Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
ausgereist gekennzeichnet. Ich warf ihre Ausdrucke in den Papierkorb und legte die dreizehn Unbekannten auf dem Bett aus, um sie besser begutachten zu können.
Alle dreizehn Gesichter sahen müde und gelangweilt aus. Inlandsflüge, Umsteigen, ein langer Transatlantikflug, Jetlag, langes Warten im Ankunftsgebäude des JFK Airport. Mürrische Blicke in die Kamera, starre Kopfhaltung, Blickrichtung leicht nach oben. Was mir bewies, dass alle ziemlich klein sein mussten. Als Vergleich zog ich Leonids Ausdruck heran. Sein Blick war ebenso müde und gelangweilt, aber er schaute gerade in die Kamera. Er war größer als die anderen Kerle. Ich kontrollierte Swetlana Hoths Ausdruck. Sie war die Kleinste von allen. Die anderen befanden sich irgendwo zwischendrin: kleine drahtige Kerle aus Mittelasien, die nur aus Knochen, Sehnen und Muskeln zu bestehen schienen, was auf Klima, Ernährung und Lebensweise zurückzuführen war. Ich betrachtete sie konzentriert und prägte mir ihre Gesichter einzeln ein, bis ich mir sicher war, dass ich sie jederzeit wiedererkennen würde.
Dann wandte ich mich erneut der Sporttasche zu.
Mindestens hoffte ich auf eine brauchbare Handfeuerwaffe, im besten Fall auf eine Maschinenpistole mit kurzem Lauf. Ich hatte Springfield von der übergroßen Jacke erzählt, die ich mir besorgen wollte, damit er wusste, dass darunter Platz für eine umgehängte, vor der Brust getragene Waffe sein würde. Ich hatte gehofft, er werde diesen Wink verstehen.
Das hatte er getan. Er hatte verstanden, was ich von ihm erwartete, und großartig reagiert.
Besser als im Mindestfall.
Sogar besser als im besten Fall.
Er hatte mir eine Maschinenpistole mit Schalldämpfer besorgt. Eine MP 5 SD von Heckler & Koch. Die schallgedämpfte Version des Klassikers MP 5. Ohne Kolben oder Schulterstütze. Nur ein Pistolengriff, ein Abzug, ein Gehäuse für ein leicht gebogenes Magazin mit dreißig Schuss, dann ein nur fünfzehn Zentimeter langer Lauf, der durch das zweilagige Schalldämpfergehäuse radikal verdickt wurde. Neun Millimeter, schnell, treffsicher, leise. Eine erstklassige Waffe. Getragen wurde sie an einem schwarzen Nylongurt, der bereits auf brauchbare Mindestlänge gekürzt war, als wollte Springfield sagen: Ich weiß, was du brauchst, Kumpel.
Ich legte die MP 5 aufs Bett.
Er hatte auch Munition mitgeliefert. Sie lag ebenfalls in der Tasche. Ein einzelnes gebogenes Magazin. Dreißig Schuss. Kurz und dick, blanke Messinghülsen, die im Licht glänzten, polierte Bleispitzen, die fast ebenso blank waren. Neun Millimeter Parabellum. Nach dem lateinischen Sprichwort Si vis pacem, para bellum. Willst du Frieden, rüste zum Krieg. Ein kluger Grundsatz. Aber dreißig Schuss waren nicht viel. Nicht gegen fünfzehn Leute. Aber es war nicht leicht, in New York Waffen oder Munition zu kaufen. Nicht für Springfield, nicht für mich.
Ich legte das Magazin neben die MP 5.
Warf nochmals einen Blick in die Tasche, um festzustellen, ob ich etwas übersehen hatte.
Munition fand ich keine mehr.
Aber es gab eine Art Bonus.
Ein Kampfmesser.
Ein Benchmade 3300. Ein maschinell hergestellter schwarzer Griff. Ein automatischer Öffnungsmechanismus. In allen fünfzig Staaten illegal, wenn man nicht aktiver Soldat oder Polizeibeamter war, was auf mich nicht zutraf. Als ich mit dem Daumen auf den Knopf drückte, schnappte die Klinge schnell und kräftig heraus. Ein zweischneidiger spitzer Dolch. Zehn Zentimeter lang. Ich bin durchaus kein Messerfetischist. Mir gefällt eigentlich keines richtig. Aber hätte ich mir eines als Nahkampfwaffe aussuchen müssen, hätte ich eine ähnliche Wahl wie Springfield getroffen. Der automatische Mechanismus, die Spitze, die zweischneidige Klinge. Beidhändig zu gebrauchen, gut zum Zustoßen, gut für ziehende und stoßende Schnitte.
Ich klappte die Klinge ein und legte das Messer neben die Heckler & Koch.
Die Sporttasche enthielt zwei weitere Gegenstände. Einen linken Handschuh aus schwarzem Leder, der mir genau passte. Und eine Rolle schwarzes Gewebeband. Ich reihte beides neben der MP , dem Magazin und dem Kampfmesser auf dem Bett auf.
Eine halbe Stunde später saß ich angezogen und mit voller Ausrüstung in einem R-Train nach Süden.
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R-Trains bestehen aus älteren Wagen, in denen es auch Sitze in Fahrtrichtung und entgegen der Fahrtrichtung gibt. Aber ich hatte eine seitliche Sitzbank für mich allein. Inzwischen war es zwei Uhr morgens. Außer mir befanden sich nur drei Fahrgäste in
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