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Ungeduld des Herzens.

Ungeduld des Herzens.

Titel: Ungeduld des Herzens. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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heran. Wohl ist mir nicht dabei, ich habe nicht die mindeste Lust auf Lustigkeit oder Schwätzerei. Und dann – ich spür irgendeine Spannung in der Luft. Sonst winkt doch einer mit der Hand oder schmeißt einem sein »Servus« wie einen blechernen Ball durch das halbe Lokal entgegen; heut sitzen sie alle stur wie ertappte Schuljungen. In meiner blödsinnigen Befangenheit sage ich, während ich einen Sessel heranrücke:
    »Ihr erlaubt's doch?«
    Der Jozsi sieht mich merkwürdig an. »No, was sagt's ihr?« nickt er zu den andern hinüber, »ob wir erlauben? Habt's schon einmal solche Zeremonien erlebt? Ja, ja, der Hofmiller hat's halt heut schon einmal mit die Zeremonien!«
    Das muß irgendein Witz gewesen sein von dem boshaften Kerl, denn die andern schmunzeln oder verstecken ein dreckiges Lachen. Ja, irgend etwas ist los. Sonst, wenn einer von uns nach Mitternacht anrückt, fragen sie umständlich nach dem Woher und Warum und spicken ihren Spaß mit kräftigen Vermutungen. Heut wendet sich keiner mir zu, alle tun sie irgendwie geniert. Ich muß in ihre behäbige Sumpferei hereingeschlagen haben wie ein Stein ins Wasser. Endlich lehnt sich der Jozsi zurück, kneift das linke Lid halb zu wie bei einem Scharfschuß, dann fragt er:
    »Nun – darf man schon gratulieren?«
    »Gratulieren – wozu?« Ich bin so verblüfft, daß ich wirklich im ersten Augenblick nicht weiß, was er meint.
    »No, der Apotheker – grad ist er weg'gangen – der hat was derzählt, der Diener hätt ihm von draußen telephoniert, du hättst dich mit dem ... mit dem ... na – sagen wir: mit der jungen Dame da draußen verlobt.«
    Alle sehen mich jetzt an. Zwei, vier, sechs, acht, zehn, zwölf Augen starren auf meinen Mund; ich weiß, wenn ich's zugebe, bricht im nächsten Moment das große Hallo los, Witze, Hohn, Spott und ironisches Gratulieren. Nein, ich kann's nicht zugeben. Unmöglich, vor diesen Übermütigen, vor diesen Spöttern!
    »Unsinn«, knurre ich, um mir herauszuhelfen. Aber diese ausweichende Abwehr ist ihnen nicht genug; der gute Ferencz, ehrlich neugierig, schlägt mir auf die Schulter.
    »Sag, Toni, ich hab doch recht – es ist net wahr?«
    Er hat es gut gemeint, der brave, treue Bursch, aber er hätte mir das »Nein« nicht so leicht machen sollen. Ein grenzenloser Ekel ergreift mich vor dieser burschikosen, spottlustigen Neugier. Ich spüre, wie absurd es wäre, hier am Kaffeehaustisch erklären zu wollen, was ich mir iminnersten Herzen selbst nicht klarmachen kann. Ohne recht zu bedenken, wehre ich ärgerlich ab:
    »Keine Spur.«
    Einen Augenblick herrscht Schweigen. Sie blicken einander überrascht und, ich glaube, ein bißchen enttäuscht an. Offenbar habe ich ihnen einen Spaß verdorben. Aber ganz stolz stemmt Ferencz die Ellbogen auf den Tisch und brüllt triumphierend:
    »Na! Hab ich's nicht gleich g'sagt? Ich kenn den Hofmiller wie meine Hosentaschen! Gleich hab ich's g'sagt, eine Lüg ist's, eine dreckige Lüg von dem Apotheker. Na, dem werd ich morgen was pfeifen, dem blöden Salbenreiber, der soll andere anschmieren als unsereins! Den stell ich mir gleich, und ein paar saftige Ohrfeigen kann er dazu kriegen. Was erlaubt sich der? Mir nix dir nix einen anständigen Menschen in Verschiß bringen! Mit seinem losen Maul so eine Lumperei von unsereinem herumzuschwätzen! Aber seht's – ich hab's gleich g'sagt so was tut der Hofmiller nicht! Der verkauft seine graden Beiner nicht und für keinen Schippel Geld!«
    Er wendet sich mir zu und patscht mir gut und treu mit seiner schweren Hand auf die Schulter.
    »Wirklich, Toni, ich bin saufroh, daß das net wahr is'. War ja eine Schand g'wesen für dich und für uns alle, eine Schand für's ganze Regiment.«
    »Und was für eine«, setzt jetzt Graf Steinhübel ein. »Grad die Tochter von dem alten Wucherer, der seinerzeit dem Uli Neuendorff den Kragen gebrochen hat mit seine Wechselg'schichten. Skandal genug, daß solche Leut sich ansacken dürfen und Schlösser kaufen und den Adel dazu. Das möcht ihnen noch passen, sich für's gnädige Fräulein Tochter einen von uns aufzuzwicken! So ein Schubiak! Der weiß, warum er mir ausbiegt, wenn er mich auf der Straße trifft.«
    Mit dem wachsenden Tumult erregt Ferencz sichimmer mehr. »Dieser Lumpenhund von einem Apotheker – meiner Seel, ich hätt Lust, ihn mit der Nachtglocken aus seiner Buden zu läuten und ihm ein paar Ausgiebige um die Ohren zu knallen. So eine Unverschämtheit! Nur weil du ein paar Mal hinausgegangen

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