Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
Vom Netzwerk:
herumhängen möchte, auch wenn ich nichts zu tun hätte.«

    »Das werden Sie erst erfahren, wenn Sie es einmal ausprobiert haben«, erwiderte ich lächelnd.
    »Ja, vermutlich. Aber das würde ich lieber noch ein Weilchen aufschieben.«
    Wir konnten hören, dass die Leute von der Tagesschicht eintrafen. Fish war für einen Moment abgelenkt, und ich beschloss, unbemerkt das Weite zu suchen, ehe jemand auf die Idee kam, mich irgendwelche Formulare unterschreiben zu lassen.
    Es beunruhigte mich, dass es bereits fast sechzig Jahre zuvor ähnliche Todesfälle gegeben hatte. Alle Hinweise deuteten auf ein schon seit langer Zeit immer wieder auftretendes übernatürliches Phänomen hin. Zumindest auf den ersten Blick schien Quinton mit seiner Theorie, dass Vampire dahintersteckten, recht zu haben.
    Die Vorstellung, mit Edward Kammerling ein Gespräch unter vier Augen führen zu müssen, sagte mir zwar überhaupt nicht zu, aber im Moment sah es ganz so aus, als ob mir keine andere Wahl blieb. Ich konnte es mir nicht leisten, mit den anderen Vampiren zu sprechen, ohne zuerst Edward zu konsultieren, denn das würde seinen Ärger erregen. Unsere augenblickliche Beziehung bestand darin, dass ich versuchte, ihm aus dem Weg zu gehen, während er sich immer wieder darum bemühte, mich in seinen Bannkreis zu ziehen.
    Ich nahm zwar an, dass ich zumindest eine kleine Überraschung im Ärmel hatte, die ihn bei unserer ersten Unterhaltung dazu zwingen würde, Distanz zu wahren, aber lange würde das bestimmt nicht andauern. Hoffentlich würde ich es nicht eines Tages bereuen, meinen Joker bereits jetzt eingesetzt zu haben, aber man konnte so etwas schließlich nicht für immer aufbewahren.

    Ich verließ Harborview mit gemischten Gefühlen. Die Informationen, die mir Fish geliefert hatte, und die deutliche Empfindung, dass Jenny Nin das Leichenschauhaus nicht wieder verlassen würde, zeigten mir zum einen, dass es keine akute Bedrohung gab, wiesen aber zum anderen darauf hin, dass wir es tatsächlich mit einer Art von Serie zu tun hatten. Um mehr zu erfahren, musste ich in die Höhle meines meist verhassten Löwen. Dieser Löwe stellte eine echte Bedrohung dar, da er mich schon lange als Beilage für eine seiner Mahlzeiten auserkoren hatte.
    Ich fuhr zu meinem Büro zurück und wählte dabei den Weg am Occidental Park entlang. Dort war die Polizei inzwischen damit beschäftigt, aufzuräumen und den Tatort wieder für alle zugänglich zu machen. Solis war nirgendwo zu sehen. Ich konnte mir vorstellen, dass ihn diese Todesfälle nicht gerade erfreuten. Aber vermutlich konnte er nicht viel tun, um die Akten nicht schließen zu müssen.
    Ohne das Wissen, das ich inzwischen besaß, war es logisch, von einem normalen Todesfall in Folge einer extremen Kälteeinwirkung auszugehen. Selbst wenn die Fakten ein wenig merkwürdig scheinen mochten – vor allem, wenn man an die Bisswunden dachte -, konnte man sie durch herumstreunende Hunde erklären. Die Leichen mochten zwar recht schrecklich aussehen, aber so etwas kam vermutlich nicht selten vor. Ich hatte schon lange verstanden, dass für viele eine mehr oder weniger passende Erklärung wünschenswerter erschien als die Wahrheit.
    Von meinem Büro aus rief ich Edwards Sekretärin an. Es war Samstag, und deshalb meldete sich ein Anrufdienst. Die Dame versicherte mir, dass sich Mr. Kammerling sobald wie möglich mit mir in Verbindung setzen würde.

    Meine Gedanken wanderten zu Will, und wie es der Zufall wollte, klingelte in diesem Moment mein Handy. Auf dem Display stand seine Nummer. Ich war mir zwar nicht sicher, ob ich ihn sprechen wollte, aber ich hob trotzdem ab.
    »Hallo, Will.«
    Der fehlende Schlaf und das Mitgefühl, das ich für Jenny Nin wegen ihres schrecklichen Todes empfand, schlugen mir schwer aufs Gemüt. Ich wusste nicht, was Will von mir wollte. Aber ich hatte auf keinen Fall vor, die Stille, die zwischen uns eingetreten war, mit irgendwelchen sinnlosen Plaudereien zu füllen.
    »Hallo, Harper. Ich möchte mich entschuldigen«, begann er. »Weil ich so übereilt reagiert habe und ausgeflippt bin. Ich weiß inzwischen, dass die Dinge nicht so sein können, wie sie im ersten Moment für mich aussahen.«
    Da die Dinge in Wahrheit sehr wohl so waren, wie sie ausgesehen hatten, erwiderte ich nichts.
    »Das ist alles ziemlich schwer.«
    Ich wusste, dass er von mir erwartete, ihm die Hand zu reichen. Doch ich wollte nicht. Ich stand noch immer unter Schock, in den sich inzwischen auch

Weitere Kostenlose Bücher