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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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Seine fehlenden Augenbrauen zieht er überrascht hoch, als er uns sieht.
    «Samyaza», sagt er und neigt den glänzenden Schädel in einer Art Verbeugung.
    «Kokabel.» Samjeeza grüßt ihn auf eine Art, wie ein König den Hofnarren zur Kenntnis nimmt.
    «Welchem Umstand verdanke ich die Ehre?»
    «Diese beiden habe ich meinem Bruder mitgebracht. Sie gehören zu den Gefallenen.»
    Christian braucht jeden Zoll seiner Selbstbeherrschung, um nicht zur Tür zu stürzen und mich mit sich zu ziehen. Ich rücke näher an ihn heran und versuche, ihm Halt zu geben. Bleib ganz ruhig , würde ich am liebsten in seinem Kopf flüstern, aber ich habe keine Ahnung, ob dieser neue Engel unsere Verbindung womöglich abhören kann.
    «Lebende Dimidius?», fragt Kokabel, aufs Neue überrascht.
    Samjeezas Augen funkeln, als er mich ansieht. «Quartarius. Aber ein zusammengehörendes Paar, und ich denke, er wird sie amüsant finden.»
    «Und wieso kommst du erst hierher? Wieso bringst du sie nicht direkt zum Herrn?»
    «Ich dachte, es könne ihm gefallen, wenn wir sie zuerst kennzeichnen lassen», erwidert Samjeeza. «Kannst du sie heute noch dazwischenschieben? Ich möchte sie Asael, wenn möglich, sehr bald schon präsentieren.»
    «Was ist schon heute?», antwortet Kokabel und grinst. Er deutet mit dem Kopf den Flur hinunter. «Bring die zwei nach hinten. Werden wir sie fixieren müssen?» Er sieht aus, als würde ihm das großen Spaß machen.
    «Nein», entgegnet Samjeeza sanft. «Ich habe sie nach allen Regeln der Kunst gebrochen. Sie dürften keinen Widerstand mehr leisten.»
    Wir folgen Kokabel einen schmalen Gang hinunter in einen kleinen Raum, der wie das Untersuchungszimmer in einer Arztpraxis aussieht. Dort kauert ein Mädchen in einem breiten Lederstuhl, und ein Mann – es ist Desmond, ich erkenne ihn wieder – steht über sie gebeugt. In der Hand hält er eine surrende Tätowiernadel. Von da aus, wo ich stehe, kann ich ihr Gesicht nicht sehen, nur ihre Hände, mit denen sie die Armlehnen umklammert.
    Sie hat dunkelgrauen Nagellack aufgetragen, aber ich nehme an, auf der Erde wäre er lila.
    Christian und ich halten beide im selben Moment den Atem an. Kokabel stößt uns weiter in den Raum hinein, als wären wir weiter nichts als Vieh, und ich wünschte, ich könnte Christians Hand halten, als Angelas Verzweiflung auf mich einströmt. Desmond tätowiert ihr etwas auf die Seite des Halses. Sie trägt ein farbloses Oberteil, beinahe im selben Ton wie ihre bleiche Haut, und dazu schmutzige, zerrissene Jeans, keine Schuhe. Ihre Fußsohlen sind schwarz. Ihr Haar ist zu einem zerwühlten Knoten am Hinterkopf festgezurrt, ihr Pony ist so lang geworden, dass er fast ihre Augen bedeckt, ein paar dünne Strähnen stehen ab wie das Stroh bei einer Vogelscheuche. Ihr gesamter rechter Arm ist mit Worten bedeckt, manche leicht lesbar, andere einander überlappend und nicht zu entziffern.
    Neidisch , lese ich auf ihrem Unterarm. Unerträglicher Besserwisser. Schlechte Freundin. Gedankenlos.
    Egoistisch , steht in ihrer Ellenbeuge.
    Schlampe , an der empfindsamen Stelle, an der der Arm in die Schulter übergeht.
    Und noch andere, konkretere Verfehlungen, wie ich habe meine Mutter belogen, ich habe meine Freunde belogen, ich habe ein Gerücht in die Welt gesetzt, ich habe die Wahrheit verschleiert , in winziger, hingekritzelter Schreibschrift überall auf dem Bizeps und in voller Länge in Großbuchstaben das Wort LÜGNERIN.
    «Setzt euch», befiehlt uns Samjeeza, und gehorsam lassen wir uns auf zwei Klappstühle an der gegenüberliegenden Wand fallen. Ich bemühe mich, den Kopf gesenkt zu halten, aber es fällt mir schwer, den Blick von Angela zu lösen.
    «Wir haben dir ein paar neue Kunden gebracht, Desmond», sagt Kokabel.
    «Ich muss das hier noch fertig machen.» Desmond schnieft, als wäre er erkältet, und wischt sich mit dem Handrücken die Nase. Er schaut zu Samjeeza hinüber, dann schnell wieder weg.
    Ich hebe meinen Blick zu Angelas Nacken, der Stelle, an der Desmond gerade eine Reihe Buchstaben hinterlässt, er spreizt die Finger, um ihre Haut zu spannen, berührt mit der Nadel die empfindsame Stelle unterhalb ihres Ohrs, wischt einen Fleck schwarzer Tinte mit einem schmutzigen Tuch weg. Die Buchstaben sind dunkel und heben sich deutlich von dem zarten Weiß ihrer Haut ab.
    Schlechte Mutter.
    «Eine schlechte Mutter also», bemerkt Samjeeza. «Wer ist denn ihr unglücklicher Nachwuchs?»
    Kokabel schüttelt den Kopf. «Penamues

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