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Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Titel: Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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wahrzunehmen. Es ist schlimm für mich, ihn anzusehen und das tapfere Avery-Gesicht in seinem Ausdruck zu finden. Das ist einfach nicht fair. Tucker ist genau die Art Junge, mit dem die meisten Mütter ihre Töchter nur allzu gern ausgehen lassen würden. Er ist respektvoll, höflich, ein richtiger Kavalier. Dazu kommt, dass er weder raucht noch trinkt oder irgendwelche verrückten Piercings oder Tattoos hat. Er ist Gold wert.
    Aber das alles zählt für meine Mutter nicht. Als sie den Hausarrest verhängte, hat sie mir erklärt, dass sie absolut nichts gegen meine Beziehung mit Tucker Avery hätte, wenn ich ein normales Mädchen wäre. Aber ich bin kein normales Mädchen. Ich habe eine Aufgabe. Und die hat mit Christian und nicht mit Tucker zu tun.
    «Geht es um Christian?», fragt Tucker.
    «Irgendwie schon.» Ich seufze.
    «Was ist denn mit ihm?»
    «Ich soll mich auf Christian konzentrieren. Meine Mutter denkt, dass du mich von meiner Aufgabe ablenkst. Deshalb der Hausarrest.» Er verdient eine bessere Erklärung, ich weiß, aber ich will nicht weiter darüber reden. Ich will mich nicht so fühlen, als würde ich ihn betrügen, da ich mir das alles doch gar nicht ausgesucht habe, doch genau so, nämlich betrogen, sieht er mich jetzt an.
    Eine ganze Weile sagt er kein Wort.
    «Und was meinst du?», fragt er dann.
    Ich zögere. Ich kenne keine Geschichten von Engelblutwesen, die ihre Aufgabe nicht erfüllt haben. Ich kenne sowieso kaum Geschichten über Engelblutwesen. Soweit ich weiß, verschwinden sie und sterben, wenn sie scheitern. Meine Mutter hat mir jedenfalls nie etwas anderes erzählt. So wie sie sich anhört, ist es unausweichlich: die Aufgabe, für die ich geschaffen wurde.
    «Ich weiß nicht, was ich denken soll», gebe ich zu.
    Das ist die falsche Antwort. Tucker stößt die Luft aus.
    «Hört sich ganz so an, als müssten wir uns ab jetzt mit jemand anderem treffen. Du jedenfalls.»
    «Was?»
    Er dreht sich weg.
    «Du machst mit mir Schluss?» Ich starre ihn an, Schockwellen durchlaufen mich wie ein Erdbeben. Er atmet aus, fährt sich mit den Fingern durch sein kurzgeschnittenes Haar, dann sieht er mich wieder an.
    «Ich denke schon.»
    Ich stehe auf. «Tuck, nein. Ich finde einen Weg. Ich sorge dafür, dass das irgendwie funktionieren wird.»
    «Deine Mutter weiß nichts davon, oder?»
    «Was meinst du?»
    «Sie weiß nicht, dass ich über dich Bescheid weiß. Dass ich von dieser Engelblutsache weiß und so.»
    Ich seufze und schüttele den Kopf.
    «Dir steht noch viel mehr Ärger bevor, wenn sie davon erfährt.»
    «Das ist doch egal …»
    «Nein, das ist nicht egal.» Er beginnt auf und ab zu laufen. «Ich werde nicht derjenige sein, der dir alles verdirbt, Clara. Ich werde dir und deinem Schicksal nicht im Weg stehen.»
    «Bitte. Nein.»
    «Das kommt schon wieder in Ordnung», sagt er, wohl mehr zu sich selbst als zu mir. «Vielleicht, wenn alles vorbei ist, wenn das Feuer vorbei ist und du ihn gerettet hast und so, wird alles wieder so werden, wie es war.»
    «Ja», stimme ich zu, aber mit wenig Überzeugung. Es sind nur noch ein paar Wochen, ein Monat vielleicht oder zwei Monate, dann ist die Zeit der Waldbrände vorbei, und dann wird diese ganze Christian-Sache ausgestanden sein, und ich kann zu Tucker zurück, und nichts wird mehr zwischen uns stehen. Nur, das glaube ich nicht. Das kann ich nicht glauben. Irgendwie tief in mir drin weiß ich, dass ich, wenn ich mit Christian in den Wald gehe, nie mehr den Weg zu Tucker zurückfinden werde. Dann wird es aus sein, für immer.
    Er sieht mir nicht mehr in die Augen. «Wir sind jung», sagt er. «Wir haben noch unglaublich viel Zeit, uns zu verlieben.»

    Zwei Tage bleibe ich im Bett, die Welt ist ohne Farbe, das Essen ohne Geschmack. Es klingt dumm, ich weiß. Tucker ist nur ein Junge. Leute werden verlassen; so was passiert nun mal im Leben. Es sollte leichter für mich sein, zumal ich doch weiß, dass er mich nicht freiwillig verlassen hat. Er hat versucht, das Richtige zu tun. Hat nicht Christian genau das auch gesagt, als er Kay verließ? Ich habe nur versucht, das Richtige zu tun. Ich bin nicht der, den sie braucht . Aber ich brauche Tucker. Ich vermisse ihn.
    Am Morgen des dritten Tages klingelt es an der Tür, was fast nie vorkommt, und das Erste, was mir in den Sinn kommt, ist: Das muss Tucker sein, er hat seine Meinung geändert, wir werden es doch noch gemeinsam schaffen. Meine Mutter ist einkaufen gefahren, und ich höre, wie Jeffrey

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