Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)
auffordert. In meinem rosafarbenen Kleid sieht sie wie eine Prinzessin aus. Sie nickt, und dann legen sie die Arme umeinander und drehen sich verlegen zur Musik. Das ist so süß! In einer Ecke entdecke ich auch Tucker, der mit einer Rothaarigen tanzt, die ich nicht kenne. Er sieht mich, setzt schon zum Winken an, aber dann sieht er Christian. Sein Blick schießt zwischen Christian und mir hin und her, als versuche er herauszufinden, was seit vergangenem Samstag passiert ist, als ich ihm gesagt habe, ich hätte keinen Begleiter für den Ball.
«Na schön, ihr zwei, ihr seid dran», sagt der Fotograf. Christian und ich steigen auf die Plattform, die für die Fotos aufgebaut wurde. Christian stellt sich hinter mich und legt mir leicht die Arme um die Taille, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. Ich lächle. Es blitzt.
«Komm, wir wollen tanzen», sagt Christian.
Auf einmal bin ich unendlich froh; ich folge ihm auf die Tanzfläche, die in künstlichen Nebel gehüllt und mit weißen Rosen bestreut ist. Er nimmt mich bei der Hand und wirbelt mich herum, dann fängt er mich in seinen Armen, hält dabei immer noch sanft meine Hände. Ich bin so aufgeregt, so hellwach, als hätte ich einen starken Espresso getrunken.
«Du kannst also tanzen», sage ich, als er uns geschickt durch die Menge steuert.
«Ein bisschen.» Er grinst. Ich entspanne mich und lasse mich dahin führen, wo er mich haben will, dabei gebe ich mir Mühe, auf sein Gesicht zu sehen und nicht auf unsere Füße, die sich durch den Nebel und die Rosen bewegen, und ich will auch nicht auf die Leute sehen, von denen ich spüre, dass sie uns beobachten.
Ich trete ihm auf den Fuß. Zwei Mal. Dabei habe ich mich für eine begabte Tänzerin gehalten.
Ich gebe mir alle Mühe, ihn nicht anzustarren. Irgendwie ist es immer noch ein Schock für mich, ihn von vorn zu sehen. Es erinnert mich an eine Geschichte, die meine Mutter mir mal erzählt hat, von einem Bildhauer, dessen Statue plötzlich zum Leben erwacht. So sehe ich jetzt Christian. Er ist auf eine Weise lebendig geworden, die unmöglich scheint, als hätte ich ihn nach den Skizzen erschaffen, die ich nach meiner ersten Vision gezeichnet habe.
Aber das hier ist die Wirklichkeit, rufe ich mir ins Gedächtnis. Ich bin aus einem ganz bestimmten Grund hier. Ich muss herausfinden, was uns zusammen in diesen Wald bringen wird.
«Also dein Onkel ist mit dir zum Camping gefahren, hast du gesagt? Wart ihr hier irgendwo in der Nähe?», frage ich.
Er guckt mich verdutzt an. «Äh ja, in Teton. An einer ziemlich abgelegenen, schwer zugänglichen Stelle.»
«Dann seid ihr nicht hingefahren?»
«Nein, wir sind gewandert.» Das Gesprächsthema, das ich gewählt habe, verwirrt ihn noch immer.
«Ich frage nur, weil ich diesen Sommer auch mal irgendwo campen will. Und wandern möchte ich auch. Unter den Sternen schlafen. In Kalifornien haben wir das nie gemacht.»
«Da bist du in die richtige Gegend gezogen», sagt er. «Ganze Bücher wurden geschrieben über die schönsten Plätze, an denen man hier campen kann.»
Ich überlege, ob wir wohl zusammen an einem dieser Campingplätze sein werden, wenn der Waldbrand ausbricht.
Beim letzten Refrain tanzen wir eng zusammen, dann ist das Lied aus, und wir treten ein bisschen verlegen voneinander zurück.
«Weißt du, was ich plötzlich unheimlich gern hätte?», sage ich, um das Schweigen zu brechen. «Punsch.»
Wir bahnen uns einen Weg zu dem Tisch mit den Erfrischungen und legen ein paar griechische Oliven, Kräcker und etwas Fetakäse auf winzige Plastiktellerchen. Ich nehme nur wenig, denn ich habe keine Ahnung, was das mit meinem Atem anstellen wird. Wir finden einen freien Tisch und setzen uns. Ich entdecke Angela, die tanzend mit einem großen blonden Jungen herumwirbelt, den ich ein paarmal in der Schule gesehen habe. Tyler irgendwie, den Namen hat sie mir genannt, glaube ich. Das blutrote Kleid, das ihre Mutter für sie genäht hat, sieht sensationell aus. Ihre goldfarbenen Augen hat sie mit viel Schwarz umrandet, das sich wie bei den alten Ägyptern bis zu den Augenwinkeln zieht. Wenn es bei diesem Ball um mythologische Liebespaare geht, dann ist sie definitiv eine Göttin. Allerdings die Art Göttin, die Blutopfer verlangt. Unsere Blicke begegnen sich, und sie hält schnell den Daumen nach oben, dann tanzt sie verführerisch um den Jungen herum, während er nur dasteht und sich im Rhythmus der Musik bewegt.
«Bist du mit Angela
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