee- Instantpulver in zwei Becher. Seine Hände zitterten, und er verschüttete Pulver. Er fluchte leise.
Bevor das Wasser anfing zu brodeln, drückte er auf die Fernbedienung für den kleinen Fernseh er auf der Theke. Es war elf . In wenigen Minuten kämen die lokalen Nachrichten. Vielleicht, dachte er wieder, vielleicht ist doc h alles gar nicht wahr gewesen.
„Wir sind zu diesem verdammten Haus in Buderim gefahren“, sagte Chrissy. Nein, lass’ es nicht wahr sein, lass’ es nicht wahr sein, bete te er. „Und dann hab’ ich ihn erschossen.“
Ihm wurde übel. Das Wasser kochte, das Gerät schaltete sich aus.
„Was ist mit dem Kaffee?“, fragte sie.
Seine Hände führte n mechanisch alle notwendigen Bewegungen aus. Er übergoss das Kaffeepulver in den
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