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Unerwartet (German Edition)

Unerwartet (German Edition)

Titel: Unerwartet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Hinz
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okay?“
    „Wir kommen zurecht, Engel. Kümmer dich um deinen Bruder und dann komm zurück zu uns.“
    Damit meint er nicht nur die räumliche Distanz.
     
    Ben hat Kopfhörer aufgesetzt und hört ohrenbetäubend laut Musik. Er hat einen Notizblock auf dem Schoß, auf dem er zeichnet. Erst vor einigen Wochen habe ich entdeckt, dass er darin ziemlich talentiert ist.
    Er hat mich bemerkt, auch wenn er keine Anstalten macht, die Kopfhörer abzunehmen. Ich lege eine Hand auf seine Schulter und warte darauf, dass er mir seine Aufmerksamkeit schenkt. Mit verweinten Augen sieht er zu mir auf. Er schiebt die Kopfhörer nach hinten und fährt mich sofort an.
    „Was willst du?“
    „Hören, wie es dir geht.“
    Ben stößt ein verächtliches Lachen aus.
    „Das interessant dich doch sonst auch nicht.“
    „Wie kommst du darauf?“
    Offensichtlich hat ihn mein Ausbruch aufgebracht, aber diese Reaktion hätte ich nicht erwartet.
    „Ben, ich musste mich nur mal ausheulen. Ich habe das alles immer nur in mich reingefressen und dafür habe ich heute die Quittung bekommen. Es geht mir noch nicht gut, aber es geht mir besser.“
    „Da bin ich ja froh, dass es wenigstens dir besser geht. Hast du immer noch vor, Jakob und Paul abzuschießen?“
    Wütend schmeißt er seinen Notizblock auf den Boden und springt vom Bett. Offensichtlich braucht er Abstand von mir, um weiter reden zu können.
    „Nein, will ich nicht. Ben, das wollte ich nie. Ich will den beiden nur einfach nicht all das zumuten, falls es dazu kommt.“
    „Das ist klasse, Kati. Wichtig ist, dass alles nach deiner Nase läuft. Hast du mal für zwei Sekunden daran gedacht, dass ich die beiden wirklich mag und ich so froh wäre, wenn unsere Familie nicht mehr nur aus uns beiden besteht? Denn wenn der von dir so befürchtete, aber unwahrscheinliche Fall eintritt, was ist dann mit mir? Hast du darüber wirklich nie nachgedacht?“
    Nicht in den letzten Jahren, wenn ich ehrlich bin. Aber das sage ich ihm nicht.
    „Es tut mir leid, Ben. Ich wollte dir nicht wehtun und natürlich will ich nicht, dass du alleine bist. Mir war nicht bewusst, dass dir Jakob und Paul schon so wichtig sind.“
    „Das sind sie.“
    Jetzt fängt er an zu weinen, was auch bei mir wieder die Schleusen öffnet.
    „Ich mag sie wirklich und ich wäre so enttäuscht von dir, wenn du sie gehen lässt, nur weil du glaubst, dass sie bei Problemen laufen gehen.“
    Das denke ich zwar nicht, aber ich will auch nicht, dass sie aus Mitleid bei mir bleiben.
    Genau das war von Beginn an meine größte Befürchtung, dass Ben sich an sie klammert, weil ihm so dringend eine männliche Bezugsperson fehlt. Jetzt ist es passiert und er ist nicht der Einzige, der an den beiden hängt.
    „Für einen Moment habe ich Panik bekommen, aber ich lasse sie nicht gehen. Das kann ich gar nicht.“
    „Paul und Jakob planen für die Zukunft. Wusstest du das?“
    Ben wischt sich die Tränen mit dem Ärmel weg und setzt sich wieder aufs Bett.
    „Nein, das wusste ich nicht.“ Es überrascht mich aber auch nicht.
    „Ich habe sie gestern gehört, als du im Bett warst. Sie wollen einen Weg finden, mit uns zusammenzuleben. Sie haben auch schon darüber nachgedacht, wie ihr euch aneinander binden könnt, ohne zu heiraten. Weil ihr ja nicht alle drei heiraten könnt. Jakob hat sogar davon gesprochen, mich zu adoptieren. Und das, obwohl ihr erst drei Monate zusammen seid. Kati, sie haben dieses Gespräch geführt, obwohl sie das Ergebnis der Biopsie noch nicht kannten. Mehr Bestätigungen, dass sie alles für dich tun würden, bekommst du nicht.“
     
    Auch wenn Ben so ein gigantischer Dreizehnjähriger ist, sollte er nicht so erwachsen sein. Seine Worte verfolgen mich noch, als ich wieder zu meinen Männern ins Wohnzimmer gehe. Sie sitzen immer noch nah beieinander auf der Couch und trinken gemeinsam aus einem Whiskeyglas.
    „Alles geklärt?“, fragt Jakob. Er gibt das Glas an Paul weiter und steht auf. Langsam kommt er auf mich zu und bleibt abwartend vor mir stehen.
    „Ich hoffe es.“
    Jakob seufzt erleichtert, als ich meine Arme um ihn lege. Nach einem Moment gibt er mich schon wieder frei und schiebt mich zu Paul, der mich in eine feste Umarmung zieht.
    „Es tut mir leid, dass ich so ausgeflippt bin. Ich liebe euch und ich will euch nicht loswerden.“
    „Wir verstehen das, Engel. Es war alles etwas viel. Aber warum redest du nicht mit uns?“
    Jakob setzt sich neben uns und legt seine flache Hand auf meinen Rücken,

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