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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Drohnen ohne Intelligenz, wenn sie dichter herangehen mussten, aber selbst diese Instrumente waren anfällig. Eine Drohne war dicht über dem Captain ausgefallen und verschwand bereits unter einem Netz aus feinsten Fasern. Obwohl die Maschine keinerlei molekulare Bauteile enthielt, schien die Seuche sie verarbeiten zu können; sie wurde von der Transformationsmatrix des Captains aufgenommen und nährte sein Fieber. Nun musste Calvin zu noch primitiveren Instrumenten greifen, aber das war nur eine Notlösung: irgendwann – und das schon bald – mussten sie mit dem einzigen Mittel gegen die Seuche vorgehen, das tatsächlich Aussicht auf Erfolg bot; mit einem Organismus, der ihr selbst sehr ähnlich war.
    Sylveste spürte dumpf, wie unter seinen eigenen Gedanken Calvins Denkprozesse arbeiteten. Man konnte es nicht Bewusstsein nennen – die Simulation, die seinen Körper steuerte, war nur eine Kopie, aber irgendwo an der Schnittstelle zu seinem eigenen Nervensystem… war etwas Neues entstanden, das auf der Chaoszone schwamm. Die Theorien und seine eigenen Erfahrungen sprachen natürlich dagegen – aber wie wäre das Gefühl der Ichspaltung sonst zu erklären? Er wagte Calvin nicht zu fragen, ob er ähnliche Empfindungen hatte, und hätte auch seiner Antwort nicht unbedingt vertraut.
    »Sohn«, sagte Calvin. »Ich wollte schon seit längerem etwas mit dir besprechen. Ich mache mir deshalb große Sorgen, aber ich wollte nicht vor unseren… hm… unseren Klienten davon anfangen.«
    Sylveste wusste, dass die Stimme nur für ihn zu hören war. Damit er ihr im Geiste antworten konnte, musste Calvin seinem Wirt vorübergehend die Kontrolle über sein Sprachzentrum zurückgeben. »Jetzt ist auch nicht der richtige Moment. Wir befinden uns mitten in einer Operation, falls dir das entgangen sein sollte.«
    »Genau um diese Operation geht es doch.«
    »Dann mach schnell.«
    »Ich glaube nicht, dass ein Erfolg vorgesehen ist.«
    Sylveste stellte fest, dass seine – von Calvin gesteuerten – Hände in der Arbeit nicht innehielten. Er war sich auch bewusst, dass Volyova neben ihm stand und auf Anweisungen wartete. »Was, zum Teufel, willst du damit sagen?«, fragte er stumm.
    »Ich halte Sajaki für einen sehr gefährlichen Mann.«
    »Großartig – mit dieser Ansicht stehst du nicht allein. Aber das hat dich bisher nicht davon abgehalten, mit ihm zu kooperieren.«
    »Anfangs war ich ihm dankbar«, gestand Calvin. »Immerhin hatte er mich gerettet. Aber dann fragte ich mich, wie sich die Dinge wohl für ihn darstellten, und allmählich keimte in mir der Verdacht, er sei nicht mehr ganz bei Verstand. Jeder normale Mensch hätte den Captain schon vor Jahren für tot erklärt. Der Sajaki, den ich beim letzten Mal kennen lernte, war fanatisch in seiner Loyalität, aber damals hatte sein Kreuzzug immerhin noch einen gewissen Sinn. Damals bestand für den Captain immerhin eine gewisse Hoffnung auf Rettung.«
    »Und jetzt nicht mehr?«
    »Er ist mit einem Virus infiziert, das mit allen Mitteln des Yellowstone-Systems nicht zu bekämpfen war. Zugegeben, das System war selbst davon befallen, aber einzelne Enklaven überlebten noch monatelang – dort suchten Menschen mit ebenso fortgeschrittenen Verfahren, wie wir sie haben, verzweifelt nach einem Gegenmittel – doch ohne Erfolg. Und damit nicht genug. Wir wissen nicht einmal, wo sie Irrwegen folgten und welche Ansätze aussichtsreich gewesen wären, wenn sie mehr Zeit gehabt hätten.«
    »Ich habe Sajaki gesagt, hier könne nur noch ein Wunder helfen. Wenn er mir nicht glaubt, ist das sein Problem.«
    »Das Problem ist eher, dass er dir glaubt. Und deshalb sage ich, ein Erfolg war nicht vorgesehen.«
    In diesem Moment fiel Sylvestes Blick, von Calvin mit Umsicht gesteuert, auf den Captain. Die direkte Konfrontation mit dem monströsen Gebilde bescherte ihm die Erleuchtung. Calvin hatte vollkommen Recht. Sie konnten die ersten rituellen Schritte zur Heilung des Captains einleiten – konnten feststellen, wie weit das Fleisch des Mannes zerstört war –, aber weiter konnten sie nicht gehen. Alle noch so intelligenten, noch so brillanten Therapieansätze waren zum Scheitern verurteilt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Erkenntnis beunruhigte Sylveste am meisten, denn sie stammte nicht von ihm selbst. Calvin hatte etwas gesehen, was für Sylveste noch im Dunkeln lag. Jetzt war es plötzlich in grelles Licht getaucht.
    »Du glaubst, er wird uns behindern?«
    »Vermutlich hat er das

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