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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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befand. Das bedeutete, dass Taraschi nicht mehr als fünfhundert Meter entfernt war. Sie durfte also getrost davon ausgehen, dass er sie im Innern des Denkmals erwartete.
    Bei den letzten Zügen des Spiels war die Öffentlichkeit zugelassen. Das wusste sicher auch Taraschi, denn ein identisches Implantat – eingesetzt in einer geheimen Klinik des Baldachins – erzeugte in seinem Kopf die gleichen Impulse. Überall in Chasm City schickten in diesem Moment die verschiedenen Nachrichtensender, die sich für die Schatten interessierten, ihre Außenteams quer durch die Stadt zum Schauplatz. Ein paar Glückliche waren sicher bereits in der Nähe.
    Die Töne beschleunigten sich nur mäßig, als sie auf der Promenade unter dem Denkmal weiterging. Taraschi war wohl genau über ihr – im Innern des Denkmals so dass sich die relative Entfernung zwischen ihnen nur langsam veränderte.
    Die Promenade zeigte tiefe Risse. Sie lag gefährlich dicht am Abgrund und der Untergrund hatte sich gesenkt. Ursprünglich hatte sich darunter ein Einkaufszentrum befunden, aber das hatte der Mulch erobert. Die untersten Etagen waren überschwemmt. Aus dem karamellbraunen Wasser ragten stellenweise noch die Gehwege hervor. Das tetraederförmige Denkmal stand hoch über der Promenade und dem überfluteten Einkaufszentrum auf einer kleineren, auf die Spitze gestellten Pyramide, die tief im Felsboden verankert war. Es gab nur einen Eingang. Das bedeutete, Taraschi war schon so gut wie tot, wenn sie ihn im Innern erwischte. Doch um zum Eingang zu kommen, musste sie eine Brücke über das Einkaufszentrum überqueren, und dabei konnte er sie von innen beobachten. Welche Urgefühle mochten ihn in diesem Moment bewegen? Khouri träumte oft davon, wie sie von einem unerbittlichen Verfolger durch eine halb verlassene Stadt gejagt wurde, doch für Taraschi war dieser Albtraum Wirklichkeit. Der Verfolger in ihren Träumen brauchte sich nie zu beeilen, fiel ihr plötzlich ein. Nicht zuletzt deshalb waren sie so unheimlich. Sie rannte aus Leibeskräften, die Luft war zäh wie Gummi, und ihre Beine waren schwer wie Blei, aber der Verfolger bewegte sich mit einer Ruhe, die von unendlicher Geduld und Weisheit zeugte.
    Die Töne wurden schneller, als sie die Brücke überquerte. Der Boden war nass und rau. Manchmal verlangsamte sich das Signal und beschleunigte wieder, ein Zeichen dafür, dass Taraschi im Innern des Gebäudes umherging. An Flucht brauchte er jetzt freilich nicht mehr zu denken. Er konnte es vielleicht einrichten, dass sie auf dem Dach des Denkmals zusammentrafen, aber ein Flugzeug durfte er nicht benutzen, wollte er nicht gegen die Bedingungen des Kontrakts verstoßen. Und mit dieser Schande in die Salons des Baldachins zurückzukehren wäre schlimmer als der Tod.
    Sie betrat das Atrium im Innern der Stützpyramide. Drinnen war es dunkel, und sie wartete, bis ihre Augen sich darauf eingestellt hatten. Dann zog sie das Giftgewehr aus dem Mantel und warf einen prüfenden Blick zum Ausgang, für den Fall, dass Taraschi auf die Idee käme, sich davonzustehlen. Sie war nicht überrascht, dass er nicht da war. Das Atrium war fast leer, Plünderer hatten hier gehaust. Der Regen trommelte auf Metall. Sie blickte auf. Eine Schar rostiger, verbogener Skulpturen hing an Kupferdrähten von der Decke. Einige waren auf den Zementboden gefallen. Metallene Vogelflügel waren darin stecken geblieben. Sie waren mit weißem Staub überpudert, die Deckfedern wie mit Mörtel verklebt.
    Sie schaute nach oben.
    »Taraschi?«, rief sie. »Hören Sie mich schon? Ich komme.«
    Sie wunderte sich, dass die Leute vom Fernsehen noch nicht eingetroffen waren. So kurz vor einem Abschuss standen sie sonst unweigerlich mit Scharen von anderen Zuschauern dicht gedrängt um sie herum und kläfften wie die Bluthunde.
    Er hatte nicht geantwortet. Aber sie wusste, dass er sich irgendwo über dieser Decke befand. Sie durchquerte das Atrium und stieg rasch die Wendeltreppe hinauf, die nach oben führte. Dann sah sie sich nach Gegenständen um, die sich noch bewegen ließen, aber groß genug waren, um Taraschi den Fluchtweg zu versperren. An beschädigten Exponaten und Möbeln herrschte kein Mangel. Sie begann, vor der Treppe einen Trümmerberg aufzuschichten. Er würde Taraschi den Ausgang zwar nicht völlig versperren, aber er wäre ein Hindernis und das genügte.
    Als sie die Hälfte geschafft hatte, schwitzte sie und hatte Rückenschmerzen. Sie legte eine kurze Pause ein, um sich

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