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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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SISS, und in Cuvier gibt es sogar noch Leute wie Janequin, die Ihren Vater kannten. Schwierig ist, was hinterher passierte – dazu haben wir kaum Unterlagen, nur das, was Sie bei Ihrer Rückkehr erzählten.«
    »Sie haben die Aufgabe sicher ganz ausgezeichnet gelöst.«
    »Sie werden ja sehen – und zwar schon bald.«
    Das Shuttle dockte an. Hinter der Schleuse warteten schon die Sicherheitsservomaten des Instituts, um seine Identität zu überprüfen.
    »Calvin wird nicht begeistert sein«, sagte Gregori, der Verwalter des Instituts. »Aber jetzt ist es vermutlich zu spät, um dich nach Hause zu schicken.«
    Die Szene hatte sich in den letzten Monaten schon zwei oder drei Mal abgespielt. Immer lehnte Gregori jede Verantwortung für die Folgen ab. Sylveste brauchte keine Begleitung mehr, er fand den Weg durch die Tunnel aus Hai-Kollagen bis dahin, wo es – das Wesen – untergebracht war, auch allein.
    »Keine Sorge, Gregori. Wenn Vater Ärger machen sollte, dann sagen Sie ihm einfach, ich hätte Ihnen befohlen, mich herumzuführen.«
    Gregori zog die Augenbrauen hoch und die auf seine Emotionen abgestimmten entoptischen Figuren brachten seine Belustigung zum Ausdruck.
    »Tust du das nicht tatsächlich, Dan?«
    »Ich wollte die Sache nur gütlich regeln.«
    »Spar dir die Mühe, mein Junge. Uns allen wäre es sehr viel lieber, wenn du dem Beispiel deines Vaters folgen würdest. Bei einem guten totalitären Regime weiß man wenigstens, woran man ist.«
    Durch die Tunnel brauchte man zwanzig Minuten von der Nabe bis hinaus zum Rand. Er kam vorbei an wissenschaftlichen Abteilungen, wo Denkerteams – aus Menschen und Maschinen – sich unermüdlich bemühten, das Rätsel der Schleier zu lüften. Obwohl das SISS alle bisher entdeckten Schleier mit Überwachungsstationen umgeben hatte, wurden die meisten Informationen im Orbit um Yellowstone gesammelt und verarbeitet. Hier stellte man komplizierte Theorien auf und versuchte, sie mit den vorhandenen Fakten, die zwar spärlich, aber nicht zu ignorieren waren, in Einklang zu bringen. Bisher hatte keine Theorie mehr als ein paar Jahre überdauert.
    Das Wesen, das Sylveste besuchen wollte, war in einem bewachten Anbau am Rand untergebracht; in Anbetracht der Tatsache, dass sich nicht feststellen ließ, ob es dieses Geschenk überhaupt zu würdigen wusste, war der Wohnraum sogar recht großzügig bemessen. Der Name des Wesens – des Mannes – war Philip Lascaille.
    Inzwischen bekam er nicht mehr viel Besuch. Zu Anfang, gleich nach seiner Rückkehr, waren die Menschen in Scharen gekommen. Aber als sich herausstellte, dass Lascaille den Forschern nichts sagen konnte, was mehr oder weniger brauchbar gewesen wäre, hatte das Interesse nachgelassen. Sylveste hatte jedoch rasch erfasst, dass es für ihn nur günstig war, wenn sich niemand mehr eingehender mit Lascaille beschäftigte. Selbst seine eigenen eher seltenen Besuche – er kam ein oder zwei Mal im Monat – gingen so weit über die Norm hinaus, dass sie zwischen den beiden – ihm selbst und dem, was aus Lascaille geworden war – so etwas wie eine Beziehung entstehen ließen.
    Zu Lascailles Anbau gehörte auch ein Garten, über dem sich ein künstlicher, tief blauer Himmel spannte. Dort wehte immer ein leichter Wind, gerade stark genug, um die Windspiele in den dichten Baumkronen am Rand erklingen zu lassen.
    Der Garten war angelegt wie ein primitives Labyrinth, mit Wegen, Felsblöcken, kleinen Hügeln, Gitterspalieren und Goldfischteichen. Deshalb brauchte Sylveste immer etwa eine Minute, bis er Lascaille gefunden hatte. Er bot fast immer den gleichen Anblick: nackt oder halb nackt, ziemlich schmutzig, die Finger verschmiert von Buntstiften und Kreide in allen Regenbogenfarben. Sylveste wusste immer, dass er fast am Ziel war, wenn er Kritzeleien auf den Steinplatten entdeckte, komplexe symmetrische Muster oder Zeichen, die aussahen, als wolle jemand die chinesische oder die Sanskrit-Schrift imitieren, ohne die Buchstaben zu kennen. Manchmal erinnerte das, was Lascaille auf den Weg malte, auch an Boolesche Algebra oder an Morsezeichen.
    Bald darauf – es war immer nur eine Frage der Zeit – bog er um eine Ecke und stand vor Lascaille, der an einer neuen Zeichnung arbeitete oder eine löschte, an der er zuvor gearbeitet hatte. Sein Gesicht war in völliger Konzentration erstarrt und jeder Muskel seines Körpers war zum Zerreißen gespannt. Es herrschte völlige Stille bis auf das Klirren des Windspiels, das leise

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