Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)
Hand. Die andere Hand legt sie ihm auf die Schulter. Sie beginnen zu tanzen. Alle um mich herum tuscheln aufgeregt und beobachten die beiden, die sich so elegant zur Musik bewegen. Christian und Kay, wieder vereint.
Ich fühle mich wie in die tiefste Hölle geworfen.
«Hallo, Karotte», höre ich eine Stimme.
Ich zucke zusammen. «Jetzt nicht, Tucker. Dich kann ich im Moment nun wirklich nicht gebrauchen.»
«Tanz mit mir», sagt er.
«Nein.»
«Komm schon, du bist ja ein Bild des Jammers, wie du so dastehst und deinem Begleiter beim Tanz mit einer anderen zuguckst.»
Ich drehe mich um und funkle ihn wütend an. Aber eines muss ich ihm lassen: So herausgeputzt sieht er wirklich gut aus. Das weiße Hemd bringt seine Bräune gut zur Geltung. In dem Smoking wirken seine Schultern breit und kräftig. Sein kurzes goldbraunes Haar ist gekämmt und adrett frisiert. Seine blauen Augen glänzen unter den Lichtern. Ich rieche sogar Eau de Cologne.
«Na schön», sage ich.
Er streckt mir die Hand hin, und ich nehme sie, dann gehe ich mit ihm zum Rand der Tanzfläche und lege ihm die Arme um den Hals. Er sagt nichts, bewegt einfach die Füße von der einen Seite zur anderen und sieht mich an. Der Ärger fällt von mir ab. Tut er mir wirklich einen Gefallen? Ich gucke zur Decke hoch und suche nach dem Eimer mit Schweineblut, das gleich über mich geschüttet werden wird wie in dem Film Carrie .
«Wo ist deine Begleitung?», erkundige ich mich.
«Tja, das ist eine etwas schwierige Frage. Hängt ganz davon ab, was du meinst.»
«Mit wem bist du heute Abend gekommen?»
«Mit ihr», sagt Tucker und deutet mit dem Kopf auf die Rothaarige, die drüben beim Punschtisch steht.
«Und mit ihr», sagt er und sieht zum DJ rüber, bei dem eine mir unbekannte Brünette, eine aus einem höheren Jahrgang, vermute ich, sich gerade ein Lied wünscht.
«Und mit ihr», sagt er schließlich und zeigt auf eine Blondine, die eng mit dem Jungen tanzt, der bei der Wahl zum Ballkönig Zweiter geworden ist.
«Du bist mit drei Mädchen gekommen?»
«Die sind in meinem Rodeoteam», antwortet er, als ob das alles erklärte. «Die hatten alle drei keinen Begleiter, und da dachte ich mir, ich bin der Einzige, der Manns genug ist, es mit allen dreien aufzunehmen.»
«Du bist unglaublich.»
«Und du bist mit Christian Prescott gekommen», sagt er. «Dein Traum ist wahr geworden.»
In dem Moment erscheint er mir allerdings eher wie ein Albtraum. Über die Schulter werfe ich Christian und Kay einen Blick zu. Wie nicht anders zu erwarten, weint Kay. Sie klammert sich an Christians Schulter und schluchzt.
Tucker dreht sich um und folgt meinem Blick.
Christian beugt sich zu Kay hinunter und flüstert ihr etwas zu. Was immer es ist, es kommt nicht gut bei ihr an. Sie weint umso mehr.
«Mannomann, nicht für alles Geld der Welt möchte ich jetzt in seinen Schuhen stecken», sagt Tucker.
Ich funkele ihn an.
«Tut mir leid», sagt er. «Ich halte schon den Mund.»
Er unterdrückt ein Grinsen, und wortlos tanzen wir weiter, bis das Lied zu Ende ist.
«Danke für den Tanz», sagt er.
«Danke, dass du mich aufgefordert hast», sage ich und sehe immer noch Christian an. Jetzt hat er die Arme um Kay gelegt. Ihr Gesicht hat sie an seine Brust gedrückt. Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt machen soll. Ich stehe einfach nur da und beobachte ihn. Er entzieht sich Kay und sagt ganz sanft etwas zu ihr, dann führt er sie an einen Tisch und schiebt ihr den Stuhl hin, damit sie sich setzen kann. Er holt ihr sogar ein Glas Punsch, aber sie nimmt es nicht. Zuerst denke ich, dass sie das alles nur spielt, dass es zu ihrer Show als berechnende Schlampe gehört, aber wie sie so zusammengesunken auf dem Stuhl sitzt, muss man einfach glauben, dass sie wirklich und wahrhaftig am Boden zerstört ist.
Christian kommt zu mir rüber, er ist merklich nervös.
«Es tut mir so leid», sagt er. «Ich hatte keine Ahnung, dass das passieren würde.»
«Ich weiß», antworte ich leise. «Ist schon in Ordnung. Wo ist Kays Begleiter?»
Soll der sie doch trösten, denke ich.
«Er ist gegangen», sagt Christian.
«Er ist gegangen?», wiederhole ich ungläubig.
«Also dachte ich mir», sagt Christian, der inzwischen ganz rot im Gesicht ist, «dass ich Kay nach Hause bringen sollte.»
Ganz perplex starre ich ihn an.
«Ich komme sofort zurück und hole dich dann hier ab», fährt er schnell fort. «Ich möchte nur schnell dafür sorgen, dass sie sicher nach Hause kommt,
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