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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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bereits die kleinen Warnschilder und technischen Hinweise auf dem Rumpf erkennen, die zumeist in ausgestorbenen Sprachen gehalten waren.
    Eine weitere Drohne kam hinter dem Shuttle hervor, ein größeres, ockergelbes Ellipsoid mit eingeklappten Manipulatoren und Sensoren.
    Sie zielte auf Volyova.
    Alles erstrahlte in einem grellen Grün, das ihr die Augen zu verbrennen drohte. Das Ding bedrohte sie mit einem Laser. Sie fluchte – der Anzug hatte rechtzeitig abgedunkelt, aber jetzt war sie so gut wie blind.
    Sie unterstellte einfach, dass er sie hören konnte. »Sonnendieb«, sagte sie. »Du machst einen schweren Fehler.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Du wirst immer besser«, lobte sie. »Bei unserem letzten Gespräch war deine Ausdrucksweise noch etwas unbeholfen. Was ist geschehen? Hast du auf die Übersetzungsprogramme für natürliche Sprachen zugegriffen?«
    »Je mehr Zeit ich mit euch verbringe, desto besser lerne ich euch kennen.«
    Ihre Sichtscheibe wurde wieder durchsichtig. »Jedenfalls gehst du geschickter vor als bei Nagorny.«
    »Ich wollte ihn nicht mit Albträumen quälen.« Sonnendiebs Stimme war immer noch ein Nichts; ein hauchendes Flüstern vor dem weißen Rauschen statischer Elektrizität.
    »Das glaube ich dir sogar.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Du willst auch mich nicht töten, richtig? Die anderen vielleicht – aber mich nicht; noch nicht. Nicht, so lange der Brückenkopf mich noch benötigen könnte.«
    »Das ist vorbei«, sagte Sonnendieb. »Sylveste hat Cerberus betreten.«
    Schlechte Nachrichten; sehr schlechte Nachrichten – auch wenn sie bei nüchterner Betrachtung seit einigen Stunden damit hatte rechnen müssen.
    »Dann muss es einen anderen Grund geben«, sagte sie. »Einen anderen Grund, warum du den Brückenkopf offen halten willst. Es geht dir sicher nicht darum, Sylveste eine Möglichkeit zur Rückkehr zu sichern. Aber wenn der Brückenkopf zusammenbräche, würdest du vielleicht nicht mehr erfahren, wie weit er vorgedrungen ist. Und das willst du doch unbedingt wissen, nicht wahr? Du willst wissen, wie weit er kommt; ob er erreicht, was du immer von ihm wolltest.«
    Sie entnahm Sonnendiebs Schweigen, dass sie nicht weit von der Wahrheit entfernt war. Vielleicht wusste das Alien noch nicht, wie man sich aus der Affäre zog, vielleicht waren Ausflüchte eine typisch menschliche Strategie, die ihm unbekannt war.
    »Überlass mir das Shuttle«, sagte sie.
    »Ein Schiff dieser Konfiguration ist zu groß. Es kann nicht ins Innere von Cerberus vordringen, auch wenn du Sylveste damit verfolgen willst.«
    Traute er ihr wirklich nicht zu, das selbst zu erkennen?
    Für einen Moment hatte sie fast Mitleid mit Sonnendieb. Er konnte einfach nicht begreifen, wie der menschliche Verstand funktionierte. Er kam nur so lange zurecht, wie er mit Angst oder mit Belohnungen arbeiten konnte; mit Ködern also, die auf Emotionen beruhten. Seine Schlussfolgerungen waren in sich durchaus logisch – er überschätzte wohl nur die Bedeutung von Emotionen bei menschlichen Entscheidungen. Er bildete sich doch tatsächlich ein, er brauche Volyova nur klar zu machen, dass ihre Mission im Grunde selbstmörderisch sei, und schon würde sie davon Abstand nehmen und bereitwillig zu ihm überlaufen. Armes, bedauernswertes Monstrum, dachte sie.
    »Ich habe ein Wort für dich«, sagte sie und ging auf die Luftschleuse zu, ohne sich von der Drohne beirren zu lassen. Und dann sprach sie das Wort aus. Die Beschwörungen, mit denen es eingeleitet werden musste, um seine Wirkung zu tun, hatte sie bereits vorweggenommen. Sie hatte nicht erwartet, das Wort in diesem Kontext jemals gebrauchen zu müssen. Aber sie hatte es schon einmal verwendet, und auch damals hatte sie nicht damit gerechnet; noch überraschender war, dass sie sich überhaupt daran erinnerte. Doch die Zeit des Berechenbaren war für Volyova endgültig vorbei.
    Das Wort hieß Palsy.
    Die Reaktion des Servomaten war interessant. Er machte keine Anstalten, sie aufzuhalten. Ungehindert erreichte sie die Luftschleuse und ging an Bord der Melancholie. Der Servomat schwebte sekundenlang untätig im Raum, dann schoss er plötzlich auf eine Wand zu. Die Verbindung zum Schiff war abgerissen, nun musste er auf sein begrenztes Reservoir an eigenständigen Verhaltensweisen zurückgreifen. Schaden hatte er nicht genommen, denn der Palsy- Befehl wirkte nur auf Schiffssysteme. Doch von denen war wohl als erstes das radio-optische Befehlsnetz zusammengebrochen, über

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