Unendlichkeit
weil Ihnen die Botschaft nicht gefällt!«
»Darüber werde ich entscheiden«, gab Sylveste zurück, »wenn ich die Botschaft gesehen habe.« Sie übertraf seine schlimmsten Befürchtungen.
Er drängte sich wieder nach vorne. Die Menge war nicht mehr so dicht, die Zuschauer hatten sich allmählich verlaufen und gingen in anderen Teilen von Mantell ihrer Arbeit nach. Die Stimme aus dem Lautsprecher war jetzt besser zu verstehen. Er erkannte gewisse Eigenheiten im Tonfall der Frau wieder. Die Sätze, die er vor wenigen Minuten gehört hatte, wurden bereits wiederholt. Die Botschaft konnte also nicht sehr lang sein. Schon das war bedenklich. Wer flog schon viele Lichtjahre weit durch den interstellaren Raum, um dann eine Kolonie mit mehr als lakonischer Kürze von seiner Ankunft in Kenntnis zu setzen? Nur jemand, der keinerlei Interesse hatte, Freunde zu gewinnen, oder ganz genau wusste, was er wollte. Auch das passte gut zu seinen Erfahrungen mit dieser Besatzung, die seiner Meinung nach nur gekommen war, um ihn zu holen. Die Leute waren nie sehr gesprächig gewesen.
Zuerst hörte er nur die Stimme, die flüsternd über die Jahre zu ihm drang. Dann kam das Bild – als Falkender auch die letzte Neuralverbindung geschlossen hatte – und mit ihm die Erinnerung.
»Wer ist das?«, fragte Sluka.
»Bei unserer letzten Begegnung nannte sie sich Ilia Volyova.« Sylveste zuckte die Achseln. »Ob das ihr richtiger Name war, weiß ich nicht. Ich weiß nur eines: Wenn sie eine Drohung ausspricht, dann ist sie auch in der Lage, sie auszuführen.«
»Und was ist sie? Der Captain?«
»Nein«, sagte Sylveste zerstreut. »Nein, das bestimmt nicht.«
Das Gesicht der Frau war nicht weiter bemerkenswert. Ein fast monochromatisch fahler Teint, kurzes, schwarzes Haar, ein Gesichtsschnitt zwischen Kobold und Totenschädel und schmale, tief liegende, schräge Augen, die wenig Mitgefühl verrieten. Sie hatte sich kaum verändert. Aber dafür war sie eine Ultra. Für Sylveste mochten seit der letzten Begegnung Jahrzehnte subjektiver Zeit vergangen sein, für Volyova dagegen nur ein Zehntel oder ein Zwanzigstel davon, ein paar Jahre, nicht mehr. Für sie lag die letzte Begegnung noch nicht allzu lange zurück, während sie für Sylveste in die staubigen Annalen der Geschichte gehörte. Damit war er natürlich in der schwächeren Position. Volyova hatte seine Eigenheiten – die berechenbareren Aspekte seines Verhaltens – noch frisch in Erinnerung; sie hatte dem Gegner erst vor kurzem gegenübergestanden. Sylveste hatte Mühe gehabt, ihre Stimme zu erkennen, und als er sich zu erinnern suchte, ob er sie beim letzten Mal sympathisch gefunden hatte oder nicht, ließ ihn sein Gedächtnis im Stich. Natürlich würde mit der Zeit alles wiederkommen, aber der zeitliche Vorsprung wirkte sich zweifellos zu Volyovas Gunsten aus.
Eigentlich seltsam. Er war – vielleicht unüberlegt – davon ausgegangen, dass Sajaki diese Ankündigung machen würde. Natürlich nicht der Captain selbst, sonst wären sie nicht hier. Der Captain musste wieder krank geworden sein.
Wo war Sajaki?
Er schlug sich die Frage aus dem Kopf und konzentrierte sich auf Volyovas Worte.
Nach weiteren zwei oder drei Wiederholungen hatte er die ganze Ansprache im Kopf und war fast sicher, sie wortwörtlich wieder ausspucken zu können. Sie hätte kaum knapper ausfallen können. Diese Ultras wussten, was sie wollten. Und sie wussten, was nötig war, um es zu bekommen. »Ich bin Triumvir Volyova vom Lichtschiff Sehnsucht nach Unendlichkeit.« So hatte sie sich vorgestellt. Kein Hallo; nicht einmal der übliche Dank an das Schicksal, das sie wohlbehalten durch die Weiten des Alls nach Resurgam gebracht hatte.
Sylveste wusste, dass Floskeln dieser Art nicht Volyovas Sache waren. Er hatte sie immer für eine der Stillen im Lande gehalten; zu sehr damit beschäftigt, ihr Arsenal an Schreckenswaffen in Ordnung zu halten, um sich um normale gesellschaftliche Umgangsformen zu bemühen. Mehr als einmal hatten die übrigen Besatzungsmitglieder im Scherz bemerkt – und sie scherzten selten –, Volyova zöge die Gesellschaft der Schiffsratten der ihrer menschlichen Kollegen vor.
Vielleicht war es auch gar kein Scherz gewesen.
»Ich spreche aus dem Orbit«, fuhr sie fort. »Wir wissen, auf welchem technischen Stand Sie stehen und schließen daraus, dass Sie militärisch keine Bedrohung für uns darstellen.« Sie hielt inne und schlug nun den Tonfall einer gestrengen Lehrerin an, die
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