Unersaettlich - Scharfe Stories
auf dich auf, Aaron«, sagte sie und küsste ihn leicht auf die Lippen. »Ich hoffe, wir können irgendwann mal wieder zusammenarbeiten.«
»Ja«, erwiderte er. Erneut wurde sein Flug aufgerufen.
»Hey, Megan«, fragte er, »willst du mir nicht sagen, für wen der Kurzfilm war?«
»Kannst du dir das nicht denken, Aaron?«, sagte sie und wandte sich zum Gehen. »Für mich.« Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu sehen, wie ihm der Unterkiefer herunterfiel. Sie ging einfach weiter und fügte hinzu: »Ich wollte ihn zur Erinnerung an dich.«
MITZI SZERETO
Melinda
Zuerst tat es weh. Aber dann wurde es besser. Genau wie sie es ihr gesagt hatten.
Melinda wäre nie auf die Idee gekommen, jemandem zu erlauben, sie zu fesseln. Die Vorstellung, sich einer anderen Person auszuliefern – sich Leuten auszuliefern, die sie kaum kannte -, stand nicht auf der Liste von Dingen, die sie vor ihrem Tod unbedingt noch tun wollte. Aber es gab vieles, was Melinda vor dem Abend, an dem sie ohne Begleitung zur alljährlichen Weihnachtsfeier ihrer Firma gegangen war, nie in Betracht gezogen hätte.
Das Ereignis begann wie alle Weihnachtsfeiern in den Jahren zuvor. Alle waren sie in Begleitung gekommen und gaben mit ihren Partnern vor den Kollegen an, so dass Melinda sich noch stärker ausgeschlossen fühlte als sonst. Sie mochte diese Anlässe nicht, und sie bedauerte es, dass sie ihren schwulen Freund Joel nicht gebeten hatte, sie zu begleiten. Er war immer ein praktischer Ersatz für den fehlenden Partner, vor allem, da er immer wusste, wann er sich unsichtbar machen musste. Heute Abend jedoch wollte Melinda sich nicht mit einem Begleiter belasten, ob nun ein echter oder ein gespielter. Heute Abend wollte sie verfügbar sein. Sie hatte sogar ihre Kreditkarte mitgenommen,
falls sie ein Zimmer in dem schicken Hotel nehmen musste, in dem die Party stattfand. Sie sah sich schon aus dem Fenster auf die grüne, nebelverhangene Landschaft des Hyde Park blicken!
Aber dazu kam es leider nicht, und Melinda musste an diesem nassen Dezemberabend mit dem Blick aus der Hotellobby vorliebnehmen. Anscheinend wusste der Creative Director der Werbeabteilung mit seinem Samstagabend etwas Besseres anzufangen als ihn mit Kollegen zu verbringen – im Gegensatz zu Melinda: Sie hatte lediglich die Wahl zwischen der Weihnachtsparty oder einem geruhsamen Abend vor dem Fernseher mit der Katze auf dem Schoß. Ihr Sexualleben lag völlig brach.
Das hatte unter anderem auch damit zu tun, dass Melinda sich mit einem Mann aus ihrem Fitnessstudio eingelassen hatte. Rückblickend hätte sie sich ja denken können, dass jemand mit so vielen Muskeln nichts anderes im Kopf hatte, als für seine berufliche Karriere zu trainieren. Seine Zunge zwischen ihren Beinen hatte sich zwar ganz ordentlich gemacht, aber der Rest von Blake war nicht allzu fleißig gewesen.
Während sie jetzt an der Bar stand, würzigen Weihnachtspunsch aus einem Plastikbecher trank und ab und zu jemand Bekanntem zunickte, erinnerte ihre Abendtasche, in der sich die Kreditkarte befand, Melinda daran, wie blöd sie gewesen war. Während sie ihre Blicke durch die Menge schweifen ließ, auf der Suche nach dem einzigen Gesicht, das sie sehen wollte, dachte Melinda daran, wie überflüssig doch das französische Parfüm und das kleine Schwarze gewesen waren, für das sie so viel
Geld ausgegeben hatte. Ihre Enttäuschung war so groß, dass sie am liebsten gegangen wäre. Aber das änderte sich schlagartig, als sie einen jungen Mann mit dunklen Zügen erblickte, der genauso fehl am Platze wirkte wie sie.
Vielleicht lag es an dem nachdenklichen Amüsement in seinen Augen, dass er so anders wirkte als die anderen Leute in diesem Festsaal. Außerdem schien er der einzige männliche Gast zu sein, der sich nicht betrank, was seine Anwesenheit umso bemerkenswerter machte. Melinda fand ihn seltsam anziehend. Dies war kein Mann, der Aufmerksamkeit auf sich ziehen musste. Dasselbe galt für seine hellhäutige Begleiterin. Denn er stand neben der faszinierendsten Frau, die Melinda jemals gesehen hatte: eine ätherisch wirkende Blondine mit bernsteinfarbenen Katzenaugen und dazu passenden geschmeidigen Bewegungen.
Obwohl Melinda sich eigentlich zu ihrem Geschlecht nicht hingezogen fühlte, konnte sie die Augen nicht von der jungen Frau wenden, deren Haut wie Perlen schimmerte. Und ihr kaffeebrauner Begleiter faszinierte sie ebenso. Es war Melinda klar, dass die beiden ihr anmerkten, wie interessiert sie an
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