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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Plätschern des Wassers oder das Scharren der Buntstifte und der Kreide auf dem Stein.
    Sylveste musste oft Stunden warten, bis Lascaille Notiz von ihm nahm. Und dann wandte ihm der Mann meist nur für einen Moment das Gesicht zu, um sich gleich wieder seinem Tun zu widmen. Doch in diesem Moment passierte immer das Gleiche. Die Starre löste sich, und an die Stelle der Maske trat – ganz kurz nur – ein Lächeln. Stolz lag darin, Spott oder etwas völlig anderes, etwas, das Sylveste niemals begreifen würde.
    Dann kehrte Lascaille zu seinen Kreidezeichnungen zurück. Und nichts deutete darauf hin, dass dieser Mann – als einziger Mensch – zur Oberfläche eines Schleiers geflogen und lebend zurückgekehrt war.
 
    »Jedenfalls«, sagte Volyova, nachdem sie ihren Durst gelöscht hatte, »erwarte ich nicht, dass es einfach ist, aber ich zweifle nicht daran, dass sich früher oder später ein Kandidat findet. Ich habe die Stelle mit Angabe unseres nächsten Ziels ausgeschrieben. Zur Aufgabenstellung gebe ich nur an, dass Implantate benötigt werden.«
    »Aber sie wollen nicht den Erstbesten nehmen, der des Weges kommt«, sagte Hegazi. »Oder?«
    »Natürlich nicht. Ich werde, ohne die Kandidaten davon in Kenntnis zu setzen, auf militärische Erfahrungen achten. Jemand, der beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten die Nerven verliert oder keine Disziplin halten kann, nützt mir nichts.« Nachdem die Schwierigkeiten mit Nagorny jetzt ausgestanden waren, wurde sie allmählich ruhiger. Auf der Bühne spielte ein Mädchen auf einer goldenen Teeconax Ragamusik mit endlos wiederkehrenden Motiven. Volyova war nie ein großer Musikliebhaber gewesen. Aber die mathematische Strenge dieser Weisen hatte etwas so Betörendes, dass sie ihre Abneigung vorübergehend vergaß. Sie sagte: »Ich bin sehr zuversichtlich. Wir müssen nur auf Sajaki Acht geben.«
    In diesem Augenblick wies Hegazi mit einem Nicken zur Tür hin. Helles Tageslicht fiel herein und Volyova kniff geblendet die Augen zusammen. Im Gegenlicht stand, nur in Umrissen zu erkennen, eine majestätische Gestalt in einem schwarzen, knöchellangen Umhang und mit einem Helm auf dem Kopf. Das Licht umstrahlte sie wie eine Gloriole. Ein langer, glatter Stab, mit beiden Händen gehalten, teilte ihr Profil diagonal in zwei Hälften.
    Der Komuso-Mönch trat ins Dunkel des Lokals. Der vermeintliche Kendo-Stab war nur eine Bambus-Shakuhachi, ein traditionelles Musikinstrument. Nun schob er sie mit geübter Bewegung rasch in eine Scheide unter den Falten seines Umhangs. Dann nahm er mit würdevoller Langsamkeit den Weidenhelm ab. Seine Gesichtszüge waren schwer zu erkennen. Das Haar war mit Brillantine angeklatscht und am Hinterkopf zu einem sichelförmigen Schwanz zusammengebunden. Die Augen verschwanden hinter einer glatten Meuchelmörderbrille mit matten, infrarotempfindlichen Facetten, die das getönte Licht des Raums zurückwarfen.
    Die Musik brach unvermittelt ab, das Mädchen mit der Teeconax war plötzlich wie vom Erdboden verschluckt.
    »Sie glauben, die Polizei macht eine Razzia«, flüsterte Hegazi. Es war so still geworden, dass er die Stimme nicht zu heben brauchte. »Die hiesigen Bullen schicken die Körbe los, wenn sie keine Lust haben, sich selbst die Hände schmutzig zu machen.«
    Der Komuso ließ seine Fliegenaugen durch den Raum wandern und nahm den Tisch mit Hegazi und Volyova ins Visier. Er konnte den Kopf unabhängig vom restlichen Körper bewegen wie eine Eule. Nun segelte, ja schwebte er mit wehendem Umhang auf die beiden zu. Hegazi zog lässig an seiner Zigarette und schob dabei mit dem Fuß einen freien Stuhl unter dem Tisch hervor.
    »Schön, dass Sie da sind, Sajaki.«
    Sajaki warf den Weidenhelm auf den Tisch und riss sich die Brille herunter. Dann setzte er sich auf den freien Stuhl, drehte sich um, warf gleichmütig einen Blick durch die Bar und bedeutete den übrigen Gästen mit einer Geste, sich ruhig wieder ihren Getränken zu widmen. Was sie trieben, kümmere ihn nicht. Allmählich kamen die Gespräche wieder in Gang, aber alle Anwesenden beobachteten die drei misstrauisch aus dem Augenwinkel.
    »Ich wünschte, wir hätten einen Grund zum Feiern«, sagte Sajaki.
    »Haben wir das nicht?«, fragte Hegazi und sah ihn so bestürzt an, wie es ihm seine umfangreichen Gesichtsumwandlungen gestatteten.
    »Nein, definitiv nicht.« Die Gläser waren fast leer. Sajaki untersuchte sie genau, dann nahm er Volyovas Glas und kippte den letzten Rest hinunter.

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