Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
mich abgegeben worden sei. Eine Minute später hielt ich einen Luftpolsterumschlag in der Hand. Er trug meinen Namen in fetten schwarzen Buchstaben. In der linken oberen Ecke stand als Absender Lila Hoth. Ich fragte den Angestellten, wann er abgegeben worden sei. Vor über einer Stunde, sagte er.
Ich fragte: »Haben Sie gesehen, wer ihn abgegeben hat?«
»Ein ausländischer Gentleman.«
»Haben Sie ihn gekannt?«
»Nein, Sir.«
Der Luftpolsterumschlag war ungefähr fünfzehn mal zwanzig Zentimeter groß und leicht. Er enthielt aber etwas Steifes. Rund, mit ungefähr zwölf Zentimetern Durchmesser. Ich nahm ihn mit in den Teesalon und nahm wieder Springfield gegenüber Platz. Er fragte: »Von den Hoths?«
Ich nickte.
Er sagte: »Könnte voller Milzbrandsporen sein.«
»Fühlt sich mehr wie eine CD an«, sagte ich.
»Mit was?«
»Vielleicht mit afghanischer Volksmusik.«
»Hoffentlich nicht«, meinte er. »Afghanische Volksmusik kenne ich. Ausführlich und aus nächster Nähe.«
»Soll ich mit dem Öffnen noch warten?«
»Worauf?«
»Bis Sie außer Reichweite sind.«
»Das riskiere ich.«
Also riss ich den Umschlag auf und schüttelte ihn leicht. Eine einzelne Kunststoffscheibe fiel heraus und machte ein Plastikgeräusch auf dem Holztisch.
»Eine CD «, sagte ich.
»Tatsächlich eine DVD «, berichtigte mich Springfield.
Sie war selbst gebrannt. Auf einem DVD -Rohling von Memorex. In das zur Beschriftung vorgesehene Feld hatte jemand mit wischfestem Marker geschrieben: Unbedingt ansehen! Dieselbe Schrift wie auf dem Umschlag. Derselbe Stift. Vermutlich Lila Hoths Schrift und Lila Hoths Filzstift.
Ich sagte: »Ich habe keinen DVD -Player.«
»Dann sehen Sie’s sich eben nicht an.«
»Das sollte ich aber.«
»Was ist in der U-Bahn passiert?«
»Weiß ich nicht.«
» DVD s kann man auf einem Computer abspielen. Wie Leute sich im Flugzeug auf ihren Laptops Filme ansehen.«
»Ich habe keinen Computer.«
»Hotels haben welche.«
»Ich will nicht hierbleiben.«
»In der Stadt gibt’s noch andere Hotels.«
»Wo wohnen Sie?«
»Im Sheraton. Wo wir neulich waren.«
Also bezahlte Springfield die Rechnung im Teesalon mit einer Platin-Kreditkarte, und wir gingen vom Four Seasons zum Sheraton. Dies war das zweite Mal, dass ich diesen Weg zurücklegte. Er dauerte ebenso lange. Überfüllte Gehsteige und Leute, die sich in der Hitze nur träge bewegten. Es war dreizehn Uhr und ziemlich heiß. Ich hielt auf dem ganzen Weg Ausschau nach Cops, was uns nicht gerade schneller vorankommen ließ. Aber wir erreichten das Sheraton schließlich doch. Auf dem Plasmabildschirm in der Hotelhalle stand eine lange Liste von Veranstaltungen. Den Ballsaal hatte ein Wirtschaftsverband gebucht. Irgendetwas mit Kabelfernsehen. Was mich an den National Geographic Channel und den Gorilla denken ließ.
Springfield öffnete die Tür des Business Center mit seiner Schlüsselkarte. Er trat jedoch nicht mit mir ein. Er erklärte mir, er werde in der Halle warten, und entfernte sich. Drei der vier Arbeitsstationen waren besetzt. Ein Mann im dunklen Anzug, zwei Frauen in dunklen Hosenanzügen, alle mit aufgeklappten Aktenkoffern, aus denen Papiere quollen. Ich setzte mich auf den freien Platz und machte mich daran zu ergründen, wie man eine DVD auf dem Computer abspielte. In dem Tower entdeckte ich einen Schlitz, der für diesen Zweck geeignet zu sein schien. Ich schob die Scheibe hinein, wobei ich einen leichten Widerstand überwinden musste; dann surrte ein Motor, und das Gerät sog die Scheibe ein, zog sie mir aus den Fingern.
Fünf Sekunden lang passierte nichts. Nur wiederholtes Anhalten, Starten und Surren. Dann erschien auf dem Bildschirm ein großes Fenster. Es war leer, aber in der rechten unteren Ecke waren die Knöpfe eines DVD -Players dargestellt. Abspielen, Pause, schneller Vorlauf, Rücklauf, überspringen. Als ich die Maus bewegte, verwandelte der Mauszeiger sich über den Knöpfen in eine pummelige kleine Hand.
Eines der Mobiltelefone in meiner Tasche begann zu vibrieren.
63
Ich zog das Handy heraus und klappte es auf. Schaute mich in dem Raum um. Meine zeitweiligen Kollegen arbeiteten alle konzentriert. Die eine Frau hatte ein Balkendiagramm auf ihrem Bildschirm. Säulen in grellbunten Farben, manche hoch, manche niedrig. Der Mann las seine E-Mails. Die andere Frau tippte rasend schnell.
Ich hielt das Mobiltelefon ans Ohr und sagte: »Hallo.«
Lila Hoth fragte: »Haben Sie die DVD schon?«
Ich
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