Undercover
Jungen, mit roten Badekappen und dunkelblauen Badehosen, auf deren Rückseite Mooloolaba stand, trug ein langes Kajak den Strand hinunter. Eine zweite Mannschaft kam von der weiter weg gelegenen Treppe am Surfclub auf den Strand hinunter. Ein Team von der Strandwache in gelb-roten Tricots mit der Aufschrift ihres Sponsors DHL dirigierte über Megaphon die Mannschaften auf ihre Startpositionen. Als der Startschuss fiel, stürmten beide Man nschaften ins Wasser, sprangen in die Boote und paddelten hinaus aufs Meer. Shane erkannte in der Ferne eine Boje in den Wellen schaukeln.
„Hast du bei solchen Veranstaltungen auch mitgemacht, Shane?“
Shane brauchte sich noch nicht einmal umzudrehen , er die Stimme . „Nein“, antwortete Shane, „wir haben nicht am Meer gewohnt.“
„Wir leider auch nicht. Außerdem hatten wir kein Geld. Weder für neue Schuhe, noch für Kleider , noch für Bücher und anständig es Essen.“
„Was tust du hier?“ Shane blickte in Mick Lanskis verspiegelte Sonnenbrille.
„Dasselbe wie du, Shane. Ich erfreue mich an den glücklichen Kindern. Die Kindheit ist die schönste Zeit, heißt es doch.“ Mick grinste spöttisch.
„Nicht für alle Kinder, Mick.“
„Nein. Für dich und mich nicht , oder?“ Mick drehte sich wieder zum Strand.
Die Boote hatten fast die Boje erreicht. Es sah ganz danach aus, als würde die Mannschaft aus Mooloolaba zuerst wenden. „Trevor Harry Pierce ist tot. Er war übrigens in der Drogenabteilung der Federal Police“, sagte er, „Wieso hast du behauptet, Jack habe sich geirrt?“
Mick verzog keine Miene . „Shane, du lässt nicht locker, was? Ist das Eitelkeit? Warum kannst du nicht einsehen, dass du nur ein zusammengeschossen er Detective bist ? Warum kümmerst du dich nicht solang e du hier bist um deine Tochter?“
Shane starrte wieder in sein eigenes, auf eine winzige Größe zusammengeschrumpftes Gesicht in Lanskis Brillengläsern. E r presste die Kiefer aufeinander und sagte:
„Trevor Harry Pierce war Undercover-Polizist. Jack hat irgendjemand mit ihm verwechselt, in der Nacht vor dem Eingang von Artconcept . Das hast du doch längst gewusst, oder? “
Lanski musterte ihn durch seine Sonnenbrille. „Halte dich aus dieser Sache raus, Shane. Sie hat mit dir nichts zu tun.“
Shane lachte verächtlich. „Mit wem dann? M it dir vielleicht?“
Wenn Lanski die Frage irritiert haben sollte, so zeigte er es nicht. Er nahm die Arme von der Brüstung, warf noch einen Blick über das Wasser und sagte gleichmütig:
„Die mit den roten Kappen gewinnen. Sie waren von Anfang an besser. S chöne Weihnachten , Shane !“ Dann drehte e r sich um und ging. Zornig sah Shane ihm nach wie er hinter den Büschen des Grünstreifens verschwand.
Gedankenverloren sah Shane wieder zum Strand. Tatsächlich sprang d ie Mannschaft mit den roten Bademützen als Gewinner ans Ufer. Ihre Eltern begrüßten sie mit anerkennenden Gesten und hielten Handtücher bereit. Shanes Blick fiel auf einen gebräunten älteren Mann mit graumeliertem Ha ar: Kein Zweifel, das war Don Lanski. Er klopfte einem Jungen mit roter Badekappe auf die Schulter.
Mick war doch nicht etwa neidisch auf seinen Neffen? Shane überle gte, ob er hinuntergehen und Don ansprechen sollte, doch dann entschied er sich dagegen, kehrte dem Strand den Rücken, überquerte die Straße und ignorierte die Sch merzen. Er fuhr auf die Promenadenstraße, bog dann nach rechts und s teuerte schließlich in die fahl erleuchtete Tiefgarage des Apartmenthauses. Er steckte die Chipkarte in den Automaten und fuhr hinunter in die Parkbucht, mit der Nummer seines Apartments. Er parkte zwischen einem weißen Mercedes und einem roten Toyota. Er stellte den M otor ab, hörte, wie da s Rolltor ratternd herunterfuhr und öffnete die Autotür. Mit einem Klack schloss die Zentralverriegelung die Türen, er steckte die Autoschlüssel in die Hosentasche und ging hinüber zu der blauen Tür, auf der in gelber Schrift Exit leuchtete. Seine Schritte hallten auf dem Betonboden. Er bestieg den Aufzug, der auf ihn zu warten schien. Sanft glitt die Kabine nach oben.
Er tastete in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel und schloss das Apartment auf. Hitze und grelles Sonnenlicht überfielen ihn. Heute Morgen hatte er vergessen, die Rollos herunter zu lassen. Rasch schleuderte er die Schuhe von sich, zog die lange Hose aus, machte die Balkontür auf und ging auf den Balkon. Ein weißer Schleier hatte sich über das Blau des Himmels
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