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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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gewonnen?«
    »Es heißt, wir haben noch nicht verloren. Ich will Sie immer noch im Leitstand haben.«
    Die Mademoiselle war verschwunden, aber ihre körperlose Stimme hing immer noch seltsam dumpf in dem engen Gang.
    »Es nützt Ihnen nichts. Im Feuerleitstand gibt es kein System, das ich nicht übersteuern kann. Sie könnten nichts ausrichten.«
    »Warum geben Sie sich dann so offensichtlich Mühe, mich zurückzuhalten?«
    Die Mademoiselle antwortete nicht.
    Zwei Schotts weiter erreichten sie die Deckenluke, die zum Leitstand führte. Sie waren inzwischen in Laufschritt gefallen, und so dauerte es eine Weile, bis das Wasser nicht mehr an den schrägen Korridorseiten emporschwappte.
    Als es sich vollends beruhigt hatte, runzelte Volyova die Stirn.
    »Da stimmt etwas nicht«, sagte sie.
    »Was?«
    »Hören Sie nicht? Da ist ein Geräusch.« Sie legte den Kopf in den Nacken. »Scheint direkt aus dem Feuerleitstand zu kommen.«
    Jetzt hörte es auch Khouri. Ein schrilles metallisches Kreischen wie von einem durchdrehenden antiken Antriebsmotor.
    »Was ist das?«
    »Ich weiß es nicht.« Volyova hielt inne. »Jedenfalls hoffe ich, dass ich es nicht weiß. Gehen wir rein.«
    Volyova streckte sich und zog an der Klappe der Deckenluke, bis sie sich öffnen ließ. Eingetrockneter Schiffsschleim löste sich von den Dichtungen und regnete ihnen auf die Schultern. Die Metall-Leiter wurde ausgefahren, das Kreischen wurde lauter. Es kam eindeutig aus dem Feuerleitstand. Die helle Innenbeleuchtung war eingeschaltet, aber sie flackerte, als ob sich da oben etwas bewegte und die Lichtbahnen durchbräche. Was immer es war, es war auch noch schnell.
    »Ilia«, sagte Khouri. »Das ist mir nicht geheuer.«
    »Willkommen im Club.«
    Volyovas Armband meldete sich und sie beugte sich darüber. Im gleichen Augenblick durchlief ein gewaltiges Zittern das ganze Schiff. Die beiden Frauen wurden gegen die glitschigen Seitenwände geschleudert und fielen ins Wasser. Bevor Khouri sich aufrappeln konnte, zog ihr eine kleine Flutwelle aus zähflüssigem Schlamm die Beine weg. Sie stürzte aufs Deck. Etwas von dem Schleim geriet ihr in den Mund. Seit ihrer Militärzeit hatte sie nichts mehr gegessen, was so sehr nach Scheiße schmeckte. Volyova packte sie an den Ellbogen und zog sie hoch. Khouri würgte und spuckte den Schlamm aus, aber der abscheuliche Geschmack blieb.
    Volyovas Armband schrillte jetzt ununterbrochen.
    »Was zur Hölle…?«
    »Das Shuttle«, sagte Volyova. »Wir haben es eben verloren.«
    »Was?«
    »Ich meine, es wurde gesprengt.« Volyova hustete. Ihr Gesicht war nass. Sie musste selbst einen ordentlichen Schluck von dem Zeug erwischt haben. »Soweit ich feststellen kann, brauchte das Geschütz dazu nicht einmal bis nach draußen zu fahren. Kleinere Waffen haben ihm die Arbeit abgenommen – sie haben das Shuttle angegriffen.«
    Von oben aus dem Leitstand drangen Furcht erregende Geräusche.
    »Und da soll ich jetzt hinauf?«
    Volyova nickte. »Wir müssen Sie in den Kampfsitz kriegen, das ist im Moment unsere letzte Chance. Aber keine Sorge. Ich bin dicht hinter ihnen.«
    »Hören Sie sich das an«, meldete sich plötzlich die Mademoiselle. »Sie hat keine Hemmungen, Sie vorzuschicken, obwohl sie selbst den Mumm dazu nicht hat.«
    »Oder die Implantate«, schrie Khouri laut.
    »Wie bitte?«, fragte Volyova.
    »Nichts.« Khouri setzte den Fuß auf die unterste Leitersprosse. »Ich sage nur einer alten Freundin, sie kann mich mal.« Sie rutschte von dem schleimverklebten Metalltritt ab. Beim nächsten Versuch fand sie einigermaßen Halt und zog den zweiten Fuß nach. Nun befand sie sich mit dem Kopf in dem kleinen Schacht, der nicht mehr als zwei Meter über ihnen in den Leitstand mündete.
    »Sie kommen nicht rein«, sagte die Mademoiselle. »Ich steuere den Sitz. Sobald Sie den Kopf in den Raum stecken, haben Sie ihn verloren.«
    »Wenn das passiert, möchte ich gern Ihr Gesicht sehen.«
    »Khouri, haben Sie denn noch nicht begriffen? Der Verlust Ihres Kopfs wäre nur die Unannehmlichkeit.«
    Jetzt war sie dicht unter dem Eingang. Der kardanisch aufgehängte Sitz peitschte in wilden Bögen durch den ganzen Raum. Für derart akrobatische Kunststücke war er nicht gebaut; Khouri roch das Ozon, das die überhitzten Motoren in die Luft abgaben. »Volyova«, schrie sie über den Lärm hinweg. »Sie haben die Anlage eingerichtet. Können Sie dem Sitz von unten die Energiezufuhr abschneiden?«
    »Den Strom abstellen? Natürlich –

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