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Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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sondern gingen weg, und der Kerl, der mir die Ketten angelegt hatte, rief: »Drüben gibt’s Kaffee und Muffins, wann immer Sie wollen.« Womit der Ball wieder in meinem Feld lag. Es wäre nicht stilvoll gewesen, eine Stunde lang zu warten und dann hinauszuschlurfen und das Zeug wie ein hungriger Wolf zu verschlingen. Dann hätten Hunger und Durst mich öffentlich besiegt. Keineswegs stilvoll. Also ließ ich nur eine kurze Schamfrist verstreichen, bevor ich von dem Feldbett aufstand und aus der Zelle schlurfte.
    Die Holztür führte in einen weiteren Raum, der in Grundriss und Größe dem mit den Zellen glich. Gleiche Bauweise, gleiche Farbgebung. Mitten im Raum stand ein großer hölzerner Tisch. Auf der anderen Seite drei Stühle, auf denen die drei Feds saßen. Auf meiner Seite nur ein Stuhl. Leer, auf mich wartend. Auf dem Tisch war mein gesamter Tascheninhalt fein säuberlich aufgereiht. Meine Rolle Geldscheine, jetzt flach gedrückt und mit ein paar Münzen belastet. Mein alter Reisepass. Meine Bankkarte. Meine Klappzahnbürste. Die Metrocard, die ich für die Fahrt in der U-Bahn gekauft hatte. Theresa Lees Visitenkarte, die ich von ihr in dem weiß gekachelten Raum unter dem Grand Central Terminal erhalten hatte. Die gefälschte Visitenkarte, die Lila Hoths hiesige Crew mir an der Ecke Eighth Avenue und 35th Street gegeben hatte. Der USB -Stick mit seiner Abdeckkappe in schrillem Pink aus dem Radio-Shack-Laden. Dazu noch Leonids Handy. Insgesamt neun Gegenstände, die im hellen Schein der Deckenbeleuchtung recht kümmerlich aussahen.
    In die linke Seitenwand des Raums war eine weitere Tür eingelassen. Wieder massives Holz, die gleiche leicht gotische Form, der gleiche Anstrich. Ich vermutete, dass sie in einen weiteren Raum führte, den dritten einer L-förmigen Reihe. Oder den ersten von drei Räumen. Das hing davon ab, ob man sie als Gefangener oder Gefängniswärter sah. An der Wand rechts stand eine niedrige Kommode, die in ein Schlafzimmer gepasst hätte. Auf ihr befanden sich ein Stapel Papierservietten und eine Rolle Styroporbecher in Plastikumhüllung neben einer Thermosflasche aus Edelstahl und einem Pappteller mit zwei Muffins mit Heidelbeerfüllung. Ich schlurfte auf Strumpfsocken hinüber und goss mir einen Becher Kaffee ein. Das ging einfacher als erwartet, weil die Kommode so niedrig war. Meine gefesselten Hände behinderten mich nicht sehr. Ich trug den Becher mit zwei Händen zum Tisch. Setzte mich auf den leeren Stuhl. Senkte den Kopf und nahm einen Schluck aus dem Becher. Das sollte so aussehen, als gäbe ich nach. Als verbeugte oder fügte ich mich. Auch der Kaffee war ziemlich mies und nur lauwarm.
    Der Chefagent wölbte eine Hand und hielt sie so an mein Bündel Geldscheine, als wollte er danach greifen. Dann schüttelte er den Kopf, als wäre Geld ein für ihn zu banales Thema. Zu gewöhnlich. Die Hand bewegte sich weiter und hielt bei meinem Pass an.
    Er fragte: »Wieso ist er abgelaufen?«
    Ich sagte: »Weil niemand die Zeit stillstehen lassen kann.«
    »Wieso haben Sie ihn nicht verlängern lassen, meine ich.«
    »Kein unmittelbares Bedürfnis. Wie Sie kein Kondom in der Geldbörse haben.«
    Der Mann machte eine kurze Pause, dann wollte er wissen: »Wann waren Sie zuletzt im Ausland?«
    Ich sagte: »Ich hätte mich hingesetzt und mit Ihnen geredet, wissen Sie. Sie hätten mich nicht mit einem Narkosepfeil betäuben müssen, als wäre ich aus einem Zoo entkommen.«
    »Sie waren mehrmals gewarnt worden. Und Sie hatten sich als ausgesprochen unkooperativ erwiesen.«
    »Sie hätten mir ein Auge ausschießen können!«
    »Aber ich hab’s nicht getan. Kein Schaden, kein Foul.«
    »Ich habe noch immer keinen Dienstausweis gesehen. Ich weiß nicht mal, wie Sie heißen.«
    Der Typ schwieg.
    Ich sagte: »Keine Ausweise, keine Namen, keine Belehrung über meine Rechte, keine Anklage, kein Anwalt. Tapfere neue Welt, nicht wahr?«
    »Ganz recht.«
    »Na, dann viel Glück«, entgegnete ich. Ich betrachtete meinen Reisepass, als wäre mir gerade etwas eingefallen. Ich hob die Hände so weit wie möglich und beugte mich nach vorn. Als ich meinen Kaffeebecher zur Seite schob, stand er zwischen Pass und Bankkarte. Ich griff nach dem Reisepass, betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen und blätterte die letzten Seiten durch. Dann zuckte ich mit den Schultern, als hätte mein Gedächtnis mir einen Streich gespielt, und wollte den Pass zurücklegen. Aber weil die Ketten mich behinderten, passierte

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