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Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Jeder Rückzugsplan trägt den Keim des Verderbens in sich. Unweigerlich. Ein drittes, viertes oder fünftes Versteck, das vor einem Vierteljahr gekauft oder gemietet worden war, würde in den städtischen Unterlagen auftauchen. Sowohl vorsorgliche Reservierungen von Hotelzimmern als auch heute erfolgte würden auffallen. Sechshundert Agenten durchkämmten die Straßen. Ich vermutete, dass sie nichts finden würden, weil die Planer in den Bergen mit dieser Möglichkeit gerechnet hatten. Sie wussten, dass alle Spuren verfolgt werden würden, sobald die Fahnder Witterung aufnahmen. Sie wussten, dass der einzig sichere Zielort ein unbekannter Zielort ist.
    Deshalb befanden sich die Hoths jetzt auf der Flucht. Mit ihrer gesamten Crew. Zwei Frauen, dreizehn Männer. Sie hatten ihr Quartier in der 58th Street verlassen, wussten nicht recht, wohin sie sich wenden sollten, improvisierten und bemühten sich, unter dem Radar zu bleiben.
    Und genau dort lebte ich. Sie waren in meiner Welt.
    Um einen zu finden, musste man selbst einer sein.
    Ich stieg von der U-Bahn zum Herald Square hinauf, auf dem Sixth Avenue, Broadway und 34th Street zusammentreffen. Tagsüber herrscht dort Chaos. Macy’s steht dort. Nachts ist der Platz zwar nicht menschenleer, aber ruhig. Ich ging auf der Sixth Avenue nach Süden, folgte der 33rd Street nach Westen und erreichte den großen alten Kasten, in dem ich die einzige ungestörte Nacht dieser Woche verbracht hatte. Die MP 5 hing hart und schwer vor meiner Brust. Die Hoths hatten die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: auf der Straße schlafen oder einen Nachtportier bestechen. In Manhattan gibt es Hunderte von Hotels, die sich jedoch leicht in Kategorien einteilen lassen. Die meisten sind Mittelklassehotels mit viel Personal, was einen Schwindel unmöglich macht. Die meisten billigen Absteigen sind klein. Und die Hoths mussten fünfzehn Personen unterbringen. Dazu brauchten sie mindestens fünf Zimmer. Fünf unauffällige leere Zimmer erforderten ein großes Haus. Mit einem bestechlichen Nachtportier, der allein Dienst tat. Ich kenne New York ziemlich gut. Ich kann die Stadt aus Blickwinkeln beurteilen, auf die gewöhnliche Menschen nicht so ohne Weiteres kommen. Und die großen alten Hotels in Manhattan mit bestechlichen Portiers kann ich an meinen Daumen abzählen. Eines lag weit westlich in der 23rd Street. Weit vom Schuss, was ein Vorteil, aber zugleich ein Nachteil war. Insgesamt eher nachteilig als vorteilhaft.
    Zweite Wahl, schätzte ich.
    Ich stand gleich neben der einzigen anderen Option.
    Die Uhr in meinem Kopf zeigte 3.30 Uhr an. Ich blieb im Schatten stehen und wartete. Ich wollte weder zu früh noch zu spät kommen. Der Zeitpunkt sollte genau richtig sein. Links und rechts konnte ich den Verkehr auf der Sixth Avenue stadteinwärts und auf der Seventh Avenue stadtauswärts fließen sehen. Taxis, Lastwagen, ein paar Privatautos, ein paar Streifenwagen, ein paar dunkle Limousinen. In meiner Querstraße blieb es ruhig.
    Um Viertel vor drei stieß ich mich von der Mauer ab, bog um die Ecke und ging zum Hoteleingang.

73
     
    Derselbe Nachtportier hatte Dienst. Allein. Er hockte zusammengesunken auf einem Stuhl hinter dem Empfang und starrte mürrisch ins Leere. In der Hotelhalle hingen blinde alte Spiegel. Die Windjacke war vor meinem Körper ausgebeult. Ich hatte das Gefühl, den Pistolengriff der MP 5, ihr gebogenes Magazin und ihre Mündung deutlich erkennen zu können. Aber ich wusste natürlich, was ich sah. Der Nachtportier würde es hoffentlich nicht wissen.
    Ich blieb vor seiner Theke stehen und fragte: »Erinnern Sie sich an mich?«
    Er sagte weder Ja noch Nein. Antwortete nur mit einem vagen Schulterzucken, das ich als Aufforderung verstand, die Verhandlungen zu eröffnen.
    »Ich brauche kein Zimmer«, erklärte ich.
    »Was brauchen Sie also?«
    Ich zog fünf Zwanziger aus der Tasche. Hundert Bucks. Fast der Rest meines Bargelds. Ich fächerte die Scheine auf, damit er alle zweistelligen Zahlen sehen konnte, und legte sie auf seine Theke.
    Ich sagte: »Ich muss die Nummern der Zimmer wissen, in denen Sie die Leute, die gegen Mitternacht gekommen sind, untergebracht haben.«
    »Welche Leute?«
    »Zwei Frauen, dreizehn Männer.«
    »Gegen Mitternacht ist niemand gekommen.«
    »Eine der Frauen war eine echte Schönheit. Jung. Strahlend blaue Augen. Nicht leicht zu vergessen.«
    »Hier ist niemand reingekommen.«
    »Bestimmt nicht?«
    »Niemand.«
    Ich schob ihm die Scheine hin.

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