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Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Titel: Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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so schön draußen heute», sagt Mama. «Wollt ihr Mädchen nicht raus zum Picknick? Ich mache euch rasch ein paar Sandwiches.»
    «Geht nicht. Ich hab Hausarrest.»
    Ich bin immer noch wütend auf Mama. Ihretwegen habe ich Tucker verloren, und ich sehe immer noch nicht ein, dass es sein musste. Dieses ganze Chaos, meine Aufgabe, mein zerstörtes Liebesleben, mein gegenwärtiger Zustand tiefsten Elends, ganz zu schweigen von meiner völligen Ahnungslosigkeit, was den Ausgang dieser ganzen Sache betrifft – all das führe ich auf sie zurück. Sie hat mir von dieser göttlichen Pflicht erzählt, die ich zu erfüllen habe. Sie hatte die Idee, nach Wyoming zu ziehen. Sie hat nicht lockergelassen und mir immer wieder gesagt, dass alles schon seinen Grund hat, sie hat diese dummen Regeln aufgestellt und mich total im Dunkeln gelassen. Alles. Ihre. Schuld. Denn wenn es nicht ihre Schuld ist, dann ist es die Schuld von Gott, und auf den Allmächtigen will ich nun wirklich nicht sauer sein.
    Stirnrunzelnd sieht Angela mich an, dann dreht sie sich zu meiner Mutter um und lächelt. «Ein Picknick ist wirklich eine tolle Idee, Mrs Gardner. Wir müssen definitiv raus aus dem Haus.»

    Angela will draußen essen, einen Picknickplatz irgendwo in den Bergen finden, vielleicht am Jenny Lake, aber das würde ich nicht verkraften. Das erinnert mich zu sehr an Tucker. Allein draußen zu sein führt schon dazu, dass ich mich nach Tucker sehne. Irgendwie hatte ich mich damit abgefunden, vielleicht nie mehr das Haus zu verlassen. So gehen wir schließlich ins Garter . Auf der Bühne ist alles für das Musical Oklahoma! vorbereitet, einschließlich mehrerer Reihen künstlichen Weizens, eines kaputten Pferdewagens, einiger Bäume, Büsche und eines gelben Bauernhauses mit blauem Himmel im Hintergrund. Angela breitet in der Mitte der Bühne eine Decke aus, und wir setzen uns und essen zu Mittag.
    «Ich habe mich intensiv mit Schwarzflügeln beschäftigt», sagt sie und beißt herzhaft in einen grünen Apfel.
    «Ist das nicht gefährlich? Bei allem, was meine Mutter über die bewusste Wahrnehmung und so gesagt hat?»
    Sie zuckt mit den Schultern. «Ich glaube nicht, dass ich mir dieser Wesen bewusster bin als vorher. Ich weiß einfach nur mehr über sie.» Sie zieht ein neues Notizbuch hervor, eines von diesen schlichten schwarzweißen Büchern, bei dem die einzelnen Blätter, Vorder- und Rückseite, mit allem gefüllt sind, was sie über Engel in Erfahrung gebracht hat. Angelas Schrift ist normalerweise eng und geschwungen, aber in ihre Notizbücher schreibt sie immer hastig, sie schmiert und kritzelt, als ob sie die Worte nicht schnell genug zu Papier bringen könnte. Nun blättert sie durch das Buch. Ich denke an mein eigenes Tagebuch, das ich in der Woche, als ich die Vision zum ersten Mal erlebte, mit solch einer Leidenschaft und Hingabe begonnen hatte. Seit Monaten habe ich es jetzt schon nicht mehr angerührt. Es beschämt mich regelrecht.
    «Hier», sagt sie. «Man nennt sie Moestifere , die Sorgenvollen. Ich habe da in einer Bibliothek in Florenz ein altes Buch gefunden, in dem sie erwähnt werden. Traurige Dämonen, heißt das übersetzt.»
    «Dämonen? Aber es sollen doch Engel sein.»
    «Dämonen sind Engel», erklärt Angela. «Der Unterschied ist im Grunde ein rein akademischer. Maler stellen Engel immer wieder mit wunderschönen weißen Vogelflügeln dar, und deshalb mussten auch die gefallenen Engel Flügel haben, aber es genügte offenbar nicht, ihnen einfach schwarze Federn zu geben. Die Künstler haben Fledermausflügel daraus gemacht, und so entwickelte sich das Bild von dem Wesen mit Hörnern, Schwanz und Mistgabel, das die Leute heute haben.»
    «Aber der Typ, den wir in dem Einkaufszentrum gesehen haben, der sah doch wie ein ganz gewöhnlicher Mensch aus.»
    «Wie ich schon mal gesagt habe, glaube ich, dass sie aussehen können, wie sie wollen. Ich nehme an, wichtig ist, was für ein Gefühl sie in einem auslösen, oder? Wenn man sich zum Beispiel plötzlich die Augen aus dem Kopf heult, ist das wohl ein schlechtes Zeichen.»
    «Die Traurigkeit in meiner Vision – meine Mutter meint, das könnte ein Schwarzflügel sein.»
    Angelas Miene ist voller Mitgefühl. «Hattest du die Vision in letzter Zeit häufiger?»
    Ich nicke. Seit einer Woche habe ich die Vision einmal am Tag, jeden Tag. Sie dauert immer nur ein paar Minuten, ist im Grunde nicht viel mehr als ein kurzes Aufblitzen, nichts Greifbares. Nichts, was ich

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