Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Street nach Westen zum Rock Park und kletterte bis fast zum Wasser hinunter. Ich hockte mich auf einen breiten flachen Stein und hörte den Bach unter und den Verkehr über mir. Mit der Zeit wurde der Verkehr lauter und das Wasser leiser. Als die Uhr in meinem Kopf fünf vor sieben anzeigte, kletterte ich wieder nach oben und machte mich auf den Weg zum Restaurant.
22
Um sieben Uhr abends wurde es in Washington dunkel, und alle Gebäude am Dupont Circle waren strahlend hell erleuchtet. In dem afghanischen Restaurant hing der ganze Vorhof voller Papierlaternen. Der Randstein war mit Limousinen zugeparkt. Die meisten Tische unter freiem Himmel waren schon besetzt. Aber nicht von Sansom und seinen Gästen. Ich sah dort nur junge Männer in Anzügen und junge Frauen in Kostümen. Sie saßen zu zweit, zu dritt oder zu viert beieinander, telefonierten mit ihren Handys, lasen E-Mails auf ihren BlackBerrys, holten Schriftstücke aus Aktenkoffern und stopften sie wieder hinein. Ich vermutete, dass sich Sansom im Lokal, hinter der massiven Holztür, auf-
hielt.
Vor dem Eingang war an einem kleinen Pult auf dem Gehsteig eine Hostess postiert, aber bevor ich sie erreichte, drängte Browning sich durch eine Gruppe von Gästen und baute sich vor mir auf. Er nickte zu einem schwarzen Town Car hinüber, das zwanzig Meter von uns entfernt parkte, und sagte: »Mitkommen.«
Ich fragte: »Wohin? Ich dachte, Sansom sei hier.«
»Denken Sie doch mal nach. Er würde nie in einem Lokal dieser Art speisen. Und wir würden ihn nicht hingehen lassen, selbst wenn er wollte. Demografisch verkehrt, zu unsicher.«
»Wozu haben Sie mich dann herbestellt?«
»Wir mussten irgendeinen Treffpunkt vereinbaren.« Browning stand da, als wäre es ihm völlig egal, ob ich mitkam oder nicht. Ich sagte: »Wo ist er also?«
»In der Nähe. Er hat eine Besprechung. Aber bevor sie beginnt, hat er fünf Minuten Zeit für Sie.«
»Okay«, sagte ich. »Fahren wir.«
In dem Town Car saß ein Chauffeur. Der Motor lief bereits. Browning und ich stiegen hinten ein. Der Mann lenkte den Wagen aus der Parklücke, umrundete den Dupont Circle fast ganz und bog dann nach Südwesten auf die New Hampshire Avenue ab. Wir passierten die Historical Society. Soweit ich mich erinnerte, kam an der New Hampshire Avenue nicht mehr viel außer einer Reihe von Hotels und dann die George Washington University.
Wir hielten bei keinem der Hotels. Auch nicht bei der George Washington University. Stattdessen fuhren wir in raschem Tempo nach rechts auf die Virginia Avenue, dann ein paar hundert Meter weiter, bevor wir ins Watergate abbogen. In den berühmten alten Komplex. Den berüchtigten Tatort. Der Fahrer hielt vor einem Bürogebäude. Browning blieb sitzen. Er sagte: »Grundsätzlich gelten folgende Regeln. Ich bringe Sie hinauf. Sie gehen allein hinein. Aber ich warte gleich vor der Tür. Alles klar?«
Ich nickte. Wir waren uns einig. An einem Schreibtisch im Foyer des Gebäudes saß ein Wachmann, der uns jedoch nicht beachtete. Wir betraten den Lift. Browning drückte den Knopf für die vierte Etage. Oben stiegen wir aus und gelangten über sechs Meter grauen Teppichboden zu einer Tür, an der Universal Research stand. Ein nichtssagender Firmenname, eine grau lackierte Holztür. Browning öffnete sie und ließ mir den Vortritt. Ich sah einen Empfangsbereich mittlerer Preisklasse. Eine nicht besetzte Empfangstheke, vier niedrige Ledersessel, links und rechts eine Tür zu inneren Büros. Browning deutete auf die linke und erklärte: »Anklopfen und reingehen. Ich warte hier auf Sie.«
Ich ging zu der linken Tür, klopfte an und trat ein.
In dem inneren Büro warteten drei Männer auf mich.
Keiner von ihnen war Sansom.
23
Das Büro war ein großer, nur spärlich möblierter Raum. Die drei Männer waren die Federal Agents, die nach New York gekommen waren, um mich auf dem 14. Polizeirevier zu vernehmen. Sie schienen über dieses Wiedersehen nicht erfreut zu sein. Anfangs sagten sie nichts, stattdessen zog ihr Boss einen kleinen silbernen Gegenstand aus der Tasche. Ein digitales Diktiergerät von Olympus. Er drückte eine Taste, dann folgte eine kurze Pause, nach der ich seine Stimme fragen hörte: »Hat sie Ihnen etwas erzählt?« Die Worte klangen verzerrt und durch Echos gestört, aber ich erkannte sie wieder. Aus der Befragung um fünf Uhr an diesem Morgen. Ich müde auf dem Stuhl, die drei Kerle hellwach vor mir stehend, der Geruch von Schweiß, Angst und
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