Underground
setzte sich gerade hin. »Was?«
Ich zwang mich dazu, nicht allzu hysterisch oder wütend zu klingen. »Ich weiß nicht, was du meinst, gesehen zu haben, und ich weiß auch nicht, welche Art von Rechtfertigung du dir zurechtgelegt hast. Aber es lässt sich nicht leugnen. Zwei Monster haben uns auf der Straße belästigt, und ich habe einem von ihnen den Garaus gemacht. Für dich sahen die beiden wie Penner aus, aber für mich waren es ein haariger Mann und ein lebender Toter. Und der Zombie musste verschwinden. Und das waren sie auch. Falls du fragen willst: Ich bin nicht verrückt. Ich sage dir nur die Wahrheit. Ich spreche mit Geistern, und ich arbeite für Monster. Das ist das große, hässliche Geheimnis, hinter das du immer kommen wolltest. Jetzt weißt du es.«
Ich lehnte mich mit meinem Kaffeebecher zurück und starrte ihn ausdruckslos an, während ich auf seine Antwort wartete.
Will sah mich ebenfalls an. Er wirkte fassungslos und war sehr blass geworden. Das Licht, das von den gelben Wänden
im Lokal abstrahlte, ließ sein silbergraues Haar seltsam butterfarben schimmern. Er sah auf einmal sehr jung, verwirrt und auf charmante Weise streberhaft aus, wie er mich so durch seine Brille musterte. Ich hatte fast das Gefühl, einem Welpen einen Fußtritt verpasst zu haben.
»Warum?«, brachte er schließlich hervor.
»Warum was?«, erwiderte ich etwas milder gestimmt. »Warum ich für solche Kreaturen arbeite? Warum ich dir das alles erst jetzt erzähle? Warum ich gelogen habe?«
»Warum bist du so?«
»Ich bin nicht so, sondern ich sage dir nur die Wahrheit – auch wenn die vielleicht nicht angenehm ist. Genau deshalb spreche ich auch so ungern über meine Fälle. Deshalb verschwinde ich immer wieder, und deshalb scheinen in meiner Umgebung immer wieder so schreckliche Dinge zu passieren. Du kannst mir glauben – es gefällt mir auch nicht, aber so ist es nun einmal. Es hat nichts Nettes oder Angenehmes an sich, sondern es ist brutal und verdammt unangenehm, und ich wünschte mir, dass ich nichts damit zu tun hätte. Aber ich kann mich nicht davon befreien. Also muss ich das Beste daraus machen und versuchen, zu verhindern, dass sich dieses Hässliche noch weiter ausbreitet. Genau das habe ich auch Donnerstagnacht getan.«
»Indem du diese … Indem du diese Kreatur zerfetzt hast?« Will fiel es nicht leicht, die Worte auszusprechen. Die Energie um ihn herum wand sich gequält und leuchtete in grellen Farben auf – in Rot, in Grün, in Orange und in einem schrillen Blau. »Indem du sie also zerfetzt hast, hast du etwas … etwas verhindert … oder besser gemacht?«
Ich hatte bereits einmal versucht, ihm mein Leben so zu präsentieren, dass er es verstand, und hatte kläglich versagt. Auch diesmal konnte ich deutlich sehen, dass es sinnlos
war. Er verstand mich nicht. Weshalb sollte ich noch viel Energie darauf verschwenden, mich zu wiederholen? »Ja«, antwortete ich also.
»Aber … Was ist pass…«
»Was glaubst du denn, was passiert ist?«, unterbrach ich ihn ungeduldig. Ich beugte mich vor und starrte ihn finster an. Am liebsten hätte ich ihm einen Schlag verpasst, um zumindest diesen pulsierenden, vielfarbigen Sturm, der seinen Körper umgab, zu bändigen. Aber das war natürlich nicht möglich.
»Du … Ich weiß nicht.« Er sackte in sich zusammen. »Ich weiß nicht, was du getan hast. Ich habe nur gesehen, dass du in ihn hineingefasst hast und er … auseinandergefallen ist. Und dann war da plötzlich Licht, und er war verschwunden.«
Ich nickte. »Ja, so war es in etwa.«
Die Farben um ihn herum verwandelten sich in ein schmutziges Olivgrün, das wie giftiger Rauch um ihn hing. Er sah auf einmal fast eingefallen aus. »Wie oft? Wie oft passiert so etwas?«
Ich wollte ihm gerade antworten, dass solche Vorfälle eigentlich nicht zu meinem Alltag gehörten, als ich zu rechnen begann. Wenn ich es mir recht überlegte, war die Anzahl der verstörenden und furchtbaren Vorfälle, mit denen ich immer wieder zu tun hatte oder die ich beobachtete, erschreckend groß. Der Zombie war im Grunde recht harmlos gewesen. Zumindest war es mir in diesem Fall gelungen, einen Geist zu befreien. Ich schwieg zu lange, und Will bemerkte, wie ich innerlich rechnete.
Er schüttelte den Kopf. »Ich … Ich kann mit so etwas nicht leben. Ich kann solche … solche Abgründe nicht ertragen. Das ist zu viel für mich.«
In mir tobte es, doch ich schaffte es, nach außen hin ruhig zu bleiben. »Eine solche Wahl
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