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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Todeskandidaten?
    Pascale trat zu ihm. »Erkennst du diese Frau?«, fragte sie.
    »Welche Frau?«
    »Auf dem Schirm. Vor dem du gerade stehst.«
    Sylveste sah nur ein pointillistisches Oval aus silbergrauen Pixels.
    »Ich kann mit Videobildern nicht allzu viel anfangen«, erklärte er, ebenso an Sluka wie an Pascale gewandt. »Und hören kann ich schon gar nichts. Vielleicht sagt mir einfach jemand, was mir entgeht.«
    Falkender hatte sich aus der Menge gelöst. »Ich kann einen Neuralanschluss herstellen, wenn Sie wollen«, sagte er. »Dauert nur einen Moment.« Er lotste Sylveste in eine Nische in einer Ecke des Gemeinschaftsraums, wo sie vor neugierigen Blicken geschützt waren. Pascale und Sluka folgten. Dort öffnete er seinen Instrumentenkoffer und holte mehrere blitzende Mikrowerkzeuge heraus.
    »Jetzt werden Sie mir gleich schwören, dass es überhaupt nicht wehtut«, bemerkte Sylveste.
    »Ich denke nicht daran«, gab Falkender zurück. »Schließlich sollte man doch bei der Wahrheit bleiben, nicht wahr?« Er wandte sich fingerschnippend an Pascale, vielleicht auch an einen seiner Helfer, Sylveste konnte es nicht sehen, sein Sichtfeld war jetzt zu sehr eingeschränkt. »Bringen Sie dem Mann einen Becher Kaffee, das lenkt ihn ab. Wenn er den Schirm klar erkennt, braucht er wahrscheinlich ohnehin etwas Stärkeres.«
    »So schlimm?«
    »Ich fürchte, Falkender macht keine Scherze«, sagte Sluka.
    »Meine Güte, Sie amüsieren sich ja alle ganz prächtig.« Sylveste biss sich auf die Lippe, als Falkender mit seiner Sonde die erste Schmerzkaskade auslöste, allerdings wurde der Schmerz im Verlauf der kleinen Operation nicht schlimmer. »Wollen Sie mich etwa von meinem Leiden erlösen? Immerhin war Ihnen die Sache wichtig genug, um mich zu wecken.«
    »Die Ultras haben sich gemeldet«, sagte Sluka.
    »Das hatte ich auch schon mitbekommen. Und wie haben sie sich eingeführt? Haben sie mitten in Cuvier ein Shuttle abgesetzt?«
    »Nichts so Spektakuläres. Bis jetzt. Vielleicht steht uns ja noch Schlimmeres bevor.«
    Jemand schloss seine Hände um einen Becher Kaffee; Falkender unterbrach sein Werk so lange, bis Sylveste einen Schluck getrunken hatte. Der Kaffee war nur lauwarm und schmeckte bitter, aber er wurde davon ein klein wenig wacher. Er hörte Sluka sagen: »Über den Schirm läuft eine audiovisuelle Botschaft, die inzwischen seit etwa dreißig Minuten ständig wiederholt wird.«
    »Vom Schiff gesendet?«
    »Nein, sie haben es offenbar geschafft, direkt auf unsere Kommunikationssatelliten zuzugreifen und ihre Botschaft an unsere Routine-Übertragungen anzuhängen.«
    Sylveste nickte und bereute die Bewegung sofort. »Das heißt, sie fürchten immer noch, geortet zu werden.« Oder, dachte er, sie wollen nur noch einmal kundtun, dass sie uns technisch haushoch überlegen sind und jederzeit in unsere bestehenden Datensysteme eindringen und sie manipulieren können. Das erschien ihm wahrscheinlicher: es roch nicht nur nach der Arroganz aller Ultras, sondern nach einer ganz bestimmten Crew. Warum sich auf gewöhnliche Weise zu erkennen geben, wenn man die Eingeborenen auch mit einem brennenden Dornbusch beeindrucken konnte? Aber er brauchte eigentlich keine Bestätigung mehr dafür, dass er die Leute kannte. Er wusste Bescheid, seit das Schiff ins System gekommen war.
    »Nächste Frage«, sagte er. »An wen ist die Botschaft gerichtet? Glauben sie immer noch, wir hätten hier planetare Behörden, mit denen sie verhandeln könnten?«
    »Nein«, sagte Sluka. »Die Botschaft richtet sich an alle Bürger von Resurgam, gleich welcher politischen oder kulturellen Gruppe sie sich zugehörig fühlen.«
    »Sehr demokratisch«, bemerkte Pascale.
    »Ich habe meine Zweifel«, versetzte Sylveste, »ob Demokratiebewusstsein hier irgendeine Rolle spielt. Ganz sicher nicht, wenn wir es mit den Leuten zu tun haben, die ich kenne.«
    »Was das angeht«, erinnerte ihn Sluka, »so haben Sie mir nie zu meiner vollen Zufriedenheit erklärt, warum diese Leute…«
    Sylveste unterbrach sie. »Dürfte ich mir die Botschaft vielleicht erst ansehen, bevor wir sie im Einzelnen analysieren? Immerhin scheine ich ja persönlich davon betroffen zu sein.«
    »So.« Falkender trat zurück und klappte seinen Instrumentenkoffer mit Entschiedenheit zu. »Ich sagte Ihnen ja, es dauert nur einen Moment. Jetzt können Sie sich direkt an den Schirm anschließen.« Der Chirurg lächelte. »Aber tun Sie mir einen Gefallen. Bringen Sie nicht den Boten um,

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